Foto: Nestor – stock.adobe.com

Management

Aktiv zuhören – mehr erfahren

Wie Sie Kundengespräche optimieren können

Kunden erklären in der Apotheke oft umständlich und ausführlich, was ihnen fehlt. Dann fällt Zuhören nicht leicht, weil der Apothekenleiter bzw. -mitarbeiter die Kernaussage heraus­hören muss, um punktgenau zu beraten.

Die direkte Aussage des Kunden ist leichter zu verstehen. Sagt der Kunde, er habe starke Halsschmerzen und brauche sofort ein wirksames Medikament, handelt es sich um die direkte Aussage. Durch einen Kommentar und seine Körpersprache macht er auch eine indirekte Aussage: „Ich muss beruflich viel telefonieren und meine Stimme versagt allmählich.“ Damit kommt seine Ungeduld zum Ausdruck. Dem Kunden mit voller Aufmerksamkeit zu­zuhören, heißt, die direkte und indirekte Aussage zu erkennen.

Die Tagesform und Ablenkungen durch andere Kunden können die Konzentration beim Zuhören verringern. Der Apothekenleiter bzw. -mitarbeiter folgt dem Kunden zwar noch akustisch, kann aber indirekte Botschaften nicht wahrnehmen, der Informationsverlust wirkt sich in der Beratung negativ aus. Aufmerksames Zuhören heißt, sich nicht schon eine eigene Antwort zu überlegen, während der Kunde noch spricht. Die gedankliche Vorbereitung der eigenen Antwort verringert die Bereitschaft des Zuhörens (s. Kasten „Akustische Wahrnehmung“).

Akustische Wahr­nehmung

Hören 
Die direkte Aussage des Kunden wird nur akustisch angenommen.

Hinhören 
Aufnehmen, was der Kunde sagt, ohne herauszufinden, was hinter seiner Botschaft steckt, was er außerdem noch meint.

Zuhören 
Sich in den Kunden und seine Aussage hineinversetzen, ihm die volle Aufmerksamkeit schenken. Die indirekte Aussage wahrnehmen und darauf reagieren.

Die Rolle als aktiver Zuhörer

Passives Zuhören beschränkt sich nur auf die Informationsaufnahme. Aktives Zuhören ist durch Zeichen des Verstehens und zusätzliche Signale spürbar. Zuhören soll erkennbar sein, was durch Blickkontakt und Kopf­nicken geschieht. Missverständnisse lassen sich durch aktives Zuhören vermeiden, die Beratung kann punktgenau erfolgen. Es gibt verschiedene Möglichkeiten des aktiven Zuhörens:

Äußerungen quittieren: Mit Bestätigungswörtern der Aufmerksamkeit wie „hm, ja, aha, gut“ quittiert der Apothekenleiter bzw. -mitarbeiter, dass er verstanden hat. Zwischendurch eingestreut, gelten diese Wörter nicht als Unterbrechung, wirken nicht störend. Damit zeigt er, dass er zuhört, er vermittelt seinem Kunden Sicherheit und schafft Vertrauen. Die Aufnahme der Information wird vom Kunden als Beweis gewertet, dass er im Mittelpunkt steht. Die Informationsaufnahme ist aber nicht gleichzusetzen mit Zustimmung.

Inhalte aufgreifen: Dabei wiederholt man die Aussage des Kunden kurz. Typischer Satzbeginn: „Sie meinen also ...“, „Damit wollen Sie sagen, dass ...“, „Sie denken dabei offenbar an ...“, „Ihnen ist es wichtig, wie ...“. Mit der schlagwortartigen Wiederholung prüft der Apothekenleiter bzw. -mitarbeiter, ob er richtig verstanden hat, und der Kunde kann korrigieren oder ergänzen. Sätze dieser Art können auch in Form der Verständnisfrage gestellt werden: „Meinen Sie damit …?“ Oder: „Wollen Sie damit sagen …?“ „Denken Sie dabei an …?“ Verständnisfragen bringen Detailinformationen, die in der Beratung hilfreich sind. Hat man das Anliegen des Kunden richtig verstanden, wird er dies durch eine kurze Bestätigung quittieren.

Kunden werten eine Rückfrage des Apothekenleiters bzw. -mitarbeiters als ein Signal, dass dieser sich um Verstehen bemüht, dass er nicht nur hört, sondern zuhört. Man kann die Aufmerksamkeit auch auf die Gefühle des Kunden richten, den emotionalen Aspekt ansprechen. Beispiel bei einer Kundenbeschwerde: „Sie waren also von der Wirkung der Creme enttäuscht?“ Kunde: „Nicht nur das, ich war verärgert über den hohen Preis.“ So erfährt man, was den Kunden noch verärgert hat, und kann darauf reagieren.

