- DAZ.online
- DAZ / AZ
- DAZ 10/2017
- Antibiotika dringend ...
Arzneimittel und Therapie
Antibiotika dringend gesucht!
Welche Bakterien stehen auf der Fahndungsliste der WHO?
Die Liste wurde unter Federführung von Prof. Evelina Tacconelli vom Universitätsklinikum Tübingen auf der Grundlage von Expertenmeinungen und evidenz-basierten Daten erstellt. Die Bakterien-Familien werden darin entsprechend ihrer Priorität in drei Kriterien eingeteilt.
Höchste Priorität
Besonders kritisch ist die Lage bei Acinetobacter baumannii,Pseudomonas aeruginosa und der Familie Enterobacteriaceae, darunter Klebsiella pneumonia,Escherichia coli und Vertreter der Gattung Enterobacter, Serratia, Proteus, Providencia und Morganella, die allesamt Resistenzen gegen Carbapeneme entwickelten. Enterobacteriaceae bilden zudem Extended-Spectrum-Betalaktamasen (ESBL) und zeigen sich teilweise unempfindlich gegen Cephalosporine der 3. Generation. Diese multiresistenten Keime treten vor allem in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen auf. Besonders gefährdet sind Patienten, die beatmet werden oder intravenöse Katheter tragen. Bei ihnen kann es zu schweren, potenziell tödlich verlaufenden Infektionen wie Sepsis und Pneumonie kommen.
Hohe Priorität
Etwas weniger dringend, aber dennoch möglichst bald sollten auch alternative Antibiotika gegen folgende Bakterien gefunden werden:
Enterococcus faecium und Staphylococcus aureus sprechen nicht mehr zuverlässig auf das Reserveantibiotikum Vancomycin an. S. aureus ist zudem resistent gegen Methicillin (MRSA).
Der Magenkeim Helicobacter pylori verliert langsam seine Empfindlichkeit gegenüber Clarithromycin, das sowohl Bestandteil der französischen als auch italienischen Triple-Therapie ist. Campylobacter, Salmonellen und Neisseria gonorrhoeae haben mittlerweile Resistenzen gegen Fluorchinolone entwickelt.
Mittlere Priorität
Besorgniserregend, aber momentan noch im gelben Bereich ist Streptococcus pneumoniae: Der Erreger von Pneumonien reagiert nicht mehr ausreichend auf Penicillin. Bei Haemophilus influenzae, einem häufigen Erreger von Atemwegsinfektionen, sollte man sich nicht mehr auf Ampicillin verlassen, bei Durchfall-verursachenden Shigellen nicht auf Fluorchinolone.
Wo bleiben die Mykobakterien?
Mykobakterien, inklusive Mycobacterium tuberculosis, tauchen in der aktuellen Prioritätenliste nicht auf, obwohl die Angst vor multiresistenten MDR-Stämmen und extrem resistenten XDR-Stämmen wächst. Die Verfasser begründen dies damit, dass für diese Krankheitserreger bereits erhöhte Alarmbereitschaft herrscht und sogar spezielle Programme laufen, sodass eine Aufnahme in die Liste redundant wäre.
Die erste globale Liste resistenter bakterieller Erreger stand auch auf der Tagesordnung beim Treffen der G20-Gesundheitsminister vergangene Woche in Berlin. Sie ist ein Appell, in Bezug auf Antibiotika-Resistenzen aktiv zu werden. „Auch nur etwas länger zu warten, wird weitere Probleme für die öffentliche Gesundheit verursachen und die Behandlung von Patienten auf dramatische Weise beeinträchtigen.“ unterstrich Tacconelli die Dringlichkeit des Themas. |
Quelle
World Health Organization. Global priority list of antibiotic-resistant bacteria to guide research, discovery, and development of new antibiotics (verfügbar unter www.who.int)
WHO publishes list of bacteria for which new antibiotics are urgently needed. Pressemitteilung der WHO vom 27. Februar 2017
0 Kommentare
Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.