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Apotheken
Pharmazeutische Chancen
Naturheilkunde, ARMIN, Seminare, Teambildung – warum Sebastian Michael gerne Apotheker ist
Nach dem Pharmaziestudium in Leipzig und seiner Promotion macht sich der gebürtige Sachse Sebastian Michael 2009 selbstständig, er übernimmt die traditionsreiche Löwen-Apotheke im sächsischen Waldheim, einer Kleinstadt, die idyllisch in einem Talkessel liegt, durch den die Zschopau fließt. Es ist dieses Flüsschen, das Mitte August 2002 eine Jahrhundertflut brachte: Sie überschwemmte die Stadt Waldheim und mit ihr die Löwen-Apotheke am Obermarkt. „Die erst vor zehn Jahren renovierten Apothekenräume standen rund 80 cm unter Wasser“, weiß Michael von seinem Vorgänger, „die Apotheke musste aufgrund der entstandenen Schäden eine Woche lang geschlossen bleiben.“ Doch das ist mittlerweile Geschichte.
Die etwas andere Apotheke
Es gibt sie, die Apotheken, die eine besondere Philosophie haben, die außergewöhnliche Ideen verwirklichen oder eine besondere Stellung haben. Kurzum, Apotheken, die anders sind als andere. In unserer Rubrik „Die etwas andere Apotheke“ stellen wir solche Apotheken vor. Dieses Mal besuchten wir die Löwen-Apotheke in Waldheim, die eine starke naturheilkundliche Ausrichtung hat, aber auch Pilot-Apotheke bei ARMIN (Arzneimittelinitiative Sachsen/Thüringen) ist, einem Modellprojekt, das die Machbarkeit des Medikationsmanagements in Zusammenarbeit mit den Ärzten erprobt.
Gelebte Naturheilkunde
Mit Homöopathie hat er zu Beginn seines Pharmaziestudiums noch wenig im Sinn. Erst als er während der Diplomarbeit mit homöopathischen Fragestellungen und Arbeiten konfrontiert wird, erweckt diese Therapierichtung seine Neugierde. Er arbeitet sich rasch ein – und wird überzeugter Homöopath. Die nachfolgende Promotion im Fachgebiet Pharmakologie befasste sich mit phytotherapeutischen Fragestellungen.
Heute ist die Naturheilkunde für Sebastian Michael weit mehr als nur ein nettes Beratungsangebot am Rand des HV-Tisches. Er lebt sie. So bittet er seine Kunden und Patienten für eine tiefergehende naturheilkundliche Beratung in sein Arbeitszimmer: „Die Kunden finden das toll, dass sich der Apotheker selbst die Zeit nimmt, um ausführlich mit ihnen zu reden.“ Für die Beratung verlangt er übrigens nichts.
Virtuos spielt er auf dem Klavier der Homöopathie und der Phytotherapie – und sollte es ein passendes Stück nicht geben, dann schreibt er es selbst, sprich, er setzt auch eigene Rezepturen und Urtinkturen an. Stolz zeigt er mir im Kühlraum den Erlenmeyer-Kolben, in dem gerade eine Urtinktur mit Katzenhaaren angesetzt ist – similia similibus curentur.
Aber er empfiehlt nicht nur homöopathische Einzelmittel. Mit Begeisterung kombiniert er Homöopathika, kreiert eigene Komplexhomöopathika, nimmt Anleihen in der Phytotherapie und empfiehlt gerne ein pflanzliches Mittel in Kombination mit einem homöopathischen Mittel. „Ich habe festgestellt“, sprudelt es aus ihm heraus, „dass gerade das Zusammenspiel eines Phytopharmakons mit einem Homöopathikum einen beschleunigenden, einen Boostereffekt auf die Heilung ausübt.“ Gelernt hat er das beim Homöopathen Dr. Wiesenauer, „das ist mein Lehrer, das ist meine Schule, ganz klar“, so Sebastian Michael, „heute diskutieren wir gemeinsam, was wir so kombinieren können.“
Seine Kunden und Patienten fordert er immer wieder dazu auf, Rückmeldung zu geben, wie ihnen die empfohlenen Präparate geholfen haben, welche Erfahrungen sie damit gemacht haben. „Das ist für einen selbst wichtig, um sich weiterzuentwickeln, und es ist für die Patienten ganz wichtig, weil sie sich wahrgenommen, beachtet fühlen“, so Michael.
Rezeptur und Defektur – aber sehr gerne!
