Management

Konzentriert Euch!

Effektiver arbeiten ohne Ablenkung

Multitasking – das ist doch Alltag in der Apotheke! Ständig seine Arbeit unterbrechen? Normal! Zuerst das Wichtigste tun, alles andere können wir irgendwann erledigen – leider bleibt auf diese Weise viel liegen. In der Eile vergessen wir so einiges, das fällt uns dann zu Hause ein, womöglich gar nachts. Konzentrationsmangel muss nicht der Normalfall sein, es geht auch anders! Von Ute Jürgens

Viel zu tun ist in den meisten Apotheken ohnehin, herrscht doch mittlerweile in zahlreichen Betrieben Personalmangel. Die Gleichzeitigkeit von Aufgaben im HV, in der Rezeptur oder in der Verwaltung trägt zu einem ständigen Hin- und Herspringen bei. Die einzige Aufgabe, die wir von A bis Z in einem Rutsch erledigen, ist die Beratung eines Kunden. Alles andere wird häufig unterbrochen. Muss das so sein?

Wir haben beständig den Kopf voll mit unerledigten Aufgaben, oft genug kommt uns die Übersicht abhanden – das Gefühl, nicht genug zu tun, bleibt. Es geht nicht nur um uns selbst, sondern wir haben auch die Kolleginnen* im Blick: Wie kommen die anderen zurecht, können sie mir etwas abnehmen oder sind sie auch überladen und sollte ich ihnen beispringen? Unsere Aufmerksamkeit ist meistens geteilt statt fokussiert.

Der Psychologe Daniel Goleman ist überzeugt, dass unsere Konzentrationsfähigkeit für Erfolg und Lebensglück eine wichtige Kompetenz ist, leider sind wir uns dessen nicht bewusst. Golemann: „Die Fähigkeit, aufmerksam zu sein, bestimmt darüber, wie wir Aufgaben bewältigen. Ist sie eingeschränkt, schneiden wir schlecht ab; ist sie besser ausgebildet, erbringen wir gute Leistungen.“ Im Prinzip ist das klar, wieso arbeiten wir dann dem entgegengesetzt und tun alles andere, als unsere Konzentration zu stärken?

Foto: Contrastwerkstatt – Fotolia.com
Kurz durchatmen geht immer Bei Stress kurz zu pausieren, ist besser für die Aufmerksamkeit und Konzentration, als hektisch und genervt weiterzuarbeiten. Vor allem wenn man merkt, dass man schon fahrig ist und der Überblick fehlt.

Dinge erledigen statt aufschieben

Häufig genug schieben wir ungeliebte anstrengende Arbeiten auf und erledigen zunächst kleinere, die uns rasche Zufriedenheit verschaffen. Ein Beispiel: Ich schreibe diesen Beitrag und habe beständig die kurzen Weihnachtsbriefe im Kopf, die ich gerne an meine Kunden schicken möchte. Eine starke Verlockung, der ich nicht nachgeben will, die aber beharrlich ruft. Leider sind die kleinen einfachen oft die unwichtigeren Tätigkeiten, mit denen wir uns von bedeut­sameren Arbeiten abhalten. Sie versprechen aber eine warme ­Dopamindusche des Erfolgsgefühls. Geben wir dem nach, kommt irgendwann das schlechte Gewissen – die konzentrationsaufwendige Aufgabe wartet und wartet und wartet! Manchmal ist sie mit Unsicherheit verbunden, die jedoch meist verschwindet, sobald wir erst einmal anfangen. Das haben Sie sicher schon erlebt, rufen Sie es sich ins Gedächtnis, wenn Sie sich beim Aufschieben erwischen!

Entlasten Sie Ihr Gehirn!

Bei unseren vielfältigen Tätigkeiten, dem Analysieren und inner­lichen Sortieren, den unzähligen Reizen, die auf uns einprasseln, ist der frontale Kortex gefragt. Irgendwann ist er überlastet und die Konzentration leidet, wir sind zerfahren, verzetteln uns und brauchen viel länger, da wir nun unfähig zu zielgerichteter Arbeit sind. Mit einem Trick können wir das Gehirn entlasten: Wir schütten gezielt Dopamin aus. Das klappt zum Beispiel mit Optimismus – sagen Sie sich: „Das schaffe ich, es ist gut machbar!“ oder „Bald habe ich es hinter mir!“.

