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Die verrückten Lebenslinien
Fortbildungsseminar „Pharmako-logisch! – Neuroleptika und Schizophrenie“
Als Ursache wird eine gestörte Neuroevolution diskutiert, keine Neurodegeneration. Neben einer erblichen Komponente können auch frühe Stressereignisse eine Rolle spielen. Schon in der Kindheit treten oft erste Symptome auf. Rückblickend heißt es dann: „Der war schon immer so komisch“. Gekennzeichnet ist der schizophrene Formenkreis durch vielgestaltige psychopathologische Symptome. Akustische Halluzinationen, Beziehungswahn, Misstrauen, Affektverflachung, desorganisierte Sprache und Gedankenlautwerden gehören dazu. Charakteristisch ist eine mangelnde Krankheitseinsicht. Die Symptomatik wird unterschieden in ein „Zuviel“ (Plus-Symptomatik) und ein „Zuwenig“ (Minus-Symptomatik). Problematisch ist das große Risiko der Fremd- und Eigengefährdung. Häufig kommt es zu Unfällen, wenn Betroffene von Fluchtimpulsen getrieben wahllos davonstürmen. Dahinter steckt oft reine Verzweiflung, nur selten Aggression. Eine Störung der Dopamin-Transmission scheint eine entscheidende Rolle zu spielen. Eine erhöhte Freisetzung von Dopamin im limbischen System führt zu Positiv-Symptomen, die verminderte Dopamin-Transmission im frontalen Kortex korreliert mit Negativ-Symptomen. Die antipsychotische Wirkung der Neuroleptika korreliert dosisabhängig mit dem Ausmaß der D2-Hemmung. Dabei verbessert eine Blockade von mehr als 70% der Rezeptoren die therapeutische Wirkung nicht, erhöht aber die Nebenwirkungen.
Adhärenz ist entscheidend
Schizophrenie ist nicht heilbar, und Neuroleptika müssen jahrelang eingenommen werden. Da aber meist die Krankheitseinsicht fehlt, ist eine gute, motivierende Beratung gefordert. Eine lange, konsequente Einnahme dient der Prophylaxe einer erneuten Episode. Nach einer ersten Episode sollten die Arzneimittel sechs bis zwölf Monate weiter eingenommen werden, nach der zweiten Episode ein bis zwei Jahre, und tritt eine dritte Episode auf, so muss lebenslang therapiert werden. „Neuroleptika haben Vorfahrt“, so Herdegen. Wird z. B. zusätzlich zu Quetiapin aus aktuellem Anlass noch Clarithromycin verordnet, so warnen die Datenbanken, da das Antibiotikum ein Cytochrom-P4503A4-Inhibitor ist und in den Quetiapin-Metabolismus eingreift. Dann sollte auf keinen Fall das Neuroleptikum abgesetzt, sondern ein anderes Antibiotikum gewählt werden. Auch während einer Schwangerschaft können und müssen Neuroleptika gegeben werden. Präferiert werden Quetiapin und Risperidon, denn zu diesen Wirkstoffen liegen die meisten Daten vor. Zudem wirkt Quetiapin auch nicht anticholinerg. Problematisch ist die Gewichtszunahme, die zwar kein Klasseneffekt der Neuroleptika ist, aber unter einigen Wirkstoffen (z. B. Clozapin, Olanzapin, Chlorpromazin) auftreten kann. Bewegung und Kalorienrestriktion konsequent einzuhalten, schafft kaum ein Schizophrener. Hier sollte mit dem Arzt über einen Wechsel der Therapie gesprochen werden. |
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