Aus der Hochschule

Neues über Grenzflächenprozesse

Interdisziplinäre Tagung in Marburg

Über 100 Jungwissenschaftler nahmen vom 27. bis 29. August an der Tagung „Engineering of Functional Interfaces” (EnFI) in Marburg teil, die nun schon eine zehnjährige Tradition hat. Sie erforschen Grenzflächenprozesse mit ihren Anwendungen in Medizin, Pharmazie, Molekularbiologie, Bio- und Chemosensorik, Katalysechemie und Ingenieurwissenschaften.

Jeweils ein Experte eröffnete mit einem Vortrag die fünf Themenblöcke „Soft and Inorganic Thin Films“, „Nano Particles“, „Bio Hybrid Materials“, „Sensor Devices and Catalysis“ und „Medical Engineering and Sensing“. Anschließend stellten Jungwissenschaftler ihre Arbeiten mittels eines Kurzvortrags in Kombination mit einem Poster vor, wobei reichlich Zeit für die Diskussion blieb. Es ging nicht darum, „hochglanzpolierte“ Ergeb­nisse, sondern „Real-Laboratory“-Zwischenergebnisse mit all ihren Problemen vorzustellen, um sie zu diskutieren und mit neuen Ideen anzugehen.

Nanopartikel auf Grenzflächen

Für Pharmazeuten besonders interessant war die Session „Nano Particles“, die Prof. Cornelia Keck aus Marburg eröffnete. Sie schilderte eindrucksvoll, wie Nanopartikel die Bioverfügbarkeit verbessern oder neue Effekte hervorrufen, die für die entsprechenden ­Makropartikel bisher nicht bekannt waren. Es folgten Beiträge zu den Themenbereichen kontrollierte Wirkstofffreisetzung, diagnostische Systeme und Implantate.

Mit Nano-Diamanten beschichtete Polymer- oder Metall-Implantate haben eine ausgezeichnete Oberflächenhärte, können aber auch leichter von Osteoblasten besiedelt werden als herkömmliche Materialien. Ebenfalls vielfältig beforscht werden Goldnanopar­tikel für diagnostische Zwecke. Hier werden physikalische Phänomene wie die Oberflächen-Plasmonen-Resonanz (SPR) oder Farbänderungen genutzt. Gold-Nanopartikel sind typischer­weise rubinrot (z. B. Rubinglas), färben sich aber bei Bindungsereignissen blau. Da für derartige Assays nahezu keine Laborausrüstung benötigt wird, sind sie auch für Entwicklungsländer und Krisenregionen geeignet.

Nanostrukturierte Oberflächen

Prof. Patrick Elter aus Gießen eröffnete mit seinem Vortrag über nanostruk­turierte Oberflächen die Session „Bio Hybrid Materials“. Seit Längerem ist bekannt, dass die Struktur einer Oberfläche deren Besiedelung mit Bakterien oder menschlichen Zellen verhindern oder unterstützen kann, was ganz von den Anwendungen abhängt. Auch für die Entwicklung von Biosensoren sind diese Erkenntnisse wichtig. So können Zellen, die ein aktiver Bestandteil eines Sensors sind, durch Nanostruk­turierung funktionsfähig an die Oberfläche gebunden werden. Eine Nano­strukturierung kann aber auch dazu führen, dass ein implantierter Sensor nicht ins Gewebe einwächst.

Anleitung zur Publikation

Viele Präsentationen waren von hoher Qualität. Die Jungwissenschaftler erhielten auch eine Anleitung, wie sie ihre Beiträge in der Zeitschrift „Physica Status Solidi“ nach professioneller Begutachtung publizieren können.

Abschied vom Ketzerbach 63

Eingebettet war die Tagung in ein kleines Rahmenprogramm. Am 28. August fand ein Dinner bei Harfenklängen (Irische Metallsaitenharfe, gespielt von Jochen Vogel) im alten Institut der Pharmazeutischen Technologie statt (Ketzerbach 63). Leider muss die Pharmazie in Marburg dieses 150 Jahre alte, denkmalgeschützte Gebäude aufgeben, denn es entspricht nicht mehr den aktuellen Anforderungen und erhält nach der Renovierung einen neuen Bestimmungszweck. Damit war diese Feier auch ein würdiger Abschied von dem lieb gewonnenen Institutsgebäude.

Die Organisatoren möchten sich ganz herzlich bei den Firmen Merck KGaA, Darmstadt, und CSL Behring, Marburg, für deren großzügige Unterstützung bedanken. Weitere Informationen: www.pharmazie.uni-marburg.de/enfi-2017. |

Prof. Dr. Michael Keusgen/cae

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