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Beratung
Für einen Sommer ohne Stiche
Mückenschutz daheim und in den Tropen
Repellents (lat. repellere = abweisen, zurücktreiben) sind Zubereitungen, die auf die Haut aufgetragen werden, um Insektenstiche zu verhindern. Zwei wichtige Kriterien bei der Bewertung dieser Mückenschutzmittel sind eine möglichst starke und lange Wirksamkeit einerseits und eine möglichst geringe Toxizität für den Anwender andererseits. Beides ist, so sehr es sich Verbraucher auch wünschen, selten im gleichen Ausmaß möglich. Deshalb muss bei der Auswahl berücksichtigt werden, ob die Repellents nur eingesetzt werden, um juckende, aber ungefährliche Stiche am heimischen Badesee zu vermeiden, oder um eine Infektion mit Malaria, Gelbfieber und anderen tropischen Erkrankungen zu verhindern. Für die Expositionsprophylaxe der Malaria empfiehlt die WHO Präparate mit DEET, Icaridin oder IR3535 (s. Tabelle). Sie sollten bereits in Deutschland erworben und mit auf die Reise genommen werden, da in manchen Ländern im Handel erhältliche Zubereitungen bedenkliche Stoffe oder zu hohe Wirkstoffkonzentrationen enthalten können.
Wirkstoff |
Präparate |
---|---|
DEET
(N,N-Diethyl-3-methylbenzamid)
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Icaridin
(in der Regel ab zwei Jahren)
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IR3535
(Ethylbutylacetylaminopropionat)
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Citriodiol® oder PMD (Para-Menthan-3,8-diol) |
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diverse ätherische Öle, unter anderem PMD (Para-Menthan-3,8-diol) |
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Allgemein führt bei Repellents eine höhere Konzentration nicht zu einer stärkeren Wirksamkeit, sondern nur zu einer längeren Wirkdauer, das Präparat muss also seltener angewendet werden. Unterschiedliche Herstellerangaben für Präparate ähnlicher Zusammensetzung sind darauf zurückzuführen, dass die Wirkdauer von vielen weiteren Faktoren abhängt. So zieht der individuelle Körpergeruch jedes Anwenders Insekten unterschiedlich stark an, hohe Temperaturen oder starkes Schwitzen verkürzen die Wirkdauer der Repellents. Vor allem sind Wirksamkeit und Wirkdauer natürlich von der untersuchten Stechmückenart abhängig.
Voraussetzung: Lückenloses Auftragen
Voraussetzung für einen optimalen Schutz ist die richtige Anwendung: Repellents müssen lückenlos auf die gesamte unbedeckte Haut aufgetragen werden, bei der Dosierung ist auf die Herstellerangaben zu achten. Augen, Lippen und Nasenlöcher müssen ausgespart werden, Zubereitungen zum Sprühen sollten daher zunächst in die Hand gesprüht und dann im Gesicht aufgetragen werden. Bei kleinen Kindern wird geraten, die Hände und Unterarme nicht zu behandeln, um eine unbeabsichtigte Aufnahme über den Mund zu vermeiden. Generell sollte die Applikation bei Kindern durch Erwachsene erfolgen. Auf verletzte oder sonnenverbrannte Haut dürfen Repellents nicht aufgetragen werden. Bei gleichzeitiger Sonnenexposition soll zunächst der Sonnenschutz appliziert werden, nach einer Wartezeit von etwa 20 bis 30 Minuten dann der Insektenschutz. Erneutes Auftragen ist nach Ablauf der vom Hersteller angegebenen Wirkdauer oder nach dem Baden oder starkem Schwitzen nötig. Ist der Aufenthalt im Freien beendet, wird empfohlen die Reste der Repellents von der Haut zu waschen.