Rückgriff vornehmen: Wenn man auf einen bereits besprochenen Punkt später zurückkommt, beweist man erstklassiges Zuhören. Beispiel: „Sie hatten vorhin gesagt, dass …“ heißt für Kunden, dass ihr Gegenüber sich noch an ihre Aussage erinnert und die Antwort daran orientiert. Das erfordert aber höchste Konzentration und ist bei längeren Beratungsgesprächen nicht leicht. Man schafft damit eine Atmosphäre des Vertrauens, der Kunde fühlt sich wertgeschätzt, er spürt, dass man sich in ihn hineinversetzt.

Zuhören Das 4-Stufen-System.

Themenzentriertes Unterbrechen

Unterbrechungen sind ein Verstoß gegen gutes Zuhören. Für den Kunden wirkt das Unterbrechen unhöflich, und manchmal redet er auch einfach weiter und lässt sich nicht ins Wort fallen. Trotzdem sind Unterbrechungen gelegentlich nötig. Denn es gibt Kunden, die lange und umständlich ihr Befinden beschreiben, ohne Punkt und Komma sprechen und sich dabei wiederholen. Das Grund­problem: Dem Apothekenleiter bzw. -mitarbeiter wird das Gespräch praktisch aus der Hand genommen. Meist fällt es schwer, den Kunden zu unterbrechen, weil man noch auf wichtige Informationen von ihm wartet und außerdem höflich sein will. Je länger der Redeschwall eines Kunden dauert, desto schwieriger ist es, ihn zu unterbrechen und zum Thema zurückzuführen.

Hilfreich ist die „N.E.B. Regel“ – damit kann man unterbrechen, ohne unhöflich zu wirken. Dabei beginnt man immer mit dem Namen (N) des Kunden, dann folgt die Entschuldigung (E) und zum Schluss die Begründung (B): „Herr Meier, entschuldigen Sie, wenn ich Ihnen ins Wort falle, aber bevor Sie sich weiter äußern sollte ich wissen, ob Sie eine Allergie haben.“ So kann man den Redefluss stoppen, ohne dass man den Kunden verärgert oder wichtige Infos von ihm versäumt.

Foto: Nestor – stock.adobe.com
Freundlicher Blickkontakt und gutes Zuhören zeigen dem Patienten, dass er jetzt die Hauptperson ist. Durch Nachfragen kann man dann im Beratungsgespräch sicherstellen, dass der Patient alles Wichtige richtig verstanden hat.
Checkliste aktives Zuhören
ja
nein
Ich sehe meinen Kunden an, wenn er mir etwas sagt.
Ich wiederhole die Kernaussage seiner Botschaft.
Ich sende Aufmerksamkeitssignale (hm, aha, so).
Ich hinterfrage, um Missverständnisse zu verhindern.
Ich lasse meinen Kunden möglichst immer aussprechen.
Ich fasse Gesprächsinhalte zusammen.
Ich vermeide lange, umständliche Aussagen.

Je häufiger Sie „Ja“ angekreuzt haben, desto besser.

Der Kunde in der Rolle des Zuhörers

Zuhören fällt dem Kunden aufgrund seines gesundheitlichen Zustands nicht immer leicht. Was er zwar akustisch verstanden hat, vermag er nicht immer nachzuvollziehen. Der Apothekenleiter bzw. -mitarbeiter kann nicht erkennen, ob der Kunde ihm folgen kann, und Kunden haben nicht immer den Mut nachzufragen. Aus Furcht, sich zu blamieren, stellen Kunden oft auch keine weiteren Fragen – man hat also den Eindruck, dass alles klar ist. Wie soll der Apothekenleiter bzw. -mitarbeiter in der Rolle des Senders bemerken, dass dem Kunden als Empfänger etwas unklar geblieben ist? Etwas Abhilfe bringt die Methode K.I.S.S. („Keep it simple and short“, „Halte es einfach und kurz“). Man erleichtert dem Kunden das Zuhören, wenn man in kurzen Sätzen spricht und in einen Satz nicht mehrere Informationen packt. Zuhören wird einfacher, wenn man die Informationsdichte senkt. Noch immer gilt die Regel, für jede Information einen getrennten Satz zu sprechen. Lange Sätze mit vielen Informationen sind schwer zu verstehen.

Die Verlängerung der Sätze durch das Bindewort „und“ strengt beim Zuhören an. Der Kunde kann das Gesagte besser verdauen, wenn man zwischen zwei Aussagen eine kurze Sekundenpause einlegt. Auch das Redetempo spielt eine Rolle. Je schneller man redet, desto mehr leidet die Verständlichkeit. Eine verständliche Ausdrucksweise ist von zentraler Bedeutung und ist trainierbar. Hierbei spielt auch das Niveau des Kunden eine Rolle.

Kunden senden auch Signale mangelnder Aufmerksamkeit, die der Apothekenleiter bzw. -mitarbeiter erkennen kann. Wer wegschaut, den Blickkontakt meidet, ist nicht voll bei der Sache. An Fragen und Kommentaren des Kunden erkennt man, ob er zugehört und ob er Aussagen verstanden hat.

