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Arzneimittel und Therapie
Eine Viererpille gegen Hypertonie
Pilotstudie zeigt effektive Wirkung und weniger Nebenwirkungen
Bei Blutdruckwerten über 140 mmHg systolisch und/oder über 90 mmHg diastolisch besteht eine leitliniengerechte Therapie aus Lebensstilintervention und Pharmakotherapie. Meist wird mit einer Monotherapie begonnen, wobei eine Dosistitration empfohlen wird, bis der Zielblutdruck erreicht ist. Die Einstellung ist aufwendig, und der Zielblutdruck wird trotz Kombinationstherapie oft nicht erreicht, wobei Nebenwirkungen den Therapieerfolg limitieren.
Die Idee dahinter
Mit der Kombination mehrerer Arzneistoffe in einer Darreichungsform wird versucht, die Tablettenlast zu reduzieren und damit die Adhärenz zu verbessern. Je niedriger die Dosis, desto geringer die Gefahr von Nebenwirkungen. In einer australischen Pilotstudie wurde die Wirkung einer Viererpille untersucht, in der die vier in Australien gängigsten Antihypertensiva in einem Viertel ihrer Standarddosis kombiniert wurden: Irbesartan 37,5 mg, Amlodipin 1,25 mg, Hydrochlorothiazid 6,25 mg und Atenolol 12,5 mg. Eingeschlossen wurden 21 Patienten mit neu diagnostizierter, bisher unbehandelter Hypertonie. Diese wurden 1 : 1 in die Placebo- bzw. Interventionsgruppe (Viererpille) randomisiert. In den ersten vier Wochen sollten die Probanden einmal täglich, am besten morgens, ihr Arzneimittel (Placebo bzw. Viererpille) einnehmen. Daran schloss sich eine Wash-out-Phase von zwei Wochen an, in der beide Gruppen kein Arzneimittel erhielten. Anschließend bekamen sie die jeweils andere Medikation für vier Wochen. Vor Beginn und nach jeder vierwöchigen Behandlungsphase wurden die Blutdruckwerte bestimmt.
Effekt der Viererpille
Die Patienten waren durchschnittlich 58 Jahre alt und hatten zu Beginn Blutdruckwerte von 140/87 mmHg (± 9/8 mmHg). Nach vierwöchiger Behandlung mit der Viererpille war der Blutdruck Placebo-korrigiert um 18,7 mmHg systolisch (95%-Konfidenzintervall [KI] 14,3 – 23,0) und 14,2 mmHg diastolisch (95%-KI 11,5 – 16,9) gesunken. Mit der Viererpille erreichten alle 18 Patienten einen Zielblutdruck unter 140/90 mmHg. Unter Placebo wurde dies von sechs (33%) Teilnehmern erzielt. Ein Patient musste die Therapie mit der Viererpille wegen Schwindelgefühlen vorübergehend unterbrechen. Ansonsten traten keine Nebenwirkungen auf.
Kontroverses Polypillenkonzept
Mit einer Polypille gegen Hypertonie sollen die Adhärenz verbessert und Nebenwirkungen reduziert werden. In der australischen Pilotstudie wurde der Blutdruck mit der Viererkombination effektiv gesenkt, wobei kaum Nebenwirkungen auftraten. Allerdings wird das Konzept der Polypillen immer wieder stark diskutiert. Eine retrospektive Studie zeigte, dass Patienten eher dazu neigen, eine Polypille abzusetzen als die Einnahme aller Einzelpräparate zu beenden. Bei der australischen Viererpille ist zudem kritisch anzumerken, dass von 55 gescreenten Patienten elf Personen aufgrund von absoluten Kontraindikationen wie Gicht, Asthma und Hyperkaliämie nicht in die Studie aufgenommen werden konnten.
Fazit
Die Kombination mehrerer Antihypertensiva in niedriger Dosierung mit der Intention, Nebenwirkungen zu reduzieren und einen optimalen Effekt zu erzielen, ist ein grundsätzlich interessanter Ansatz. Hierbei müssen die Wirkstoffe und ihre Dosis jedoch mit Bedacht ausgewählt werden, damit eine solche Viererpille am Ende nicht zu vielen Patienten aufgrund von Kontraindikationen vorenthalten werden muss. |
Quelle
Deutsche Gesellschaft für Kardiologie – Herz- und Kreislaufforschung e. V., Deutsche Hochdruckliga e. V. ESC Pocket Guidelines. Management der arteriellen Hypertonie; Stand 2013
Chow CK et al. Quarter-dose quadruple combination therapy for initial treatment of hypertension: placebo-controlled, crossover, randomised trial and systematic review. Lancet 2017, Epub ahead of print
Edalat A. Die Eine gegen DAZ 2017, Nr. 5, S. 42
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