Goldstandard: DEET
Trotz der Präparatevielfalt stehen im Wesentlichen vier Wirkstoffe zur Verfügung. Zuverlässig wirkender Goldstandard ist seit Jahrzehnten DEET (N,N-Diethyl-3-methylbenzamid; früher: N,N-Diethyl-m-toluamid). Ursprünglich in den 1940er-Jahren für Auslandseinsätze der US-Armee entwickelt, ist es seit 1957 für den privaten Gebrauch auf dem Weltmarkt erhältlich. Der Wirkmechanismus ist bis heute unklar: Lange wurde vermutet, dass durch DEET der Geruchssinn der Insekten gestört wird, bis 2008 eine kalifornische Arbeitsgruppe zeigte, dass Insekten die Substanz sehr wohl wahrnehmen, aber durch den Geruch vertrieben werden. Über welche Rezeptoren dies geschieht, wird bis heute kontrovers diskutiert. DEET schützt in Konzentrationen von 20% bis zu drei Stunden, von 30% bis zu sechs Stunden und von 50% bis zu zwölf Stunden vor Insektenstichen, auch den Stichen tropischer Mücken. Bei über 50% steigendem Wirkstoffgehalt ist keine Verlängerung der Wirkdauer oder -stärke mehr feststellbar, lediglich die Toxizität der Zubereitung steigt. Die Substanz kann allergische Reaktionen auslösen und reizt Augen und Schleimhäute. Nachteilig ist auch, dass Kunststoffe und Leder angegriffen werden, so dass Materialschäden an Brillen, Armbanduhren oder Handies auftreten können. DEET wird teilweise resorbiert, aber innerhalb von zwölf Stunden wieder renal eliminiert. Ethanol erleichtert die Resorption, so dass ethanolfreie Zubereitungen zu bevorzugen sind. Problematisch ist auch die Kombination mit Sonnenschutz: UV-Filter erhöhen die Resorptionsrate, gleichzeitig schwächt DEET den UV-Schutz ab. Der von manchen Anwendern als unangenehm empfundene Eigengeruch wird oft durch Zusatz von ätherischen Ölen oder Duftstoffen korrigiert. Schwangeren, Stillenden und Kindern unter drei Jahren wird die Anwendung von DEET nicht empfohlen. Auch bei älteren Kindern sollte ein großflächiges Auftragen vermieden werden. Reist eine Schwangere in ein tropisches Hochrisikogebiet, so steht mit NoBite® Hautspray ein DEET-Präparat zur Verfügung, das laut Hersteller im zweiten und dritten Trimenon der Schwangerschaft angewendet werden darf.
Besser verträglich: Icaridin
Eine geringere Toxizität auf Haut und Schleimhäute weist Icaridin auf, das auch unter den Bezeichnungen Saltidin, Picaridin, Bayrepel™ oder KBR 3023 im Handel ist. Im Gegensatz zu DEET wird es kaum resorbiert und greift Kunststoffe und Leder nicht an. Daher kann es in einer Konzentration von 20% als Mittel der Wahl sowohl gegen heimische als auch tropische Stechmücken angesehen werden.
Ein seltener verwendetes Repellents ist IR3535 (Ethylbutylacetylaminopropionat). Es ist eine ähnlich stark, aber kürzer wirkende, weniger schleimhautreizende Alternative zu DEET.
Anwender äußern oft den Wunsch nach „natürlichen“ Repellents im Glauben, dass diese weniger toxisch sind. Eingesetzt werden verschiedene ätherische Öle, z. B. Zitronellaöl (Zitronengras), Nelkenöl, Neemöl oder Eukalyptusöl. Das nicht zu unterschätzende allergene Potenzial einer Ätherischöl-Zubereitung steigt mit der Zahl der enthaltenen Öle. In der Beratung muss auf die mögliche Augen- und Schleimhautreizung sowie die deutlich schwächere und kürzere Wirkung der ätherischen Öle hingewiesen werden, die teilweise weniger als eine Stunde anhält. Einzig Zubereitungen aus Zitroneneukalyptus (Eucalyptus citriodora) wie Citriodiol®, beziehungsweise sein synthetisch hergestellter Hauptinhaltsstoff PMD (Para-Menthan-3,8-diol) zeigten in manchen Studien eine mit DEET und Icaridin vergleichbare Wirksamkeit. PMD schützt bis zu sechs Stunden vor Mückenstichen und hat einen angenehmen Zitronenduft. Auch PMD kann Allergien auslösen, ebenfalls zu beachten ist die starke Reizung bei Kontakt mit den Augen.
Die Tabelle gibt einen Überblick gängiger, über Apotheken vertriebener Mückenschutzmittel.
Von vielen Herstellern stehen verschiedene Darreichungsformen zur Verfügung, der Anwender kann zwischen Sprays, Lotionen, Gelen, Roll-Ons oder Wipes wählen. Mückenarmbänder erwiesen sich in den Untersuchungen von Stiftung Warentest als unwirksam. Manche Sprays sind brennbar und sollten daher keinen erhöhten Temperaturen oder Druckschwankungen ausgesetzt werden. Der Geruch von Repellents, der in vielen Tests und Vergleichsstudien mit bewertet wird, ist sinnvollerweise subjektiv vom Anwender selbst zu beurteilen. Auf den vordersten Plätzen landen bei Vergleichstests meist die Präparate von Autan® oder Anti Brumm® – es lohnt sich jedoch genauer hinzuschauen und bei speziellen Kundenwünschen auch spezielle Repellents zu empfehlen. So gibt es Zubereitungen, die gleichzeitig pflegende Inhaltsstoffe enthalten, z. B. Autan® Family Care Pumpspray, Anti Brumm® Night, Anti Brumm® After Sun, Ballistol® Stichfrei oder Soventol® protect. Für den Aufenthalt in der Sonne gibt es ein Kombinationspräparat aus Insekten- und Sonnenschutz (Anti Brumm® Sun mit LSF 25 oder 50). Repellents, die sowohl auf die Haut als auch auf die Kleidung aufgetragen werden können, sind z. B. Anti Brumm® Classic/Naturel oder alle mosquito®-Präparate. Die besondere Galenik von Autan® Tropical Dry Spray lässt die Zubereitung schnell auf der Haut trocknen. Wer gern apothekenexklusive Serien anbietet, kann auf Anti Brumm®, mosquito® oder Soventol® protect zurückgreifen. Zahlreiche Präparate schützen auch vor Zeckenstichen (s. Kasten). In der Schwangerschaft können Icaridin und IR3535 bedenkenlos angewendet werden.
