Schwerpunkt Digitalisierung

Alles digital oder was?

Was sein muss, was sein sollte und was die eigene Wettbewerbsposition stärkt

Seit nunmehr rund drei Jahren bestimmt das Schlagwort Digitalisierung die Diskussionen in nahezu allen Wirtschaftsbereichen. Vom digitalen Wandel über die digitale Transformation bis hin zur digitalen Disruption oder der digitalen Revolution stehen offensichtlich alle Bereiche des Wirtschaftens vor einer fundamentalen Entwicklung bzw. befinden sich bereits darin. Schlagwörter wie 3D-Drucker, Cloud Computing, Internet der Dinge oder Industrie 4.0. geistern durch die Medien, bisweilen mit einer hinreichend hohen Diffusion. Wie bei allen innovativen Entwicklungen stellt sich berechtigterweise die Frage, was davon für die eigene Branche und was wiederum davon für das eigene Unternehmen von besonderer Bedeutung ist und was getrost beiseitegeschoben werden kann. Dies ist bei Apotheken kein Deut anders. | Von Andreas Kaapke

Vor dem Hintergrund der Spezifika der Apotheken – atomisierter Markt, starke Vernetzung zu anderen Partnern der Wertschöpfungskette, Waren der besonderen Art, regulierter Markt, besondere Betriebsform Apotheke usw. – ergibt sich mehr als in anderen Branchen die Herausforderung zu sondieren, was von der Digitalisierung auf jeden Fall sein muss, was sein sollte und was zur Stärkung der eigenen Wettbewerbsposition sein kann.

Angebote auf neue „mobile devices“ ausrichten

Im Vordergrund der Digitalisierung steht die Automation von Prozessen und Geschäftsmodellen durch das Vernetzen von digitaler Technik sowie von Menschen und Informationen. Autonomisierung, Flexibilisierung und Individualisierung sind dabei im Vordergrund der Anstrengungen. Spricht man gar von digitaler Disruption, bedeutet dies die Zerstörung bzw. Verdrängung bestehender Geschäftsmodelle und Wertschöpfungsketten, ggf. von Produkten und Dienstleistungen durch eine digitale Innovation. Am Beispiel eines „mobile device“ (z. B. eines Smartphone) kann dies eindrucksvoll charakterisiert werden. Das Smartphone ist ein multioptionales Produkt, das zwar ursprünglich die nächste Generation eines Handys darstellte, aber mittlerweile weit mehr als ein Telefon ist; es ist Wecker, Timer, Organizer, Kompass, Fotoapparat, Navigationsgerät und vieles mehr (siehe Abb. 1). Daraus wird ersichtlich, dass ganze Produktgruppen und Märkte nun mit ­Absatzeinbrüchen, ggf. mit dem Erlöschen ihres Geschäftsmodells zu kämpfen haben, da das Smartphone verschiedene Produkte ersetzt, stets am Menschen getragen wird, also allseits verfügbar ist und zum treuesten Helfer des Menschen mutiert. Der Internetzugang ermöglicht das Abgreifen aller Informationen, die hierfür benötigt werden, das Gerät muss nur „connected“ sein und geladen, was dazu führt, dass viele öffentliche Gebäude oder auch Einzelhandelsgeschäfte schon über Ladestationen und kostenloses freies WLAN verfügen oder aktiv hierüber nachgedacht wird. Denn ohne „mobile device“ wird der dergestalt sozialisierte Mensch immobil und nicht handlungsfähig, alle anderen Produkte, Geräte und Alternativen hat er in einem Gerät vereint und ist darauf angewiesen. Der Ausfall oder Verlust dieses Geräts mag an dieser Stelle nur kurz erwähnt werden, es zöge ggf. eine komplette Lebensuntauglichkeit nach sich. Daraus ergibt sich aber auch die Notwendigkeit für Angebote, genau diese mit diesen Geräten zu vernetzen, da der Verbraucher dies erwartet und versucht.