Rezeptur und Defektur liegen ihm am Herzen, wie er mir berichtet. Er scheut sogar nicht davor zurück, eine eigene Analytik zu entwickeln, um die selbst hergestellten Produkte zu überprüfen. Beispielsweise steht er einigen Salbengrundlagen des homöopathischen Arzneibuchs durchaus kritisch gegenüber. Und so arbeitet er einen Arzneistoff auch mal in eine andere Salbengrundlage ein, was nach seiner Auffassung einen besseren Effekt auf die Heilung ausübt. Die positiven Rückmeldungen der Patienten geben ihm Recht.
„Ich beobachte immer wieder, dass viele Kolleginnen und Kollegen gar nicht wissen, was sie können. Sie haben sogar Angst davor, das zu tun, was sie können. Schlimm ist es, dass die Apothekerschaft fast nie selbst gestaltet, sondern sich gestalten lässt“, fügt er hinzu, „das ist genau das Gegenteil von dem, was ich will.“ Sein Anliegen sei es, eine qualitativ hochwertige akademische Arbeit zu machen, „aber ich vergesse dabei nicht, dass der Apothekerberuf ursprünglich mal ein Handwerksberuf war. Ein Beruf, der auch selbst Arzneimittel herstellen kann“. Daher ist es für ihn auch selbstverständlich, regelmäßig an den Ringversuchen teilzunehmen, um die Rezepturqualität zu überprüfen.
Dass er in der Selbstherstellung nicht dogmatisch vorgeht, zeigt sein Umgang mit der Herstellung von eigenen Teerezepturen. Weil eine defekturmäßige Herstellung hier für ihn nicht infrage kam, er aber eigene Teekompositionen gerne für die Add-on-Empfehlung vorrätig halten möchte, bringt er die selbst hergestellten Tees lieber als Lebensmittel in den Verkehr und nicht als Arzneitee. Der einzige Nachteil bei dieser Vorgehensweise: Er darf z. B. einen Erkältungstee nicht als solchen bezeichnen. Stattdessen schreibt er dann auf die Packung: „Mach mich warm.“
Ein Apotheker zum Anfassen
„Für mich ist es wichtig, dass meine Kunden merken: Sie können mit mir reden, auch auf sächsisch“, lacht Michael, „und auch wenn ich ein ‚Doktor‘ bin. Ich gehe bewusst nicht mit einem Kittel in die Offizin. Meine Kunden finden es toll, dass ich mich nicht hinter dieser Uniform verstecke, das kommt bei den Leuten gut an.“
Niedrigpreise und Sonderangebote gibt es bei ihm nicht. „Ich habe einige Preise sogar angehoben bei Arzneimitteln, die ich für Unfug halte.“ Er hat das Glück, dass die Wettbewerbssituation in seinem Ort „entspannt“ ist. Nur noch eine weitere Apotheke und seine Löwen-Apotheke versorgen die rund 9000 Einwohner von Waldheim. „Aber ich würde es in einem anderen Umfeld nicht anders machen.“
Sogar auf Zugaben kann er weitgehend verzichten. „Und wenn wir zu besonderen Anlässen mal eine Zugabe mitgeben, dann soll sie sinnvoll sein.“ Er erinnert sich: „Der Renner waren einmal Hilfen zum Aufdrehen von Flaschen. Das ist das, was ich unter Zugabe verstehe, Dinge, mit denen der Kunde etwas Sinnvolles anfangen kann.“
Mit Ärzten musste er anfangs ab und an kleinere Konflikte durchstehen: „Die haben mich sogar schon mal am Telefon angegriffen, warum ich etwas Pflanzliches abgebe.“ Als er ihnen vermittelt, dass er die pflanzlichen und homöopathischen Arzneimittel empfiehlt, weil die Patienten die allopathischen Arzneimittel in ihren Schubladen liegen lassen, kann er viele Ärzte beschwichtigen.
Mittlerweile klappt die Kommunikation mit den Ärzten sehr gut, Patienten werden gezielt zur naturheilkundlichen Beratung zu ihm geschickt. Die Alltagskommunikation läuft meist auf dem Faxweg ab. „Ich habe mit meinen Mitarbeitern Vorgaben definiert, wie ein Fax, das aus unserer Apotheke kommt, auszusehen hat, mit ordentlicher Anrede und so. Das Problem wird dann kurz und unlyrisch beschrieben, und wir fügen einen Lösungsvorschlag hinzu: ‚Man könnte …, bitte entscheiden Sie.‘ Und so läuft es sehr gut.“
Was auf keinen Fall vorkommt: „Dass der Patient zum Arzt zurückgeschickt wird, um Unstimmigkeiten oder Formalitäten zu klären. Dafür kann doch der Patient nichts.“
Team, Fortbildung und mehr
Wie schafft man es, seine Mitarbeiter von den naturheilkundlichen Konzepten zu begeistern, sie zur Beratung in diesem Bereich zu motivieren? „Anfangs hatten sie Bedenken“, erinnert sich Michael, „sie waren sehr skeptisch, ob die Kunden die Zusatzempfehlungen annähmen. Aber ich ließ mich davon nicht beirren. Ich habe den Kunden jeweils Angebote gemacht, habe ihre Beschwerden hinterfragt. Und das hatte Erfolg. Meine Mitarbeiterinnen erlebten, dass Zusatzverkäufe nur dann geschehen, wenn man sie anbietet.“ Und das überzeugte.