Manche Informationen sind so ausführlich, dass sie langweilen, und der Kunde mit seinen Gedanken schon beim Thema Preis ist: „Was kostet das? Will ich mir das leisten?“ Der Apothekenleiter bzw. -mitarbeiter sollte Details nur bringen, wenn der Kunde danach fragt. Will der Kunde alles wissen? Muss er jedes Detail kennen? Ein „Overkill“ an Informa­tionen kann auch verwirren. Der Grad der Aufmerksamkeit verringert sich für den Kunden mit der Dauer des Zuhörens. Je länger die Beratung dauert, desto anstrengender ist es für den Kunden zuzuhören. Der Aufmerksamkeitsgrad beim Zuhören kann gesteigert werden, wenn man bildhaft spricht, Beispiele nennt.

Nicht zu vergessen ist, dass auch Emotionen das Zuhören beeinflussen. Hat der Kunde Vertrauen zu seinem Gegenüber? Kennt er ihn bereits? Findet man sich sympathisch? Gute Beziehungen sind eine gute Basis für den Austausch an Informationen und erleichtern das Zuhören.

Übrigens: Schwerhörige Kunden erkennt man daran, dass sie sich etwas vorbeugen, die Distanz zum Sprechenden so verringern wollen. Dies ist eine stillschweigende Aufforderung des Kunden an sein Gegenüber, lauter zu sprechen.

Gesendete Signale des Kunden erkennen
Kundenverhalten
Bedeutung
Kunde unterbricht
Desinteresse, er hört nicht zu
Kunde schaut sich um
Unaufmerksamkeit, Ablenkung
Kunde zeigt keinen Blickkontakt
Kunde ist gedanklich woanders
Kunde schüttelt den Kopf
Ablehnung, er ist anderer Meinung
Kunde schaut sein Gegenüber an
Interesse, Aufmerksamkeit

Signale, die der Kunde sendet

Aufmerksamkeitssignale des Kunden zeigen seine Bereitschaft zu­zuhören. Stimmt der Blickkontakt oder ist er mit Unterlagen oder dem Rezept beschäftigt? Jede Nebenbeschäftigung kann ablenken und beeinträchtigt die Aufnahme von Informationen. Durch Visualisierung lässt sich Aufmerksamkeit erzielen, denn ein Bild sagt mehr als 1000 Worte. Bilder dringen ins Langzeitgedächtnis des Kunden vor und verankern sich dort. Kunden senden beim Zuhören Signale, sie teilen sich mit, ohne ein Wort zu sagen. Durch genaues Beobachten kann man die Signale erkennen (s. „Gesendete Signale des Kunden erkennen“). |


Rolf Leicher, Kommunikationstrainer, Oberer Rainweg 67, 69118 Heidelberg,
autor@deutsche-apotheker-zeitung.de


Buchtipp: CheckAp Kundengespräch

Im Kundengespräch ist es wichtig, was Sie sagen. Noch wichtiger ist es, wie Sie es sagen! Durch genaues Beobachten und klug formulierte Fragen kann man (fast) jeden Kunden für sich gewinnen.

Die Autorin der in der CheckAp-Reihe erschienenen Publikation, Dr. Kirsten Lennecke, hat an der Freien Universität Berlin Pharmazie studiert und promoviert. Ihre Arbeitsbereiche umfassen die Tätigkeit als Angestellte in einer öffentlichen Apotheke, Referentin im Dritten Abschnitt der Apothekerausbildung in Niedersachsen zum Thema „Patientenberatung in der Apotheke“, Referentin zahlreicher Vorträge zum Thema Kommunikation und aktive Beratung, Coaching von Apotheken und Teamschulungen. Sie schreibt aus der Apothekenpraxis für die Apothekenpraxis und ist zudem Autorin zahlreicher anderer Bücher.

Kirsten Lennecke

CheckAp Kundengespräch

3., überarbeitete Auflage 2015.

196 S., 21 s/w Abb., 10 s/w Tab.

Kartoniert, 19,80 Euro

Deutscher Apotheker Verlag

ISBN 978-3-7692-6438-8


Einfach und schnell bestellen: 
Deutscher Apotheker Verlag, Birkenwaldstraße 44, 70191 Stuttgart
Telefon 0711 2582-341, Telefax 0711 2582-290
E-Mail: service@deutscher-apotheker-verlag.de

Das könnte Sie auch interessieren

So fühlen Sie sich in die Vorstellungswelt des Kunden ein

Authentisch und glaubwürdig beraten

Richtig kommunizieren mit dem unsichtbaren Kunden

Visitenkarte Telefon

Nonverbale Kommunikation im Kundengespräch

Körpersprache verstehen und einsetzen

Wie Sie aus einem Gespräch eine Win-win-Situation machen

Die Kunst des Zuhörens

Wenn der Kunde im psychologischen Nebel steht

Argumentationsverzicht im Kundengespräch

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.