Abb. 1: Digitale Disruption am Beispiel eines Mobile Device

Big Data – Wissen über Kunden, Märkte, Produkte

An dieser Stelle darf die Diskussion über Digitalisierung aber nicht aufhören, im Gegenteil, streng genommen fängt sie an diesem Punkt erst an, denn es digitalisieren sich zwar Produkte und Verkaufskanäle, aber dies schon seit geraumer Zeit. Ein für Unternehmen und damit auch Apotheken besonders interessantes Thema im Kontext der Digitalisierung ist Big Data, die Verfügbarkeit von deutlich mehr Informationen, die valide, reliabel und aufgrund der hohen Zahl an Informationen vielfach objektiv sind. Noch nie hatten Unternehmen so viel Wissen über ihre Kunden, ihre Märkte und Produkte sowie Möglichkeiten diese zu analysieren wie heute. Die Datenquellen sind vielfältig: Daten von mobilen Geräten, Daten aus sozialen Netzwerken, Finanzmarktdaten, Multimediadaten, Internet der Dinge, Machine-to-Machine-Kommunikation, um nur einige zu nennen. Nun sind für Apotheken relevante Daten mit größter Sorgfalt zu behandeln, da es sich um vertrauliche Daten über den Gesundheitszustand bzw. den Krankenstand von Patienten handelt, gerade deshalb ist deren schnelle Verfügbarkeit mit besonderen Vorteilen einhergehend. Apps und mobile Endgeräte ermöglichen es einem Apotheker oder Apothekenmitarbeiter, an jedem Ort im Verkaufsraum auf das Produktportfolio einerseits und auf Daten von Patienten andererseits zuzugreifen, Angebote interaktiv zu konfigurieren, stets relevante Kundendaten einzubinden, den Preis zu vergleichen, Verfügbarkeiten abzurufen und Alternativen aufzuzeigen. Dies kann eine Apotheke aufgrund optimierter EDV-Systeme auch schon heute, aber in erster Linie von stationären PCs aus und nicht immer unter Integration von Patientendaten. Gerade in größeren Ladengeschäften kann diese neue Technik ausgesprochen hilfreich sein.

Vernetzung und Internet der Dinge

Da der moderne Kunde absolut vernetzt ist, gehen immer mehr Handels- und Dienstleistungsformate darauf ein und vernetzen die unterschiedlichsten Medien miteinander. Der Kunde im Mittelpunkt kann 24 Stunden von jedem Ort mit einem Gerät darauf zugreifen und er ist im Gegenzug jederzeit erreichbar (siehe Abb. 2). Die Frage, die daraus für Apotheken resultiert, lautet, wie intensiv eine Apotheke derlei Technik nutzen muss und darf, um für Kunden besonders attraktiv zu sein. Smartphones werden in Geschäften für Diverses genutzt. Hier ergibt sich die Herausforderung ggf. als Apotheke mithalten zu können.

Quelle: TAILORIT WHITE PAPER „OMNI-CHANNEL RETAILING“, Foto Mitte: STYLIST [www.stylist.co.uk]
Abb. 2: Omni-Channel-Retailing

Im Internet der Dinge geht es noch einen Schritt weiter, hier kommuniziert alles mit allem – nur ohne Mensch. Es mag eine grotesk anmutende Vorstellung sein, ist aber in nicht wenigen Branchen bereits Realität (siehe Abb. 3).

Quelle: silicon ANGEL
Abb. 3: Anwendungen von IoT (Internet of Things) Internet der Dinge

Die Tabelle zeigt Anwendungen aus dem Internet der Dinge in verschiedenen Wirtschaftsbereichen, darunter auch dem Gesundheitsbereich.

