DAZ aktuell

Unterschriftenaktion irritiert

Gesundheitspolitiker sehen Gefahr pauschaler Europa-Kritik

BERLIN (ks) | Noch vor Weihnachten soll in allen Apotheken die Unterschriftenaktion der ABDA zum Schutz des Gesundheitssystems vor „gefährlichen Einflüssen von außen“ starten. Aus der Politik gab es schon vorab Kritik am Tonfall der Kampagne.

Die ABDA hatte vergangene Woche ihre Unterschriftenaktion vorgestellt: Nun sollen auch die Patienten mobil gemacht werden – gegen das EuGH-Urteil zur Preisbindung und die damit verbundenen Rx-Boni von EU-Versandapotheken. Neben den Unterschriftenlisten und weiteren Materia­lien, wie etwa Plakaten, liefert die ABDA den Apotheken Informations-Flyer für ihre Kunden. Darauf wird auf Gefahren „von außen“ hingewiesen und darauf, dass „aktuelle EU-Entscheidungen“ die Apotheke vor Ort bedrohten (siehe hierzu AZ Nr. 50, 2016; S 1). Das EuGH-Urteil an sich spart der Flyer aus. Er weist aber darauf hin, dass im schlimmsten Falle beispielsweise Rezepturen für kranke Kinder, notwendige Beratungen für Schwangere und Chroniker sowie Apotheken-Dienste in Notfallsituationen wegfallen könnten. Die Apotheken sollen ihren Kunden dann erklären, was genau sie zu der Kampagne bewegt.

Blaulicht in Rot: Mit diesem Flyer sollen die Apotheken ihre Kunden über gefährliche Entscheidungen der EU informieren.

Fakten statt Ängste

Die SPD-Apothekenexpertin Sabine Dittmar äußerte gegenüber DAZ.online kein Verständnis für dieses Vorgehen: „Die Apothekerschaft hat aus meiner Sicht bessere Argumente als diese populistische Unterschriftenaktion, die in keiner Weise den Sachverhalt wiedergibt, um ihren Stellenwert im Gesundheitssystem deutlich zu ­machen. Anstatt Ängste zu schüren und antieuropäische Stimmung zu verbreiten, erwarte ich von einer Standesvertretung wie der ABDA, dass sie eine faktenbasierte Debatte führt.“

Und auch der für Arzneimittel und Apotheken zuständige CDU-Politiker Michael Hennrich sagte gegenüber DAZ.online: „Ich teile die Sorge vieler niedergelassenen Apotheken, dass nach dem EuGH-Urteil Rabatte beim Rx-Versandhandel die flächendeckende Arzneimittelversorgung mit hochwertiger und individueller Beratung gefährdet ist. Ich rate allerdings davon ab, daraus eine pauschale Europa-Kritik abzuleiten. Vielmehr geht es darum, die SPD – auch mit diesen Unterschriften – davon zu überzeugen, ein europarechtskonformes Rx-Versandhandelsverbot mit durchzusetzen.“

Die gesundheitspolitische Sprecherin der Linksfraktion, Kathrin Vogler, zeigte sich ebenfalls irritiert: „Der Stil des ABDA-Aufrufs gefällt mir nicht. Fundierte EU-Kritik ist sicher gut und notwendig und wir streiten gerne mit der ABDA gegen den Versandhandel und den zunehmenden Einfluss der Großkonzerne aufs Gesundheitswesen. Aber dabei überzeugen Argumente doch mehr als Ängste zu schüren vor den ‚gefährlichen Einflüssen von außen‘“. Mit dem eigentlichen Ziel geht die Linksfraktion jedoch d‘accord. Sie hatte vergangene Woche selbst einen Antrag eingebracht, mit dem sie die Bundesregierung aufforderte, einen Gesetzentwurf vorzulegen, der den Rx-Versandhandel verbietet. |

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