Gesundheitspolitik

Rx-Versandverbot: Die Fronten sind verhärtet

Fachgespräch im Bundestag ohne Ergebnis/SPD-Fraktion einig pro Versand

BERLIN (bro/cha) | Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe tut sich weiterhin schwer damit, sein geplantes Rx-Versandverbot durchzusetzen. Der für vergangenen Dienstag angesetzte Koalitionsausschuss, bei dem das Rx-Versandverbot auf der Tagesordnung stand, musste wegen einer Erkrankung von CSU-Chef Horst Seehofer ausfallen.

Auch ein Fachgespräch im Bundestag, an dem u. a. die stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden Georg Nüßlein (CSU) und Karl Lauterbach (SPD) teilnahmen, führte zu keinem Ergebnis. Unterdessen haben die SPD-Bundestagsabgeordneten des eher konserva­tiven Seeheimer Kreises und der „Parlamentarischen Linken“ sich in einer gemeinsamen Presseerklärung dezidiert für den Erhalt des Rx-Versands ausgesprochen. Angesichts derart verhärteter Fronten könnte ein Machtwort der Spitzenpolitiker für Klarheit sorgen. Einen Termin für den ausgefallenen Koalitionsausschuss gibt es derzeit noch nicht, aber er wird in Kürze stattfinden. Doch die Zeit könnte den Apothekern davonlaufen …

Bekanntlich muss das Rx-Versandverbot nicht nur das übliche Gesetzgebungsverfahren durchlaufen, sondern es muss auch ein Notifizierungsverfahren auf EU-Ebene eingeleitet werden. Da mit dem Ende der Legislaturperiode alle noch nicht vom Bundestag beschlossenen Gesetzgebungsverfahren hinfällig werden, ist die Einführung des Rx-Versands auch ein Wettlauf mit der Zeit.

Auf diesen Zeitfaktor setzt die SPD: Dem Vernehmen nach sollen bei dem Fachgespräch im Bundestag die SPD-Vertreter darauf hingewiesen haben, dass ihr Vorschlag aus ihrer Sicht zeitlich und politisch leichter umzusetzen sei als das Rx-Versandverbot. Zur Erklärung: Die in der SPD-Fraktion für das Thema Apotheken zuständige Sabine Dittmar und der Vorsitzende des Ausschusses für ­Gesundheit Edgar Franke wollen, dass Zuwendungen im Zusammenhang mit der Abgabe verordneter Arzneimittel im Sozialrecht (§ 129 SGB V) verboten werden. Allerdings sollen die im Heilmittelwerbegesetz vorgesehenen Ausnahmen gelten, soweit die Bagatellgrenze von einem Euro nicht überschritten wird.

Dem hielt die ABDA entgegen, dass ein solches Vorgehen nach dem EuGH-Urteil schlichtweg nicht mehr möglich sei: Man könne insbesondere den auslän­dischen Versendern nach dem EuGH-Urteil nicht mehr einen Boni-Deckel vorschreiben, weil die Unternehmen sich laut Urteil nicht mehr an die Preisbindung halten müssten.

In einem Punkt könnte das Gespräch dennoch einen Fortschritt gebracht haben: Dittmar hatte immer wieder darauf hingewiesen, dass der Wegfall des Rx-Versandes für Menschen, die auf Spezialversender angewiesen sind, ein Pro­blem werden könnte. Diskutiert wurde inzwischen, ob man für diesen Markt im Versandverbots-Gesetz eine Ausnahme schaffen könnte. Hier soll die ABDA mittlerweile ein Problembewusstsein entwickelt und konstruktiv versucht haben, eine Lösung zu finden.

Immerhin können die Apotheker weiterhin auf die Unterstützung der Union setzen. Dem Vernehmen nach sollen sich sowohl Georg Nüßlein (CSU) als auch Michael Hennrich (Arzneimittelexperte der CDU) für das Rx-Versandverbot stark gemacht haben. Vergangenen Mittwoch hatte Nüßlein noch in einem Zeitungsbericht in Aussicht gestellt, sich auf den „Boni-Deckel“ der SPD einzulassen. Nur kurze Zeit später hieß es aber aus Unionskreisen, dass Nüßlein falsch zitiert worden sei.

Ebenso klar positioniert sich die SPD-Bundestagsfraktion für den Versand: Am vorigen Donnerstag veröffentlichten der linke und rechte Flügel eine Mitteilung unter dem Namen „Kein Verbot des Versandhandels mit verschreibungspflichtigen Medikamenten – Versorgungssicherheit für Patienten braucht beides: lebensfähige Apotheken und Versandhandel“. Wörtlich heißt es dort: „Wir lehnen ein Verbot des Versandhandels ab. Ein Verbot ist keine Lösung für die Herausforderungen der Gesundheitsversorgung sowohl in Ballungsgebieten wie auf dem Land. Wir brauchen beides: Lebens- und leistungsfähige Apotheken ebenso wie einen Versandhandel für diejenigen Patienten, die einen langen oder zu beschwerlichen Weg bis zur nächsten Apotheke haben oder die auf Rezepturen durch Spezialversender angewiesen sind. Beides ist aus unserer Sicht mitein­ander in Einklang zu bringen.“

SPD in den Bundesländern für Rx-Versandverbot

Bemerkenswerterweise denken allerdings Sozialdemokraten in den Bundesländern ganz anders über das Rx-Versandverbot: So sagte Niedersachsens Gesundheitsministerin Cornelia Rundt der Bundesratsinitiative aus Bayern, den Rx-Versand zu verbieten, ihre Unterstützung zu. Und auch in Nordrhein-Westfalen sieht die SPD-Fraktion im Landtag die Notwendigkeit, die Apotheker mit einem Verbot zu unterstützen. |

Lesen Sie hierzu auch den Kommentar "Eine Frage der Perspektive" von Frau Dr. Christine Ahlheim in dieser Ausgabe der AZ.

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