Eine andere Möglichkeit: Bewegung. Sie brauchen jetzt nicht Klimmzüge in der Apotheke zu machen oder um den Block zu jagen – ein paar Atemübungen, einige schnelle Schritte und ein bisschen frische Luft reichen.

Die Aufmerksamkeit verbessern

„Konzentration ist die Kunst, dort zu sein, wo man ist“, so der Philosoph und Pädagoge Andreas Tenzer. Doch wie kommen wir dorthin? Mit Aufmerksamkeit nur für wichtige Dinge ist schon viel geschafft. Lassen Sie sich nicht von Kleinigkeiten ablenken – das fängt bei Geräuschen an und hört bei ständigem Maileingang auf dem privaten Handy auf. Die Aufmerksamkeit wird zudem besser, wenn wir rechtzeitig pausieren, danach arbeiten wir effektiver. Hangeln wir uns dagegen von einer Tätigkeit zur nächsten, lässt die Konzentration zwangsweise nach, wir werden uneffektiv und brauchen länger, auch für einfache Dinge.

Wenn es um das große Ganze geht, hilft die „BE-SMART-Erfolgsformel“, die Nicole Frenken und Susanne Pillokat empfehlen. Dabei steht das „B“ für bedeutsam, Ihr Ziel sollte Ihnen wichtig sein, zum Beispiel eine gute Aktionsvorbereitung. Das „E“ steht für emotional, d. h. ich bleibe dran, weil etwas mich bewegt und ich engagiert bin. Ist das so oder reizt gerade diese Aufgabe eine Kollegin viel mehr? Dann steht eventuell ein Tausch an. Das „S“ steht für spezifisch: nicht irgendwann irgendeine Aktion, sondern genau diese. Ein anderes Beispiel: Nicht „Ich sollte die Protokolle schneller schreiben, anstatt nur entsprechende Notizen zu machen“, sondern „Ich denke daran, sofort nach Abschluss der Rezeptur das Herstellungsprotokoll anzufertigen, ich bleibe dran“. Das „M“: messbar! Aus „Ich will schneller arbeiten“ wird „In Zukunft arbeite ich so konzentriert, dass ich für ein Protokoll nur noch drei Minuten brauche“.

Gelassenheit entsteht in der Konzentration auf das Wesentliche.

Bruno Schulz

Klarheit hilft ebenso der Konzentration auf die Sprünge, nicht Nebulöses. Das „A“: Mein Ziel ist attraktiv, ich will es unbedingt erreichen. Das Ziel ist zudem „R“= realistisch, also gut und stressfrei erreichbar. Und abschließend das „T“ = terminlich ­fixiert.

Zu Beginn trainieren Sie das Vorgehen nach diesem Modell am besten schriftlich, später reicht es in Gedanken, jedenfalls bei kleineren Vorhaben. Eine andere Anwendungsmöglichkeit, sich mithilfe von „BE-SMART“ besser zu konzentrieren und zügiger vorzugehen, ist das Einarbeiten einer neuen Kollegin. Sie läuft nicht irgendwie mit, sondern ich überlege mir schon vor ihrem Kommen, wie wir unser Ziel der schnellen Einarbeitung nach diesem Modell erreichen. So zerfasert das Vorhaben nicht, sondern wir bleiben dran, nach Plan.

Was bringt Sie am ehesten aus dem Tritt bei der Arbeit? Die Kollegin, die auf Sie einredet? Zu lautes Sprechen im HV? Ständiges Telefonklingeln und keine weiß: Wer von uns geht ran? Werden Sie sich darüber klar und versuchen Sie, es abzustellen bzw. besser zu organisieren. Muss immer das ganze pharmazeutische Personal vorne sein und sich bei der Beratung abwechseln? Es ergibt zum Beispiel mehr Sinn, wenn die PTA zwei Stunden ununterbrochen Laborprüfungen macht, anstatt mittendrin nach vorne zu rennen. Nach dieser Zeit ist sie dann nur im HV und die Approbierte widmet sich im Büro der Verwaltungsarbeit.

