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Schlechtere Konditionen
Kontingent-Arzneimittel ärgern Großhändler und Apotheken
Bereits Mitte Dezember hatte Gehe seine Kunden angeschrieben. Der Brief begann mit der harmlosen Mitteilung, dass es ab dem 1. Januar 2017 einen neuen Service gebe: Apotheken könnten Sammelrechnungen dann auch digital im Gehe-Kundenportal über das Internet abrufen. Doch dann wurde es ernster. Man arbeite „permanent“ an Maßnahmen zur Verbesserung der Lieferfähigkeit, schrieb Gehe an die Apotheker. 2017 wolle man diese ausbauen und das Team, das sich um die Warenbeschaffung bei Lieferengpässen kümmert, erweitern. Die für die Apotheken wirtschaftlich relevanteste Nachricht folgte im letzten Satz: „Um für eine bestmögliche Versorgung der Vor-Ort-Apotheken auch weiterhin sorgen zu können, werden wir Ihre Bestellung von Kontingentartikeln ab dem 01.01.2017 zum AEP annehmen und berechnen.“ Heißt im Klartext: Für Medikamente, die die Hersteller gegenüber dem Großhandel kontingentieren, also nur noch begrenzt ausliefern, will die Gehe den Apothekern keine Rabatte mehr gewähren. Eine Liste mit den betroffenen Arzneimitteln soll im Kundenportal veröffentlicht werden.
Auch Phoenix hat seine Kunden angeschrieben. Die von den Herstellern kontingentierten Artikel stellten eine „große Herausforderung“ dar, heißt es im Brief des Mannheimer Großhändlers. Ab dem 1. Februar 2017 werde man Kontingent-Arzneimittel nur noch zum Apothekeneinkaufspreis anbieten. Doch Phoenix plant offenbar noch mehr: „Die aktuelle Marktentwicklung und die daraus resultierenden Auswirkungen machen es zudem erforderlich, das derzeitige Vergütungsniveau deutlich zu reduzieren“, kündigt Phoenix seinen Kunden an. Dem Unternehmen seien die „Unterschiedlichkeiten der individuellen Apothekenstrukturen“ bewusst. Daher werde ein Kundenberater Kontakt aufnehmen, um diese Maßnahmen mit den Pharmazeuten zu besprechen.
Direktvertrieb statt Großhandel
Gehe und Phoenix reagieren mit ihrer Rabatt-Streichung auf eine Entwicklung, die vielen Marktbeteiligten Kopfschmerzen bereitet. Denn laut den Großhändlern kontingentiert eine Reihe von Herstellern inzwischen Artikel, sie liefern also nur noch begrenzte Mengen aus. Zudem setzen einige große Pharmaunternehmen zunehmend auf den Direktvertrieb. Diesen erleichtern sie sich mit dem eigens hierfür gegründeten Unternehmen Pharma Mall. Die Kontingentierung kann es dem Großhandel schwer machen, seinen Sicherstellungsauftrag zu erfüllen. Zudem gehen ihm natürlich Einnahmen verloren. Für die Apotheken ist der Direktvertrieb mit einem bürokratischen Mehraufwand verbunden und auch finanziell ein nachteiliges Geschäft. Nicht zuletzt haben die Patienten das Nachsehen. Für sie bedeutet das Geschäftsmodell häufig längere Wartezeiten.
Willkürliche Kontingentierung oder lukrativer Parallelexport?
Großhändler und Hersteller geben sich gegenseitig die Schuld an dieser Entwicklung. Dr. Thomas Trümper, Vorsitzender des Bundesverbands des Pharmazeutischen Großhandels (Phagro) wies im Interview mit DAZ.online darauf hin, dass die Hersteller die Arzneimittel „willkürlich“ kontingentierten, um die Großhandelsmarge zu „vereinnahmen“ – selbstverständlich nur bei Artikeln, bei denen sich dies auch lohnt. Beim vollversorgenden Großhandel verblieben dann die Artikel mit hohem Aufwand, der durch die Marge nicht vollständig gedeckt ist, so Trümper.
Die Hersteller wollen sich diesen Schuh nicht anziehen. So erklärte ein Sprecher des Verbands forschender Pharma-Unternehmen (vfa), dass Hersteller „ebenso wie Großhändler und Apotheken“ dazu verpflichtet seien, Arzneimittel angemessen und kontinuierlich bereitzustellen. Dass es in den Apotheken zu Lieferengpässen komme, liege an den Großhändlern selbst. Denn: „Es ist eine Folge des Parallelhandels, dass Händler dorthin exportieren, wo sie mehr Geld verdienen können. Damit können aber Lieferengpässe im ‚Ursprungsland des Arzneimittels‘ entstehen, denn die Bereitstellung von Arzneimitteln kann vom Originalanbieter nicht ‚auf Zuruf‘ angepasst, umgestellt oder erhöht werden. Diese Konsequenz des Parallelhandels als Kontingentierung zu bezeichnen, halten wir für falsch.“ Dahinter steckt aus Sicht der Hersteller, dass die Erstattungsbeträge für neue Arzneimittel mittlerweile in Deutschland oft niedriger sind als in anderen europäischen Ländern. Und so lohnt sich der Verkauf ins Ausland.
„Unmoralische Angebote“ an Apotheken
Tatsächlich erhalten auch Apotheken Angebote von Pharmahändlern, die ihnen bestimmte Präparate in größerer Menge abnehmen wollen. Beliebt im Ausland sind etwa die Diabetes-Arzneimittel Jardiance® (Boehringer) oder Forxiga® (AstraZeneca). Dass es Apotheken gibt, die solche Angebote annehmen, ist nicht auszuschließen – auch wenn offensichtlich ist, dass sie sich und ihre Kollegen damit keinen Gefallen tun. Denn Fakt ist: Warum ein Arzneimittel nicht oder nur verzögert zu beschaffen ist, müssen am Ende die Apotheken den Kunden erklären. Und trotz des Mehraufwands, werden ihnen nun auch noch die Einkaufsvorteile gestrichen.
DAV: Kein Kommentar zu Lieferkonditionen
Der Deutsche Apothekerverband (DAV) äußert sich zu den Problemen nur vage. Zum Thema Engpässe befinde sich der DAV in Gesprächen mit der pharmazeutischen Industrie und dem pharmazeutischen Großhandel, erklärte ein Sprecher. „Weil Lieferengpässe aber viele verschiedene Gründe haben, gibt es leider keine einfachen Lösungen.“ Was die Lieferkonditionen einzelner Marktakteure betrifft, so kann und will die Standesvertretung diese nicht kommentieren – ebenso wenig die möglichen Gründe für Konditionenänderungen. Offenbar ist der DAV der Meinung, dass sich die Apotheker nun in erster Linie selbst helfen müssen: „Jeder einzelne Apothekeninhaber hat die Möglichkeit, mit seinen Marktpartnern und möglichen Lieferanten über Konditionen zu verhandeln.“ Der Sprecher verwies zudem auf einen Beschluss des vergangenen Deutschen Apothekertags in München. Darin werden der Gesetzgeber und die Pharmaunternehmen aufgefordert, sicherzustellen, dass die Lieferfähigkeit des Großhandels gewährleistet werden kann. „Im Regelfall“ solle die Lieferung zweistufig erfolgen, also vom Hersteller über den Großhändler zur Apotheke, heißt es in dem Antrag. |
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