Gesundheitspolitik

Kommentar: Alternativlos

Christian Rotta

Dass aufseiten der Apotheker die Prozessführung im Rx-Versand-Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof suboptimal verlief, ist inzwischen ein offenes Geheimnis. Zu sehr hatte sich die Berliner Standesführung auf die bisherige Rechtsdogmatik der Luxemburger Richter in „Apotheken-Fällen“ verlassen – auch dann noch, als nach einer flattrigen mündlichen Verhandlung und dem Plädoyer des polnischen Generalanwalts der grenzüberschreitende Preis-GAU absehbar wurde. Das Ergebnis ist bekannt: An nicht weniger als sechs Stellen schrieb der EuGH in seinem Urteil der deutschen Seite ins Stammbuch, keine plausiblen Belege, Daten und Fakten vorgetragen zu haben, um die Geeignetheit und Verhältnismäßigkeit der Rx-Preisbindung für den Erhalt der flächendeckenden Arzneimittelversorgung zu untermauern. Stattdessen seien nur „allgemeine Aussagen und Überlegungen“ vorgetragen worden.

Umso notwendiger ist es, dass jetzt ein wettbewerbsökonomisches Gutachten des Gesundheitsökonomen Professor Uwe May, der Politikwissenschaftlerin Cosima Bauer und des Juristen Heinz Uwe Dettling vorliegt, mit dem gleichermaßen plausibel wie fakten- und datengetränkt belegt wird, was die Luxemburger Richter in ihrem folgenreichen Urteil ignorieren zu können glaubten (siehe nebenstehenden Bericht). Das Gutachten schließt die „Lücke im Tatsächlichen“, die der ­EuGH als offene Flanke für seine zynische und selektive Entscheidung genutzt hatte. Das ebenso einfache wie überzeugende Fazit der Gutachter: Ein Rx-Versandhandelsverbot in Deutschland ist nicht nur verfassungs- und europarechtskonform, sondern auch wohlfahrts- und gesundheitsökonomisch effizient und kosteneffektiv. Kurzum: Es ist für ein flächendeckendes Apo­theken-Netz und eine lückenlose Arzneimittelversorgung ohne tragfähige Alternative.


Dr. Christian Rotta, Geschäftsführer des Deutschen Apotheker Verlags

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