Prisma

Neues Opioid PZM21

Structural Design verkürzt die Präklinik

cae | Obwohl Biologika den Großteil der Arzneimittelinnovationen ausmachen, haben die kleinen Mole­küle noch nicht ausgedient. Neue Wirkstoffkandidaten entstehen durch Structural Design am Computer und können gleich darauf erste experimentelle Tests durchlaufen, so aktuell das Opioid PZM21.

Von den fünf Opioidrezeptoren dürfte der µ-Opioidrezeptor (µOR) am bedeutendsten sein, sowohl bezüglich der endogenen Liganden (Endorphine, Enkephaline) als auch der als Arznei- und Suchtstoffe bekannten Opiate und Opioide. Durch ihre Bindung an µOR entfalten die meisten Opioide den größten Teil ihrer analgetischen Wirkung, die allerdings auch mit Nebenwirkungen verbunden ist. Problematisch ist hier vor allem die längerfristige Anwendung mit Dosissteigerungen aufgrund einer Toleranzentwicklung, die wiederum mit dem intrazellulären Protein β-Arrestin-2 zusammenhängt: Nach seiner Aktivierung wird µOR phosphoryliert, worauf das ebenfalls aktivierte β-Arrestin-2 an µOR bindet und die Signaltransduktion hemmt. Ein dermaßen desensitivierter µOR ist nicht mehr voll funktionsfähig und wird deshalb durch Endozytose in der Zelle abgebaut; es dauert einige Zeit, bis er durch einen neuen µOR ersetzt ist; bei langfristiger Applikation eines µOR-Agonisten sinkt die Anzahl funktioneller µOR. Dadurch können – je nach seiner Struktur – vor allem dessen erwünschte Wirkungen nachlassen, während die unerwünschten Wirkungen konstant bleiben.

Ein internationales Team von Wissenschaftlern in den USA und Deutschland, in dem neben dem Nobelpreisträger Brian Kobilka (Chemie, 2012) auch der Pharmazeutische Chemiker Peter Gmeiner in Erlangen mitwirkt, hatte im vergangenen Jahr mithilfe der hochauflösenden Röntgenstrukturanalyse (bis 2,1 Å) ein dreidimensionales Modell des aktivierten µOR präsentiert, das den Ausgangspunkt für die Suche nach neuen synthetischen Liganden bildete. Gesucht war ein Molekül, das ein möglichst starker µOR-Agonist ist, während es das β-Arrestin-2 möglichst wenig aktiviert, um die Sensitivität des µOR voll zu erhalten.

Am Computer erfunden und experimentell getestet: das Opioid PZM21.

Durch ein Computerprogramm wurden in kurzer Zeit über drei Millionen potenzielle µOR-Agonisten in silico getestet, von denen nur 23 aussichtsreich erschienen und in vitro getestet wurden. Unter ihnen wurde PZM21 für Tests an Labormäusen ausgewählt, die aus Sicht der Autoren sehr zufriedenstellend verliefen. |

Quellen

Huang W, et al. Structural insights into μ-opioid receptor activation. Nature 2015;524:315-321

Manglik A, et al. Structure-based discovery of opioid analgesics with reduced side effects. Nature; Epub 17.8.2016

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