Michael bezahlte seinen Mitarbeiterinnen Fortbildungsseminare, seine PTAs und Pharmazie-Ingenieure absolvierten beispielsweise die Fortbildung zur „Phyto-PTA“ und zur Homöopathie-PTA. Schon bald nach den Seminaren stieg der Umsatz im Phytosegment rasant an.
Ein Durchbruch kam, als er einen Kommunikationstrainer für sein Team einstellte – „das war der zündende Funke“, so Michael, „wichtig war es mir, dass es bei der Kommunikation nicht unbedingt auf den raschen Abverkauf möglichst vieler Packungen ankommt, mir liegen vielmehr sinnvolle Zusatzverkäufe am Herzen.“ Das Kommunikationstraining ist allerdings keine einmalige Sache. Michael engagiert den Trainer über mehrere Jahre vier Tage im Monat, jetzt noch alle sechs Wochen einen Tag in der Woche: „Das kostet zwar einiges, aber es lohnt sich auf alle Fälle“, so Michael.
Fortbildung wird bei ihm auch weiterhin groß geschrieben. Michael: „Man sollte drüber nachdenken, Fortbildung zur Pflicht zu machen, wie das auch bei Ärzten der Fall ist. DAZ und PZ zu lesen – das reicht nicht. Es gibt heute die unterschiedlichsten Möglichkeiten sich fortzubilden, angefangen beim Eigenstudium von Fachbüchern, dem Besuch von Kammerfortbildungen und großen Kongressen bis hin zur Teilnahme an Webinaren.“ Kein Wunder, Michael ist selbst Referent bei „Semedi“, einem unabhängigen Anbieter medizinischer Seminare, und bei der Fortbildung zum „Phyto-Apotheker“.
Das Team der Löwen-Apotheke Waldheim besteht aus zehn Personen, wobei sich der Chef selbst zum Team rechnet. Mit ihm arbeiten eine Apothekerin, drei Pharmazie-Ingenieure, drei PTA, eine Facharbeiterin und ein Fahrer.
Seine Mitarbeiterinnen bezahlt er übertariflich, das ist für ihn „keine Frage“, auch wenn seine Apotheke in Sachsen liegt, einem Bundesland, in dem sich der Apothekerverband aus dem Tarifvertrag ausgeklinkt hat. Und kritisch ergänzt er: „Abgesehen davon, einen Tarifvertrag, der auf den Berufsjahren eines Mitarbeiters aufbaut, finde ich unpassend. Die Entlohnung sollte vielmehr leistungsbezogen sein.“ Deswegen hat er für seine Apotheke entschieden, ein analoges LOB-Modell der TGL Nordrhein auf seine Apotheke anzuwenden, das eine tätigkeitsspezifische leistungsorientierte Bezahlung vorsieht. Und zwar so, dass auch die Arbeiten im Backoffice und die Arbeit als Team eine Rolle spielen und berücksichtigt werden.
Ein Motivationsschub für sein Team war es, als er die Arbeitsgebiete der Apotheke in Segmente gliederte und hierfür Mitarbeiterinnen verantwortlich einteilte.
„Außerdem“, so fügt er hinzu, „gebe ich meinem Team sehr viel Freiraum. Natürlich passiert dann schon mal der eine oder andere Fehler. Aber es ist wichtig, die Fehler nach innen zu diskutieren und nach außen hin zu korrigieren. Man darf Fehler machen, ich halte das für ganz natürlich. Aber ich möchte die Wiederholung vermeiden und deswegen wird darüber geredet.“ Das macht locker, seine Mitarbeiterinnen trauen sich etwas zu, übernehmen Verantwortung, weil sie wissen: Der Chef explodiert nicht, wenn mal etwas daneben geht. „Das ist im Übrigen auch etwas, was unserem Berufsstand fehlt: eine offene Fehlerdiskussion nach innen“, fügt Michael hinzu.
