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Beratung
Wenn Regelschmerzen die Regel sind
Vor allem junge Frauen leiden unter primärer Dysmenorrhö
Krampfartige Schmerzen im Unterbauch, kurz und während der Menstruation: Diese für die Dysmenorrhö typische Symptomatik kann begleitet werden von Erbrechen, Durchfall, Schwäche- und Schwindelgefühl sowie Kopfschmerz. Oft strahlen die Schmerzen aus dem Unterbauch bis in den Rücken. Sie sind zu Beginn der Menstruation am stärksten, um nach zehn bis zwölf Stunden allmählich schwächer zu werden. Besonders häufig betroffen sind junge Mädchen und Frauen, mit einer Prävalenz von 70 bis 80%. Unter einer starken Dysmenorrhö, die die Aktivität stark einschränkt, leiden 7 bis 15% der jungen Frauen. Bei etwa der Hälfte kommt es zu Schulausfallzeiten. Zur vollen Ausprägung einer Dysmenorrhö kommt es allerdings erst, wenn sich regelmäßige ovulatorische Zyklen entwickelt haben. In den ersten zwei Jahren nach der Menarche, die in Deutschland im Alter von 12,7 Jahren stattfindet, verlaufen 50 bis 70% der Zyklen noch ohne Eisprung. Der Startschuss für eine Dysmenorrhö dürfte im Mittel bei etwa 16 Jahren liegen. Frauen, die über eine Dysmenorrhö klagen, leiden häufig auch an anderen Beschwerden ohne eindeutige organische Ursache wie Migräne oder Reizdarm. Erhöht ist das Risiko bei sehr früher Menarche und bei Raucherinnen.
Meist keine organische Ursache
Bei der Mehrzahl der Frauen liegt eine primäre Dysmenorrhö vor, ohne organische Ursache. Pathophysiologisch handelt es sich um einen ischämischen Schmerz, ausgelöst durch vasokonstriktorische und myokontraktile Prostaglandine, Leukotriene und Vasopressin. Am Zyklusende sinkt der Progesteron-Spiegel und es kommt zu einer gesteigerten Bildung von Prostaglandinen, die eine schmerzhafte Kontraktion der Uterusmuskulatur bewirken. Durch den Übergang ins Blut erklärt man sich die Begleitsymptomatik. Auch eine Senkung der Schmerzschwelle wird diskutiert. Psychische Aspekte und die soziokulturelle Perzeption der Menstruation können ebenfalls darüber entscheiden, ob eine junge Frau krampfartige Unterbauchschmerzen entwickelt.
Ein Versuch wert: Sitzbäder und Sport
Bei leichten bis mäßigen Regelschmerzen können nicht-medikamentöse Maßnahmen versucht werden. Dazu gehören Akupunktur, die transkutane elektrische Nervenstimulation (TENS) sowie Wärmeanwendungen. Auch für Omega-3-Fettsäuren und Magnesium konnte eine Linderung gezeigt werden. Eine noch einfachere, empfehlenswerte Strategie ist regelmäßige sportliche Betätigung wie Walken oder Fahrradfahren. Sie kann Menstruationsbeschwerden nicht nur lindern, sondern ihnen auch vorbeugen. Der Hintergrund: Körperliche Aktivität verbessert die Durchblutung des Beckens und Verkrampfungen des Uterus werden gelöst. Lindern lassen sich die Schmerzen auch durch spasmolytisch wirkende Pflanzenextrakte, etwa aus Kamillenblüten, Melissenblättern, Gänsefinger- oder Schafgarbenkraut. Sie können als Tee oder Tinktur angewendet werden oder auch als Teilbäder. Bei psychogen bedingter Dysmenorrhö lassen sich die Beschwerden durch Psychotherapie oder autogenes Training reduzieren.
Bei 80% effektiv: NSAR
Lassen sich die Beschwerden dadurch nicht zufriedenstellend behandeln, können nicht-steroidale Antirheumatika (NSAR) wie Ibuprofen und Naproxen die Schmerzen lindern. Ibuprofen ist zugelassen für die Indikation Dysmenorrhö ab dem 10. Lebensjahr, die Tagesmaximaldosis liegt bei 1200 mg Ibuprofen, sie kann auf zwei bis vier Einnahmen verteilt werden. Naproxen ist zugelassen ab dem 12. Lebensjahr, als orale Dosis werden initial 500 mg Naproxen empfohlen, bei Bedarf zusätzlich 250 mg nach sechs Stunden (Tageshöchstdosis 1250 mg Naproxen). Wird mit der Einnahme ein bis zwei Tage vor Einsetzen der Menstruation begonnen, kann die Wirkung verbessert werden. Doch nicht jeder Wirkstoff wirkt bei jeder Frau gleichermaßen. Manchmal müssen verschiedene Wirkstoffe ausprobiert werden. Bei jüngeren Mädchen ist auf eine altersgerechte Dosierung zu achten. Paracetamol gilt aufgrund der Hepatotoxizität und der schlechteren Wirksamkeit nicht als Mittel der ersten Wahl. Acetylsalicylsäure ist ebenfalls keine geeignete Option, da es die Blutung möglicherweise verstärkt. Schlägt die Therapie mit NSAR fehl und finden sich keine psychosomatischen Gründe für die Schmerzen, lassen sich mit Ovulationshemmern die Schmerzen meist reduzieren. Bei Frauen, die ohnehin verhüten möchten und bei denen keine Kontraindikationen bestehen, ist dies eine gute Option. Besteht kein Verhütungswunsch, kann eine Gestagen-Monotherapie (2 mg Chlormadinonacetat, 2 mg Dienogest), in der zweiten Zyklushälfte Linderung bringen. Deutlich besser wird die Dysmenorrhö nach einer Geburt.
Oder doch eine Endometriose?
Bei einer primären Dysmenorrhö ist keine gynäkologische Untersuchung erforderlich. Anders bei Verdacht auf eine sekundäre Dysmenorrhö. Spätestens wenn NSAR und Ovulationshemmer nicht zu einer Linderung der Beschwerden führen, aber auch bei extrem starken Blutungen oder Schmerzen, sollte eine organische Ursache der Dysmenorrhö abgeklärt werden. Möglich sind eine Endometriose oder auch anatomische Anomalien, die zu Abflussstörungen führen. |
Literatur
Brühwiler H et al. Primäre Dysmenorrhoe. Schweiz Med Forum 2006;6:919-922
Bartley J. Dysmenorrhö bei jungen Mädchen. Arbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendgynäkologie, Endometriosezentrum Charité und Abteilung für gynäkologische Endokrinologie, Campus Charité Benjamin Franklin, Berlin, www.kindergynaekologie.de
Frauenärzte im Netz, www.frauenaerzte-im-netz.de
Brucker C et al. Dysmenorrhoe bei Jugendlichen: Invasive Diagnostik – ab wann? Gynäkologische Endokrinologie 2004;2:70-76
Lesen Sie hierzu auch den Artikel "Zickig in der zweiten Zyklushälfte" in dieser Ausgabe der DAZ.
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