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Entscheidend ist die Marktüblichkeit
Interview mit Rechtsanwalt Dr. Ulrich Grau zum Urteil im AEP-Skonti-Streit
Die Entscheidungsgründe des OLG Bamberg setzen sich intensiv mit der Gesetzeshistorie auseinander. Die Richter kommen dabei zu dem Ergebnis, dass sich der Mindest-Abgabepreis des Großhändlers nach dem Willen des Gesetzgebers aus dem Herstellerpreis, dem Festzuschlag und der Umsatzsteuer zusammensetzt. Nur der prozentuale Zuschlag von 3,15 Prozent sei der Preisdisposition unterworfen. Zudem seien Skonti nichts anderes als eine besondere Art des Preisnachlasses. Der in der zweiten Instanz unterlegene Großhändler will nun die Klärung vor dem Bundesgerichtshof (BGH).
DAZ: Herr Dr. Grau, was halten Sie von der Urteilsbegründung des Gerichts im Vergleich zu der des Landgerichts (LG) Aschaffenburg?
Grau: Die Entscheidung des OLG Bamberg ist sicher ein Schritt in die richtige Richtung: Hatte das LG Aschaffenburg noch wenig überzeugend die Ansicht in den Raum gestellt, auch der in § 2 Absatz 1 Satz 1 der Arzneimittelpreisverordnung vorgesehene Festzuschlag in Höhe von 70 Cent sei disponibel, liefert das OLG Bamberg jetzt eine klare und nachvollziehbare Begründung, weshalb das nicht stimmt und der Festzuschlag zwingend zu erheben ist. Mit der Frage der Reichweite des disponiblen Höchstzuschlages setzt sich das OLG dann allerdings nicht näher auseinander. Das ist zu bedauern.
DAZ: Wie schlüssig finden Sie die Argumentation, Skonti seien nichts anderes als ein Barrabatt?
Grau: Das OLG geht ohne nähere Begründung und Auseinandersetzung mit der juristischen Literatur davon aus, dass Skonti beim Höchstzuschlag immer wie Rabatte zu behandeln sind. Das ist aber rechtlich zweifelhaft: Pharmazeutische Unternehmen dürfen nach dem Willen des Gesetzgebers auch bei der Direktabgabe an Apotheken marktübliche Skonti unterhalb des Herstellerabgabepreises vereinbaren. Eine unterschiedliche Behandlung der Großhändler steht somit im Wertungswiderspruch zum Gleichheitsgebot des Grundgesetzes. Skonti können nicht einfach und in jedem Fall Rabatten gleichgesetzt werden. Die Begründung des OLG Bamberg, die sich auf das ehemalige Rabattgesetz bezieht, ist wenig überzeugend. Denn die herangezogene Vorschrift geht nicht auf Skonti ein, sondern ist sehr allgemein gefasst. Entscheidend ist aber weniger, ob ein Skonto ein „Barrabatt“ ist oder nicht, sondern meines Erachtens, ob ein Skonto marktüblich ist oder nicht.
DAZ: Welche Erwartungen haben Sie nun an den BGH?
Grau: Es wird Aufgabe des BGH sein, sich zum weiter offenen Verhältnis von Skonti zum Höchstzuschlag zu äußern und dabei die Rechtslage bei der Direktabgabe von pharmazeutischen Unternehmern zu berücksichtigen. Es ist kein sachlicher Grund dafür ersichtlich, weshalb Großhändler gegenüber pharmazeutischen Unternehmen ungleich zu behandeln sein sollten, zumal das Verhältnis in umgekehrter Richtung ausdrücklich gleichgestellt wird (§ 78 Abs. 1 Satz 3 Arzneimittelgesetz).
DAZ: Müssen die Apotheken sich nun ernsthaft um ihre Konditionen sorgen?
Grau: Die Konditionenfrage hängt maßgeblich von der Positionierung des Großhandels ab. Wird das Verfahren als Musterverfahren geführt und sollte der BGH das OLG Bamberg bestätigen, ist davon auszugehen, dass die Apotheken nicht weiter auf aktuell bestehende Konditionen hoffen können. Solange der BGH sein Urteil noch nicht gesprochen hat, wird sich vermutlich nichts ändern. Sollte es zu einer Verfassungsbeschwerde gegen das letztinstanzliche BGH-Urteil kommen, hätte diese im Übrigen keine weitere aufschiebende Wirkung.
DAZ: Wenn das Urteil Bestand haben sollte: Hätte es auch Auswirkungen auf Skonti der Hersteller an Großhändler oder Apotheker, wie AEP-Chef Graefe befürchtet?
Grau: Die Entscheidung bezieht sich allein auf das Verhältnis Großhandel zu Apotheke. Wie schon erwähnt, gelten für die Direktabgabe des pharmazeutischen Unternehmers die Preisvorschriften des Großhandels. Bestätigt der BGH das Urteil des OLG Bamberg, wird voraussichtlich argumentiert werden, dass diese Auslegung auf die Direktabgabe pharmazeutischer Unternehmer zu übertragen ist. Der gesetzgeberische Wille steht dieser Annahme aber entgegen. |
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