Tab. 1: Anwendungen aus dem Internet der Dinge in verschiedenen Wirtschaftsbereichen
Einsatzgebiete
Anwendung, Vorteile
Gebäudeautomation
Smart Home, Beleuchtung, Heizung, Klima, Energieeinsparung
Haushaltsgeräte, Unterhaltungs­elektronik
Kühlschrank, Mikrowelle, Waschmaschine, Fernseher, Zeit und Kostenersparnis
Energieversorgung
Smart Grid, Smart Metering, Energiespeicher, optimale Energieeinspeisung- und nutzung
Gesundheitswesen
E-Health, Ambient Intelligence, Ambient Assisted Living, Vorsorge, Überwachung, Übertragung der medizinischen Werte
Industrie
Prozesssteuerung, Machine-to-Machine Communication (M2M), Überwachung der Prozesskette
Logistik
Überwachung von Transportwegen und -zeiten, Just-in-Time-Lieferung, Vermeidung von Fehlzeiten
Warenwirtschaft
Warenkennzeichnung mit RFID, Kosteneinsparung in der Wertschöpfungskette
Automotive-Technik
Kommunikation zwischen Fahrzeugen und Infrastruktur (C2C, C2I), Information über Verkehrs­situation und an Kfz-Werkstatt

Die Apobank hat in einer 2016 verfassten Studie zehn wesentliche Entwicklungspfade für die Digitalisierung im Gesundheitswesen identifiziert (siehe Abb. 4). Daraus ergeben sich zahlreiche Ansatzpunkte auch für Apotheken, im Rahmen der Digitalisierung Neues zu erproben und Bewährtes in eine neue Zukunft zu entwickeln. In einer der Studie zugrundeliegenden Umfrage sahen 82% der Befragten vor allem durch die digitale Vernetzung große Veränderungen in ihrem Berufsalltag; und die Apotheker vermuten durch das Thema Medikation und Anwendungen in diesem Kontext starke Veränderungen in der Zukunft. Insbesondere im Bereich der digitalen Vernetzung befürchtet die Mehrheit hohe Investitionskosten, während übergreifend nur geringe wirtschaftliche Profite aus der Investition erwartet werden. Nichts desto trotz erwartet die Mehrheit eine rasche Umsetzungsgeschwindigkeit innerhalb der kommenden vier Jahre für viele digitale Entwicklungsfelder. Bei einer Umfrage von ApoScope unter 519 Apotheker(innen) und PTA im Mai 2016 im Auftrag von „apotheke adhoc“ antworteten 63,4% der Befragten, dass die Digitalisierung mehr Nutzen als Risiken bringt. 19,3% sehen dies andersherum, 17,3% der Befragten waren unentschieden. Der Digitalverband Bitkom bat 2016 dazu noch 1158 Internetnutzer ab 14 Jahren um Statements: Digitale Gesundheitsangebote können dazu beitragen, dass ältere Menschen länger selbstständig bleiben, glaubt die Mehrheit der Befragten (54% antworteten mit „stimme voll und ganz zu“ oder „stimme eher zu“). Eine Option, die gerade auch für das Verhältnis zwischen Apotheke und älteren Kunden neue Wege denkbar werden lässt.

Quelle: Apobank: 360° Studie Digitalisierung im Gesundheitsmarkt
Abb. 4: Digitalisierung im Gesundheitswesen

Digitale Elemente in der Apotheke

Digitale Elemente haben folgerichtig in den Apotheken schon Einzug gehalten, man denke nur an die digitale Sichtwahl oder auch holografische Säulen-Displays mit 3D-Effekt. Gerade in Apotheken etwas größeren Zuschnitts mit einer hohen Kundenfrequenz oder extremen Stoßzeiten könnte ein digitales Warteschlangenmanagement zu einer entspannten Atmosphäre führen und die Einhaltung der Distanzzonen optimieren (siehe Abb. 5).

Bild: Website der Birken Apotheke, Köln
Abb. 5: Kostenloser WLAN-Zugang für wartende Kunden

Die Kölner Birken-Apotheke geht noch weiter und verwirklicht einen typischen Wunsch der Kunden im Internet – die Verfügbarkeitsprüfung eines Artikels in einem stationären Geschäft. Ein Kernproblem vieler Verbraucher ist vor dem Hintergrund der Online-Möglichkeiten die Gefahr eines Fehlbesuchs in einem stationären Geschäft egal in welcher Branche. Von daher wird immer angeregt, sich die Verfügbarkeiten von Produkten im Netz anzeigen zu lassen, um vor diesem Hintergrund den Artikel reservieren und zu einer Wunschzeit abholen zu können. Dies kann in Apotheken noch wichtiger werden, da diese Produkte in der Regel unbedingt gebraucht werden (siehe Abb. 6).

