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Arzneimittel und Therapie
COPD zu selten erkannt?
Viele Raucher zeigen eine obstruktive Symptomatik auch ohne COPD-Diagnose
Die etablierten Charakteristika der Global Initiative for Chronic Obstructive Lung Disease (GOLD) zur Diagnose der COPD basieren auf der spirometrischen Erfassung der Lungenfunktion. Ein Abfall des Verhältnisses der Einsekundenkapazität (FEV1) und der forcierten Vitalkapazität (FVC) auf unter 0,70 gilt als Kernattribut der COPD. Bekannt ist jedoch auch, dass vor allem Raucher oftmals die GOLD-Kriterien zur Feststellung einer COPD nicht erfüllen und letztlich als gesund gelten – trotz typischer Symptome wie Husten, Kurzatmigkeit oder vermehrter Sputumproduktion.
CAT-Wert versus GOLD-Kriterien
Forscher der Universität von Kalifornien, San Francisco, USA, haben daher im Rahmen einer Beobachtungsstudie mit 2736 Rauchern, früheren Rauchern und Nichtrauchern die respiratorischen Symptome mittels eines COPD Assessment Tests (CAT, von 0 bis 40; je höher, desto schwerer die Symptomatik) evaluiert. Hier bewerteten die Patienten den Schweregrad ihrer Beschwerden und körperlichen Einschränkungen in Form eines Fragebogens. Dabei wurde untersucht, ob Personen mit erhaltener Lungenfunktion (FEV1/FVC ≥ 0,7), jedoch erhöhtem CAT-Wert (≥ 10) ein höheres Risiko für pulmonale Exazerbationen aufwiesen als solche mit asymptomatisch erhaltener Lungenfunktion (FEV1/FVC ≥ 0,7 und CAT-Wert < 10).
Insgesamt 963 Raucher erfüllten das COPD-Kriterium nach GOLD, wovon 626 Personen CAT-Werte von über 10 aufwiesen, also an typischen Symptomen und Einschränkungen litten. Doch zeigten sich auch Beschwerden bei der Hälfte aller Raucher und ehemaligen Raucher mit erhaltener, gesunder Lungenfunktion, wobei diese zudem ein signifikant höheres Risiko für Exazerbationen aufwiesen als asymptomatische Personen. Eine Verschlechterung des Gesundheitszustands wurde über eine ambulante oder stationäre Behandlung nach Atemwegsbeschwerden oder über die Verschreibung von Antibiotika oder Glucocorticoiden verifiziert. 42% der Personen mit CAT-Werten > 10 setzten Bronchodilatatoren und 23% inhalative Cortison-Präparate ein. Personen ohne COPD-Diagnose wenden diese Medikamente letztlich ohne evidenzbasierte Indikationsstellung an.
Die Autoren der Studie sehen den bisherigen Einsatz der Spirometrie zur Feststellung einer COPD kritisch, da nicht das gesamte Spektrum pulmonaler Beschwerden erfasst wird. Eine patientenindividuelle CAT-Befragung kann hier eine sinnvolle Ergänzung darstellen.
Keine Heilung möglich
Da die medikamentöse Behandlung der COPD bis heute keine vollständige Heilung ermöglicht, fokussiert man sich darauf, die Beschwerden zu lindern, Exazerbationen und das Fortschreiten der Erkrankung zu verhindern. Inwiefern jedoch nach den GOLD-Kriterien gesunde Personen auf eine COPD-Behandlung ansprechen, muss erst noch unter kontrollierten Bedingungen evaluiert werden. Auch ist zu bedenken, dass die subjektiv ausgewerteten CAT-Fragebögen sowie der daraus resultierende CAT-Wert von Rauchern, ehemaligen Rauchern und Nichtrauchern gegebenenfalls unterschiedlich bewertet wird. Personen mit ausgeprägtem Rauchverhalten interpretieren etwaige Atembeschwerden oder Sputumproduktion möglicherweise grundsätzlich anders als Nichtraucher. Dieser Umstand sollte eine gesicherte ärztliche Diagnose daher keineswegs infrage stellen. |
Quelle
Woodruff PG, et al. Clinical Significance of Symptoms in Smokers with Preserved Pulmonary Function. N Engl J Med 2016:374:1811-1821
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