Ebenfalls wichtig: Nach der Arbeit den gesamten Feierabend ein weiteres Programm zu absolvieren, ist kontraproduktiv. Pro Tag sollte mindestens eine halbe Stunde Zeit da sein für ruhige Musik, Träumen, Zeichnen, Atemübungen, Achtsamkeitstraining etc.

Die Konzentration steigern

  • Ablenkungen so weit wie möglich reduzieren.
  • Eigene Störfaktoren finden und ausschalten.
  • Sich auf eine Sache fokussieren statt viele Dinge auf einmal anzufangen.
  • Eine optimistische Einstellung zu der Aufgabe.
  • Physische Bedürfnisse befriedigen: Essen, Trinken, Wärme, Pause.
  • Stress reduzieren.

Bei Stress reagieren wir nicht mehr aus dem Frontallappen, sondern aus dem limbischen System. Das bedeutet, dass mehr impulsive statt überlegte Handlungen stattfinden. Hier startet so mancher Teufelskreis, da Impulsivität mit dem entsprechenden Tunnelblick nicht unbedingt zu den besten Entscheidungen führt. Das Ergebnis: Noch mehr Stress, heißt es doch, gemachte Fehler wieder geradezurücken.

Bedeutend für die Aufmerksamkeit ist also eine gute Einteilung der eigenen Kräfte und des Teams: jede an ihrem Platz und dort konsequent dranbleiben. Voraussetzung ist hier natürlich eine dichte statt dünne Personaldecke, daran führt kein Weg vorbei. Sicher gibt es Zeiten, wo alle mehr als normal leisten müssen; ist das jedoch ein Dauerzustand, trägt es zu Unkonzentriertheit und Erschöpfung bei und die Teammitglieder suchen sich eine bessere Arbeitsstelle.

Die „Managementvordenker“ Anja Förster und Peter Kreuz betonen, dass jeder für sich die Entscheidung treffen kann, wie er arbeiten will, und dass dazu der Mut gehört, vertraute Bahnen zu verlassen. In ihrem Buch „Hört auf zu arbeiten!“ fordern sie dazu auf, nicht auf andere zu warten, wenn sich etwas ändern soll, ­sondern sich auf die eigene Macht und die eigenen Fähigkeiten zu verlassen – im Großen wie im Kleinen. Schauen Sie Ihren Arbeitsplatz an, wo fangen Sie persönlich an, die Dinge und sich selbst mehr in Ruhe zu bringen und besser zu organisieren? Was machen Sie morgen anders? Welche Aufgaben haben Sie bisher immer vor sich hergeschoben und erledigen sie nun ganz konzentriert gleich zu Beginn des Tages?

Ich für meinen Teil gehe jetzt endlich schöne Briefe schreiben! |

Ute Jürgens

Ute Jürgens ist Kommunikationstrainerin mit Spezialisierung auf die Heilberufler, Dipl. Erwachsenenpädagogin und PTA, www.kommed-coaching.de


* Da die überwiegende Anzahl der Apothekenmitarbeiter weiblich ist, schreibe ich in der weiblichen Form. Männliche Kollegen dürfen sich gerne mit angesprochen fühlen.


Literatur

Anja Förster, Peter Kreuz:

Hört auf zu arbeiten! Eine Anstiftung, das zu tun, was wirklich zählt.

Pantheon Verlag,
ISBN: 978-3-641-08742-5



Nicole Frenken, Susanne Pillokat-Tangen

Erfüllter und Erfolgreicher leben – Mein bestes Jahr 2017,Life + Work Book.

Verlag: Mein bestes Jahr@communication
Frenken. ISBN: 978-3-000-53465-2



Daniel Goleman

Konzentriert Euch! Eine Anleitung zum modernen Leben.

Piper Verlag ISBN: 978-3-492-05652-6





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