Quelle: Website der Birken-Apotheke, Köln
Abb. 6: Verfügbarkeitsprüfung

Ebenfalls ein erster Schritt, der der Digitalisierung zugerechnet werden kann, ist durch Plattformen wie call-my-apo, apo now oder apoly realisiert. Die kostenlose Bestell-App als Plattform für Botendienste für alle öffentlichen Apotheken greift ebenfalls einen Konsumtrend auf. Nach dem Download der App verbindet sich der Kunde über die Postleitzahl mit seiner Apotheke. Die JA-Apotheken werben zum Beispiel: „Ob Sie selbst direkt beim Erhalt in der Arztpraxis ihr Rezept fotografieren und dann zu uns ‚appen‘, ob Sie uns anrufen und ihren Bestellwunsch in die App sprechen oder einfach eine Textnachricht senden … wir kümmern uns um den Rest. Sie können genauso einfach vorbestellen und es ist garantiert, dass ihr Medikament vor Ort ist, wenn Sie in die Apotheke kommen. Auf Wunsch bringen wir ihre Bestellung natürlich trotzdem zu Ihnen nach Hause – so brauchen Sie sich erst gar nicht auf den Weg zu machen.“ Das Pillentaxi geht in eine vergleichbare Richtung.

E-Learnings, soziale Medien, Plattformen

Für das Apothekenteam drängen sich E-Learnings auf, auch hier werden über Internet und digitale Plattformen wunderbare Möglichkeiten geschaffen, den Aufwand für notwendige Fortbildung zu verringern bei gleichzeitiger Steigerung des Nutzens. Marpinion bietet bspw. Fortbildung via Tablet für Ärzte und Apotheker an. Neben inhaltlichen Themen werden auch Beratungs- oder Abrechnungstipps gezeigt.

Bemerkenswert ist auch ein anderes Ergebnis aus sozialen Netzwerken. Während privat Apothekerinnen und Apotheker recht rege Facebook, WhatsApp und Co. nutzen (rund 80% gemäß ApoScope, im Auftrag von „apotheke adhoc“ im Mai 2016), wird es im Kontext der Apotheke deutlich ­zurückhaltender eingesetzt (rund 50% gemäß der gleichen Untersuchung).

Unstrittig ist es, dass sich die persönliche Beratung auf keinen Fall digital ersetzen lässt, aber die Apotheke kann über Webseiten, soziale Medien usw. dafür sorgen, dass sie auch außerhalb der Öffnungszeiten in gewisser Weise erreichbar ist, sagt Erik Tenberken, Apotheker aus Köln dazu. Um auch außerhalb der Öffnungszeiten wichtigster Anlaufpunkt in Sachen Gesundheit für Kunden zu sein, kann man möglichst viele digitale Touchpoints einrichten. In anderen Branchen wird dies hochprofessionell gemacht. Weit über das eigene Einzugsgebiet hinaus hat die Apothekerin Ann-Katrin Kossendey-Koch mit ihren You-Tube-Videos hohe Bekanntheit erlangt, in denen sie die Welt der Apotheke erklärt oder Tipps für den Kunden gibt. Auch gemeinschaftliche Social Media-Aktivitäten stellen eine Möglichkeit dar. So haben sich 13 spanische Apotheker zusammengetan (Plattform Pharma 2.0) und stellen lehrreiche und gut aufbereitete Gesundheitsinformationen bereit. Es werden reale Fallbeispiele (z. B. das einer Frau, die die Antibabypille vergessen hat) gezeigt und es können Fragen gestellt werden. Off- und Onlinewelt werden verknüpft, denn registrierte Kunden, die ein Produkt in der Offizin-Apotheke gekauft haben, bekommen dann ein Video oder nochmals einen Text per E-Mail oder SMS mit der Erklärung, wie das gekaufte Produkt zur Anwendung gelangt. Im spanischen Videoblog „Qué me das para“ (Was gibt es gegen …) geben zwei Apotheker in über 75 You-Tube-Videos Antworten auf die häufigsten Fragen, die ihnen am HV-Tisch gestellt werden und wurden. Eine typische Innovation aus der digitalen Welt ist z. B. Vshelf von Rowa, womit die Sichtwahl aus der Apotheke herausgeholt wird (siehe Abb. 7). Mögliche Installationsorte sind Lebensmittelhandel, Einkaufszentren, Firmen, Hotelfoyers, … Neben dem Preisschild ist ein QR-Code abgebildet, der mit Smartphone oder Tablet eingescannt werden kann. Über einen Webshop (auch Rowa) kann der Artikel so von unterwegs aus in der Apotheke reserviert und bezahlt werden. Der Kunde kann die Artikel in der Apotheke abholen oder nach Hause liefern lassen. Um den Service in vollem Umfang nutzen zu können, müssen die teilnehmenden Apotheken eine Versanderlaubnis vorweisen.