Schutz vor Zeckenstichen
Zecken können in Deutschland mit FSME und Borreliose gleich zwei Infektionskrankheiten übertragen. Zahlreiche Mückenschutzmittel schützen auch vor Zecken – in der Beratung dazu gibt es einiges zu beachten:
- Der Schutz eines Repellents vor Zecken ist meist kürzer als vor Stechmücken.
- Bei Spaziergängen am Waldrand auf Wegen bleiben, da Zecken sich bevorzugt in hohen Gräsern, in niedrigen Büschen bzw. im Unterholz aufhalten.
- Zecken stechen nicht sofort, wenn sie auf den Wirt gelangt sind, sondern suchen sich eine dünne, gut durchblutete, geschützte Hautstelle, z. B. Kniekehlen, Achselhöhlen, hinter den Ohren, unter Armbanduhren. Deshalb: nach jedem Aufenthalt im Zeckengebiet Kleidung wechseln, Körper nach Zecken absuchen.
- Borrelien werden erst acht bis 48 Stunden nach dem Beginn der Blutmahlzeit übertragen, daher entdeckte Zecken so schnell wie möglich entfernen um eine Übertragung zu verhindern.
- Zur Zeckenentfernung spezielle Werkzeuge benutzen (Zeckenzange, Zeckenkarte), mit denen die Zecke am Kopf gefasst werden kann ohne den Leib zu quetschen, damit die Zecke keine Borrelien aus ihrem Mitteldarm in die Stichwunde abgibt.
Vor allem für Kinder: zusätzliche Schutzmaßnahmen
Neben der Empfehlung eines konkreten Repellents können dem Käufer auch verschiedene weitere Hinweise zum Schutz vor Mückenstichen gegeben werden:
- bevorzugt helle, dichtgewebte, locker sitzende, hautbedeckende Kleidung tragen
- Kleidung imprägnieren (z. B. mit NoBite®Kleidung, ab drei Jahren)
- Hosenbeine in die Socken, sowie Blusen und Pullover in die Hose stecken – während sich der auch auf ein gutes Aussehen bedachte Anwender damit vermutlich schwer tut, empfiehlt die WHO für Risikogebiete sogar, Übergänge zwischen Kleidungsstücken zusätzlich mit Klebeband abzudichten
- Socken regelmäßig wechseln, da Fußgeruch anziehend auf Stechmücken wirkt.
- im Garten und auf dem Balkon mögliche Mücken-Brutplätze wie stehendes Wasser in leeren Blumentöpfen, Sandspielzeug etc. entfernen, da wenige Milliliter zur Vermehrung ausreichen; in Vogeltränken etc. mindestens ein- bis zweimal pro Woche das Wasser wechseln.
- Innenräume mückenfrei halten (nur stoßlüften, Mückengitter an Fenstern und Türen, Mückenstecker, Raumsprays etc.)
- nachts unter einem Moskitonetz schlafen (bei Infektionsgefahr: imprägniert, max. Maschenweite 1,5 mm bzw. 25 Maschen/cm²), ausreichend groß und unter der Matratze fixiert.
Vor allem bei Kindern unter drei Jahren sollte verstärkt auf diese physikalischen Maßnahmen geachtet werden, damit bei ihnen ganz oder zumindest größtenteils auf die Anwendung von Repellents verzichtet werden kann. |
Literatur
Informationen der Hersteller
Repellents and toxicants for personal protection. Position paper.Global collaboration for development of pesticides for public health (GCDPP), WHO Juli 2000
Specifications for Netting Materials. Roll Back Malaria Cabinet Project, WHO 2001
International Travel and Health; Chapter 7: Malaria. WHO Press, Januar 2012
Islam J et al. Mosquito repellents: An insight into the chronological perspectives and novel discoveries. Acta Tropica, 2017;167:216-230
Jeder Stich zählt. Stiftung Warentest 06/2014:
Fastenzeit für Blutsauger. Stiftung Warentest 05/2017
weitere Literatur bei der Autorin
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