Und zum Teamgeist in der Löwen-Apotheke Waldheim gehört es auch, dass sich alle duzen: „Per Du kann man sich im Übrigen genauso gut streiten wie per Sie“, merkt Michael augenzwinkernd an.
Wenn er heute Mitarbeiter suchen müsste, hätte er schlechte Karten, wie er sagt. „Großstädte wie Leipzig und Dresden sind die Magnete, aber aufs Land wollen die wenigsten zum Arbeiten“, weiß Michael aus Erfahrung. „Deshalb haben meine Mitarbeiterinnen und ich auf unserer Agenda stehen: Entwicklung eines Konzepts für das Anwerben und Ausbilden von PTAs und Apothekern. Was kann man von uns lernen, was machen wir? Spiegelt sich das auf unserer Homepage wider? Die jungen Kolleginnen und Kollegen schauen sich nämlich immer die Homepages an. Wie begeistere ich junge Kollegen für meine Apotheke? Ein Pluspunkt bei uns: Wir machen bei ARMIN mit.“
ARMIN – eine echte Chance
Sebastian Michael ist Pilotapotheker bei der Arzneimittelinitiative Sachsen/Thüringen. Zusammen mit einem befreundeten Allgemeinmediziner, der rasch dafür zu begeistern war, nimmt er an diesem Modellprojekt teil. Michael evaluiert auch die Arbeitsunterlagen für die beteiligten Apothekerinnen und Apotheker, um die Durchführbarkeit und Machbarkeit der angebotenen Hilfen zu hinterfragen.
Bei den Besprechungen mit dem Arzt ist es für ihn spannend, dessen Argumente und Gedankengänge zur Festlegung der Therapie kennenzulernen. Aber auch der Arzt profitiert von der Herangehensweise und den Überlegungen des Apothekers zur Arzneimittelauswahl. „Wir haben mit zwei vermeintlich einfacheren Patientenfällen begonnen“, berichtet Michael, „es war allerdings erstaunlich, was sich bereits bei diesen Fällen an Optimierungsmöglichkeiten ergab. Und ruckzuck waren Medikamente von der Liste verschwunden – das muss man dann als Apotheker in Kauf nehmen“, lacht Michael. „Es ist spannend zu sehen, wie Therapie gestaltet wird. Dabei ist das kein Hexenwerk, sich daran zu trauen. Ich bitte den Patienten, alle seine Arzneimittel mitzubringen, um sie aufzulisten.“ Die Arzneimittelliste zusammen mit einer ersten Analyse besprechen dann Apotheker und Arzt gemeinsam und eruieren mögliche Probleme. „Es ist horizonterweiternd, die gegenseitigen Abwägungsprozesse darzulegen. Da stellt man schnell fest, dass vor allem multimorbide Patienten nicht in die Schemata ärztlicher Leitlinien passen. Und mitunter die Leitlinien selbst miteinander kollidieren. Es kommt dann doch auf die Erfahrung des Therapeuten an. Und wir brauchen den mitbeobachtenden Pharmazeuten, denn hier berichten die Patienten viel schneller über Probleme. Was wir ganz klar sehen: Patienten sind oft mit der Einnahme ihrer zahlreichen Tabletten überfordert – weil ihnen keiner erklärt, warum sie was einnehmen müssen.“
Seit einigen Monaten laufen beim ARMIN-Projekt die Wirkstoffverordnung, d. h., der Arzt verordnet Wirkstoffe anstelle von spezifischen Präparaten, und die Stufe 2, bei der dem Arzt die Auswahl des richtigen Wirkstoffs mithilfe eines Medikationskatalogs erleichtert wird.
Zum 1. Juli wurde die dritte Stufe des Modellprojekts gezündet: das Medikationsmanagement. Hier wird die gesamte Medikation einschließlich der Selbstmedikation überprüft, die Arzneimitteltherapiesicherheit (AMTS) bei multimorbiden Patienten optimiert und die Therapietreue der Patienten verbessert. „In Absprache mit dem Arzt und der AOK Plus nehmen wir hier Patienten auf, von denen wir oder die Krankenkasse meinen, dass sie compliancegefährdet sind bzw. von einem Management profitieren. Diese Patienten bitte ich zu einer Brown-bag-Analyse in die Apotheke. Ich sichte ihre Arzneimittel, liste sie auf, und bitte die Patienten zu erklären, warum und wann sie sie anwenden. Die Ergebnisse dieser Analyse gebe ich mittels sicherer Datenverbindung und Server an den Arzt weiter, damit er sich dies für seine medizinische Überprüfung durchsieht. Schließlich vereinbare ich mit dem Arzt einen direkten Termin, bei dem wir diesen Patientenfall besprechen, oder wir kommunizieren über den Server. Ich hoffe, dass wir regelmäßig Termine haben werden, wo wir über allgemeine und spezifische Probleme in regelmäßigen Abständen reden können“, ist Michael zuversichtlich. „Aus den Gesprächsergebnissen wird ein konsentierter Medikationsplan erstellt, beim dem dann das eine oder andere Arzneimittel entfällt. Es kann aber auch einmal eine sinnvolle Zusatzempfehlung hinzukommen“, weiß Michael.
