Gesundheitspolitik

Botanicals in der Grauzone

Bionorica scheitert mit Klage vor dem EuGH

BERLIN (ks) | Enttäuschung für Phyto-Hersteller: Der Europä­ische Gerichtshof (EuGH) hat eine Klage von Bionorica abgewiesen, mit der das Unternehmen die Untätigkeit der EU-Kommission bei der Umsetzung der Health-Claims-Verordnung beanstandet hat. Allerdings erfolgte die Abweisung aus formellen Gründen. Das Gericht befand durchaus, dass die Kommission sich zu viel Zeit gelassen hat.

Es geht um die Health-Claims-Verordnung aus dem Jahr 2006. Sie legt fest, dass gesundheitsbezogene Angaben zu Lebensmitteln nur noch gestattet sind, wenn sie wissenschaftlich bewertet und von der EU-Kommission zugelassen sind. Eine Positivliste für solche Werbeaussagen sollte her. Dies geschah im Hinblick auf diverse Vitamine und Spurenelemente auch. Die Überprüfung der gesundheitsbezogenen Aussagen zu pflanzlichen Stoffen und Zubereitungen – sog. „Botanicals“ – wurde jedoch zurückgestellt. Und seitdem ruht das Vorhaben. Ein Ärgernis für die Hersteller pflanzlicher Arzneimittel. Sie beklagen einen Wettbewerbsnachteil und zudem eine Irreführung der Verbraucher. Denn Nahrungsergänzungsmittel mit Pflanzenstoffen dürfen munter mit gesundheitsbezogenen Aussagen beworben werden. Bionorica hatte bereits 2014 Klage wegen der Untätigkeit erhoben. Doch dem Unternehmen war kein Erfolg in Luxemburg beschieden. Zwar erkennen die Europarichter auch in der aktuellen Entscheidung an, dass die Kommission zeitlich hinterhinkt und Bionorica unzureichend über den Stand der Dinge informiert hat. Allerdings fehle dem Unternehmen als Arzneimittelhersteller das Rechtsschutzbedürfnis.

„Schlag für die Verbraucher“

Bionorica-Chef Prof. Dr. Michael Popp sprach von einem „Schlag für die Verbraucher!“. „Viele meinen ja, dass sie ein geprüftes Arzneimittel kaufen, weil sie falschen Werbeversprechen glauben.“ Auch Dr. Norbert Gerbsch, stv. Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Pharmazeutischen Industrie (BPI), zeigte sich enttäuscht: „Das Gericht hat versäumt, der Kommission ein zeitliches Limit zu setzen, um nicht genehmigte Werbeaussagen zu unterbinden. Es darf also weiterhin der Eindruck erweckt werden, dass ungeprüfte, pflanzliche Lebensmittel einen gesundheitlichen Zusatznutzen haben. Die Verbrauchertäuschung wird auf unbestimmte Zeit mit dem Urteil manifestiert.“ Er sieht nun die Politik gefordert: „Sie muss endlich auf die zügige und vollständige Umsetzung der Verordnung drängen“, so Gerbsch. |

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