DAZ aktuell

Mylan versorgt im Alleingang

In Baden-Württemberg ist Mylan der einzige Grippeimpfstoff-Hersteller mit Rabattvertrag

BERLIN (ks) | In Baden-Württemberg sollen die Grippeimpfstoffe für gesetzlich Krankenversicherte in den kommenden beiden Saisons nur noch von der Mylan Healthcare GmbH kommen. Nachdem das Unternehmen zunächst das Los „Fertigspritze mit Kanüle“ gewonnen hatte, hat es nun auch das zweite Los – „Fertigspritze ohne Kanüle“ – übernommen. Das Sozialministerium des Bundeslandes hält dies für unkritisch.
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Von Mylan oder von Mylan? Die Frage, von welchem Impfstoffhersteller man in Baden-Württemberg in den kommenden zwei Grippe-Saisons Impfstoff für GKV-­Versicherte beziehen kann, lässt sich relativ schnell beantworten.

Im April hatte die AOK Baden-Württemberg im Namen aller gesetzlichen Kassen im Bundesland die Versorgung mit Grippeimpfstoffen öffentlich ausgeschrieben. Gesucht wurden zwei Vertragspartner: Einer für den Impfstoff als Fertigspritze mit Kanüle, einer für die Fertigspritze ohne Kanüle. Im Juni hob die AOK das Ausschreibungsverfahren für das Fachlos „Impfstoff als Fertigspritze ohne Kanüle“ mangels zuschlagsfähiger Angebote auf. Die Mylan Healthcare GmbH erhielt als einziger Bieter den Zuschlag für das Los mit Kanüle.

Es folgte ein im Vergaberecht übliches Verhandlungsverfahren, um das zweite Los doch noch zu besetzen. Doch mittlerweile haben die baden-württembergischen Kassen bekannt gegeben, dass sie den Mylan bereits bestehenden Vertrag auf das zweite Los erweitern. Denn weder im Vergabe- noch im Verhandlungsverfahren habe man einen anderen Vertragspartner finden können.

Gesetz fordert Verträge mit mindestens zwei Unternehmen

Dies macht angesichts der gesetzlichen Vorgaben für Impfstoffausschreibungen stutzig: Nach § 132e Abs. 2 Satz 4 SGB V sind Impfstoff-Rabattverträge „mit mindestens zwei pharmazeutischen Unternehmern innerhalb eines Versorgungsgebietes zu schließen“. Diese Bestimmung wurde 2014 in das Sozialgesetzbuch V eingefügt, nachdem es bei rabattierten Grippeimpfstoffen zu erheblichen Engpässen gekommen war.

Die für die Ausschreibung federführende AOK Baden-Württemberg wollte sich auf Nachfrage nicht dazu äußern, wie ihr Vorgehen mit den gesetzlichen Vorgaben zu vereinbaren ist. Auskunft gab hingegen das Ministerium für Soziales und Integration Baden-Württemberg – die zuständige Aufsicht der AOK. Das Ministerium erklärte, seiner Einschätzung nach sei das Vorgehen der Krankenkassen rechtlich nicht zu beanstanden. Schließlich hätten sie von vornherein eine europaweite Ausschreibung gestartet, die auf den Abschluss von Rabattverträgen mit zwei Unternehmen abzielte – so wie es die gesetzlichen Vorgaben vorsehen. Mylan sei jedoch die einzige Impfstoffherstellerin gewesen, die sich an den Vergabeverfahren beteiligt habe, weshalb mit ihr zunächst ein Vertrag über ein Fachlos abgeschlossen worden sei. Dass Mylan nun im Rahmen einer Vertragsänderung auch für die Versorgung mit Influenza-Impfstoffen ohne feststehende Kanüle zuständig ist, sei nach dem Vergaberecht möglich.

Ministerium: Nicht-Teilnahme war nicht absehbar

Warum? Die Krankenkassen konnten die Nichtbeteiligung aller anderen Impfstoffhersteller an der Versorgung der Versicherten mit Influenza-Impfstoffen nicht vorhersehen. Dazu das Ministerium: „Auch § 132e Abs. 2 Satz 4 SGB V steht nach hiesiger Einschätzung dem im konkreten Fall nicht entgegen, da diese Regelung im Lichte des Vergaberechts so auszulegen ist, dass Verträge mit mehreren pharmazeutischen Unternehmen nur dann gefordert werden können, wenn im Vergabeverfahren mehrere zuschlagsfähige An­gebote eingegangen sind.“

Das Vorgehen entspreche auch der Intention sozialrechtlicher Regelung, die Versorgungssicherheit der Versicherten zu gewährleisten. Denn die Krankenkassen hätten nun zwei Influenza-Impfstoffe unter Vertrag. Auch wenn Mylan deren Lieferfähigkeit in beiden Fällen sicherstellen muss – das Unternehmen dürfte höchstes Interesse daran haben, dass hier nichts schief geht. Denn sonst drohen Vertragsstrafen und Schadensersatzansprüche.

Letztlich räumt das Sozialministerium aber auch ein: „Gleichwohl ist für zukünftige Ausschreibungen zu hoffen, dass sich wieder mehr pharmazeutische Unternehmer beteiligen werden.“

Dauerbrenner Impfstoff-Liefereng­pässe. |

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