Vorgesehen ist, dass die Patienten in der Folgezeit weiterbetreut werden. „Jede Veränderung im Medikationsplan wird für den heilberuflichen Partner ersichtlich. „Insofern wird der Apotheker in Zukunft doch die Stelle sein“, ist Michael überzeugt, „die den Medikationsplan dann ausdrucken und dem Patienten mitgeben wird.“
Die große Hürde, die teilnehmenden Apotheken sicher an das KVsafenet der Ärzte anzubinden, war nicht leicht zu nehmen und macht zum Teil noch logistische Schwierigkeiten. Nur eine zertifizierte Firma darf das benötigte Gerät installieren, das die gesicherte Verbindung herstellt. Dann hängt es auch davon ab, welche technischen Voraussetzungen es in den teilnehmenden Apotheken und Arztpraxen gibt, ob neue Kabel einzogen werden müssen usw. „Wenn man allein den technischen und juristischen Aufbau dieser Serverlösung sieht, kann man graue Haare bekommen, es ist ein Riesen-Aufwand“, so Michael, „denn mit dem einmaligen Abscannen einer Packung in der Apotheke müssen die relevanten Daten auch automatisch ins andere System übernommen werden.“
Nach Ansicht von Michael ist die Wirkstoffverordnung eine Win-win-Situation an allen Fronten. Der Arzt hat das Problem los, eine Firma zu verordnen, er verordnet nur Wirkstoffe. Und die Diskussion mit den Patienten, wie wir sie bei Rabattverträgen haben, ist mindestens halbiert, so die Erfahrungen von Michael. Was ebenfalls positiv ist: Der Apotheker gibt rechtssicher ab, weil mit der verordneten sechsstelligen Nummer die Packungen oder Firmen, die zur Verfügung stehen, eindeutig miteinander verknüpft sind. Bestehende Rabattverträge gelten natürlich weiterhin. Aber wenn der Patient nicht adhärent ist, ist es dem Apotheker unbenommen, bei Folgeverordnungen vom Rabattvertrag abzuweichen und bis zur Festbetragsgrenze ein anderes Arzneimittel auszuwählen. Grundsätzlich gibt es also für Apotheker einen größeren Spielraum, was für die Complianceförderung sinnvoll ist.
Der Pilotapotheker ist davon überzeugt: „Eigentlich sind wir zum Erfolg verdammt, eine weitere Chance, ein solches Modell zu erproben, das die Zusammenarbeit fürs Medikationsmanagement mit dem Arzt über sichere Datenverbindungen erfordert, wird es in dieser Form nicht geben.“
Michaels Hoffnung: „Man sollte noch mehr Allgemeinärzte dazu bewegen mitzumachen. Viele schauen sich das alles erstmal an, wie es anläuft. Aber wenn es dann funktioniert, werden sicher mehr dabei sein.“
Die Chance zu zeigen, was wir können
Sein Fazit: „Mein naturheilkundliches Konzept und ARMIN, zwei Bereiche, die auf den ersten Blick nichts miteinander zu tun haben, kommen letztlich doch zusammen. ARMIN, die Medikationsanalyse, gibt uns Apothekern die Chance, zu implementieren, was wir leisten können, gerade auch im Bereich Selbstmedikation. Was ich deutlich sehe: Die jüngeren Ärzte nehmen uns Apotheker ganz anders wahr als es teilweise die ältere Ärztegeneration tut. Als meine Ärzte gemerkt haben, dass ich sie nicht bevormunde, haben sie sofort begonnen, mein Wissen zu nutzen. Eine Ärztin holt beispielsweise aktiv meinen Rat, ruft an und berät sich mit mir über das arzneimitteltherapeutische Vorgehen.“ Und für den Apotheker der Löwen-Apotheke in Waldheim steht fest: „Ich kann Kollegen nicht verstehen, die sagen, sie würden nie wieder Pharmazie studieren. Ich bereue die Entscheidung nicht.“ |
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