Bild: ROWA-Website
Abb. 7: Vshelf von ROWA

Digitalisierung als Instrument für mehr Vernetzung

Schließlich gilt die Digitalisierung als Meilenstein für die Vernetzung im Gesundheitswesen insgesamt. Dazu die ABDA: „Kooperationen haben das Ziel, die Zusammenarbeit zwischen den unterschiedlichen Berufsgruppen im Gesundheitswesen zu optimieren. Dabei werden die jeweiligen Zuständigkeiten konsentiert sowie Kommunikationsketten und Handlungsabläufe definiert. Prozesse werden dadurch beschleunigt, Versorgungslücken geschlossen und die Wirtschaftlichkeit im Gesundheitssektor sowie die Patientensicherheit erhöht. Einen besonderen Stellenwert nimmt hierbei die Kooperation zwischen Arzt und Apotheker ein, da bei dieser Zusammenarbeit der Patient im Zentrum des Geschehens steht und einen direkten Nutzen durch die Kooperation erfährt. Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe führt dazu aus: „Digitalisierung ist eigentlich nur das Instrument, um das Ziel der Vernetzung zu erreichen – denn im Gesundheitswesen zählt mehr als in anderen Bereichen die Mannschaftsleistung.“ (vgl. DAZ.online, 7.2.2017: Medikationsplan und Vernetzung – Gröhes Digitalisierungs-Pläne [www.deutsche-apotheker-zeitung.de])

Insbesondere die CDU hat sich in einem Strategiepapier mit dem Thema E-Health auseinandergesetzt. Unter anderem folgende Themen werden dabei in den Fokus gerückt:

  • Die E-Patientenakte – Ziel: Selbstbestimmtheit des Patienten stärken (Überblick über Diagnosen und Therapien¸ Patient kann jederzeit über das Internet auf sie zugreifen)
  • Neue digitale Medien – Ziel: Stärkung Gesundheitskompetenz der Bürger (Vermittlung von seriösem, objektivem und wissenschaftlich gesichertem Wissen via digitaler Medien, Gesundheitsplattformen und Anwendungen wie Apps)
  • E-Health-Lösungen – Ziel: Langfristige Vernetzung aller Akteure im Gesundheitswesen (Telematikinfrastruktur; Voraussetzung: sicherer und schneller Datentransfer)
  • Telemedizin – Ziel: Nutzung der Chancen insbesondere für eine moderne Versorgung in Stadt und Land (Voraussetzung: Breitbandausbau)
  • Gesundheits-Apps – Ziel: Sicherstellung definierter Anforderungen an Qualität und Sicherheit durch die Zertifizierung medizinischer Apps (und Wearables) als Medizin­produkte
  • Datenschutz und Sicherheit – Ziel: Deutschland baut mit seiner Telematikinfrastruktur eine weltweit einmalige sichere Datenautobahn für das Gesundheitswesen auf. Vernetzung von fast 200.000 Ärzten und Zahnärzten, 2000 Krankenhäusern, 26.000 Pflegeeinrichtungen, 1150 Reha-Einrichtungen, 20.000 Apotheken und 2,3 Mio. Beschäftigten im Gesundheitswesen und 70 Mio. gesetzlich Versicherten (Voraussetzung: Höchste Datenschutz- und Datensicherheitsstandards nach dem neuesten Stand der Technik zur Gewährleistung maximaler Cybersicherheit)
  • Big Data: Ziel – Effektivere Nutzung für Gesundheitsversorgung und Forschung (Herausforderung: Balance von Datenschutz und Erkenntnisgewinnung! (Landesübergreifende) Vereinheitlichung der rechtlichen Rahmenbedingungen für die Forschung, z. B. Datenschutzrecht)
  • Interoperabilität (Fähigkeit von IT-Systemen, Informationen auszutauschen) – Ziel: strukturierte Übermittlung digitalisierter Gesundheitsdaten. In Deutschland existieren mehr als 200 unterschiedliche IT-Systeme in der ambulanten und stationären Versorgung, die bisher nicht alle Informationen austauschen können.

