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Gesundheitspolitik
Aut-idem-Kreuz schlägt Rabattvertrag
Im Verhältnis zum Originalarzneimittel sind die entsprechenden Importpräparate häufig wirtschaftlicher. Ist der Import mindestens 15 Prozent oder 15 Euro günstiger als das Bezugsarzneimittel, so tut die Apotheke gut daran, diesen abzugeben, zumindest solange die Importquote noch nicht erfüllt ist. Aut-idem-Kreuz oder nicht, spielt dabei keine Rolle. Original und Import gelten als identisch.
Gibt es aber einen Rabattvertrag, so ist das Rabattvertragsarzneimittel abzugeben – gleich, ob dieser über das Original oder den Import besteht. Und das soll selbst dann gelten, wenn der Arzt das Aut-idem-Kreuz gesetzt hat. Denn schließlich sind auch hier ein Original und sein Import das gleiche Arzneimittel – sie sind nicht nur wirkstoffgleich wie Original und Generikum.
Sozialgericht Koblenz: Urteil blieb Einzelfallentscheidung
So war es allgemeine Auffassung, bis im Jahr 2014 ein Urteil des Sozialgerichts Koblenz genau andersherum entschied: Aut-idem-Kreuz schlägt Rabattvertrag. Das Koblenzer Gericht wertete die ärztliche Therapiehoheit höher als das Interesse der Krankenkassen am Sparen und machte einer Kasse bei ihrem Retax-Versuch gegenüber einer Apotheke einen Strich durch die Rechnung.
Die Entscheidung sorgte für einige Unruhe bei Apothekern und Krankenkassen – was sollte nun gelten? Da die in Koblenz unterlegene Kasse das Urteil akzeptierte, kam es nie zu einer höchstrichterlichen Entscheidung. Letztlich blieb es damit eine Einzelfallentscheidung. Und nach einigen Wirren kam man wieder zu der allgemeinen Auffassung, dass der Rabattvertrag im Fall von Original versus Import doch das Aut-idem-Kreuz überstrahlt. Im vdek-Arzneiversorgungsvertrag wurde dies mittlerweile sogar ausdrücklich klargestellt.
§ 4 Abs. 12 vdek-Arzneiversorgungsvertrag
„Hat der Vertragsarzt ein Fertigarzneimittel unter seinem Produktnamen und/oder seiner Pharmazentralnummer unter Verwendung des Aut-idem-Kreuzes verordnet, ist dies im Verhältnis von importiertem und Bezugsarzneimittel mangels arzneimittelrechtlicher Substitution unbeachtlich. Dies gilt nicht, wenn der Arzt vermerkt hat, dass aus medizinisch-therapeutischen Gründen kein Austausch erfolgen darf.“
Und auch die im Mai 2016 beschlossenen neuen Retax-Regeln im Rahmenvertrag über die Arzneimittelversorgung besagen nun, dass es – bei der Berücksichtigung von Rabattverträgen – kein Retax-Grund ist, wenn ein Apotheker trotz angekreuztem Aut-idem-Feld Original statt Import oder umgekehrt abgibt (§ 3 Abs. 1 Nr. 7 b. (1) RahmenV).
Dennoch hat jetzt erneut ein Sozialgericht im Sinne der Koblenzer Richter entschieden: Die DAK-Gesundheit hatte einen Apotheker retaxiert, der den verordneten Copaxone Reimport statt des rabattierten Originals abgegeben hatte. Doch nun hat das Sozialgericht Bremen die Ersatzkasse verurteilt, knapp 1300 Euro nebst Zinsen an den Apotheker zurückzuzahlen.
Therapiehoheit des Arztes hat Vorrang
Das Gericht führt sowohl die Verpflichtungen der Apotheke zur Abgabe von Importen als auch von Rabattarzneimitteln nach § 129 Abs. 1 SGB V auf. Dabei kommt es zu dem Schluss, dass die Voraussetzungen für die bevorzugte Abgabe eines Rabattarzneimittels hier nicht erfüllt waren. Der Arzt habe nicht nur einen Wirkstoff, sondern ein ganz bestimmtes Arzneimittel verordnet und bewusst den Austausch ausgeschlossen. „Damit hat er im Rahmen seiner Therapiehoheit als Arzt der abgebenden Apotheke Vorgaben gemacht, die von dieser nicht hinterfragt werden durften“, heißt es im Urteil – verwiesen wird dabei auf das Koblenzer Urteil.
Mit dem vdek-Arzneiversorgungsvertrag setzt sich das Gericht nicht auseinander.
Die DAK-Gesundheit hat nun die Möglichkeit, beim Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen Berufung einzulegen. Es ist nicht ausgeschlossen, dass diesmal eine höchstrichterliche Entscheidung herbeigeführt werden soll, um endgültig Klarheit ins Dickicht um Importe, Originale, Aut-idem-Kreuz und Rabattverträge zu bringen. |
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