Eine der wichtigsten Errungenschaften für die Vernetzung zwischen Arzt und Apotheker (ggf. weiterer Akteure) ist die elektronische Gesundheitskarte, noch sind allerdings nur Name, Anschrift, Geburtsdatum und Versichertennummer gespeichert. Die elektronische Gesundheitskarte (eGK) ist eine mit einem Foto versehene Mikroprozessorkarte („Smart Card“), auf der sich Informationen verschlüsselt speichern lassen. Die Informationen können in einer gesicherten Umgebung, z. B. Arztpraxis, wieder entschlüsselt und abgerufen werden. Pflichtanwendungen für alle gesetzlich Versicherten sind: Abgleich der Versichertenstammdaten (Name, Geburtsdatum, Versichertennummer) mit den Krankenkassen sowie Informationen wie das E-Rezept und Europäische Krankenversicherungskarte EHIC. Freiwillige Anwendungen sind: Notfalldaten, z. B. Infos über Blutgruppe, Allergien usw., elektronischer Medikationsplan, Arzneimitteltherapiesicherheit.

Foto: iconimage – Fotolia.com
Abb. 8: E-Health-Lösungen zur Vernetzung aller Akteure im Gesundheitswesen.

Fazit

Die Fülle an Beispielen, die in einem solchen Beitrag aufgezeigt werden können, ist unendlich. Apotheken stehen dem Feld Digitalisierung tendenziell offen gegenüber, ihr Geschäftsmodell drängt sich dafür aber auch auf. Da die Ware in Apotheken austauschbar ist, sind Informationen ein wesentlicher Erfolgsfaktor (Information schlägt Ware). Wer also schnell, verlässlich und umfassend auf Daten zugreifen kann, hat einen strategischen Vorteil. Die Digitalisierung, einhergehend mit Möglichkeiten der Datenvernetzung, schafft dafür gute Voraussetzungen. So verführerisch dies einerseits ist, so sorgsam muss damit umgegangen werden. Patientendaten sind ein hohes Gut, deren Schutz muss oberste Priorität genießen, jede Art von Missbrauch muss verhindert werden. Von daher steht auch bei der Diskussion um Digitalisierung die wohlbekannte Diskussion von Ethik und Monetik im Mittelpunkt der apothekerlichen Überlegungen. Digitalisierung kann und muss dort eingesetzt werden, wo es der Kunde (zu Recht) erwartet und es gewohnt ist und muss dort zur Anwendung gelangen, wo es durch die Vernetzung zu schnelleren, besseren und flexibleren Lösungen kommt. Und immer zum Wohle des Patienten! |

Autor

Prof. Dr. Andreas Kaapke

Prof. Kaapke Projekte, Am Zuckerberg 27, 71640 Ludwigsburg, E-Mail: a.kaapke@kaapke-projekte.de

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