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Ministerium prüft KBV-Beschlüsse
Kommen die Kassenärzte um den Staatskommissar herum?
Die KBV hat sich dem Druck aus dem Gesundheitsministerium gebeugt. Am späten Montagnachmittag hieß es, die Vertreterversammlung habe die geforderten Beschlüsse gefasst. Sie sollen verhindern, dass Gröhe hart durchgreift und tatsächlich einen Staatskommissar nach § 79a SGB V einsetzt. Sie laufen darauf hinaus, dass der ehemalige KBV-Vorsitzende Andreas Köhler für rechtswidrige Geschäfte in die Haftung zu nehmen ist. Dabei geht es etwa um die Höhe seiner Pensionsbezüge, aber auch um Zahlungen an andere Personen. Nicht zuletzt hat die Vertreterversammlung beschlossen, fragwürdige Immobiliengeschäfte rückabzuwickeln.
Nun ist das Bundesgesundheitsministerium wieder gefragt: Eine Sprecherin sagte am Dienstag in Berlin: „Wir werden die Beschlüsse der Vertreterversammlung und das vorgelegte Konzept nun zügig und gründlich daraufhin prüfen, inwieweit sie den Erfordernissen entsprechen.“ Ziel sei, dass Rechtsverletzungen umgehend behoben würden und die Funktionsfähigkeit der ärztlichen Selbstverwaltung dauerhaft gesichert werde.
Gassen: Selbstverwaltung braucht Beinfreiheit
Im Vorfeld der Beschlüsse hatte der KBV-Vorsitzende Andreas Gassen erklärt, die Sitzung am Montag „könnte die wichtigste Sitzung in der gesamten Geschichte der kassenärztlichen Selbstverwaltung werden“. „Derartige Fehler dürfen in Zukunft nie wieder vorkommen!“, sagte er laut Redemanuskript. Geichzeitig fragte der KBV-Chef: „Was gesteht man uns und der gesamten Selbstverwaltung überhaupt noch zu?“ Die Selbstverwaltung müsse weiter „Beinfreiheit“ haben, um als solche zu funktionieren. Gassen nahm dabei auch Bezug auf das DAZ-Interview mit Bundesverfassungsgerichts-Vize Ferdinand Kirchhof (DAZ Nr. 19/2016, S. 22): Dieser sagte, dass das Zusammenspiel zwischen Krankenkassen, Ärzten und Apothekern im Grunde hervorragend funktioniere. „Kaltes Grausen“ verursachte bei Gassen allerdings Kirchhofs „professoraler“ Optimierungsvorschlag, den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA)mit allen betroffenen Berufsgruppen zu besetzen. Ebenso wenig gefällt ihm dessen Idee, den G-BA in eine Bundesbehörde umzuwandeln, für die das Bundesgesundheitsministerium zusätzlich zur bisherigen Rechtsaufsicht auch eine Fachaufsicht hätte.
Gröhe beim Deutschen Ärztetag
Nach der Vertreterversammlung der KBV fand in Hamburg vom 24. bis 27. Mai in Hamburg der Deutsche Ärztetag statt. Anlässlich der Eröffnung forderte Minister Gröhe die Ärzteschaft zur Beendigung ihres Streits um eine neue Gebührenordnung (GOÄ) auf. Öffentlicher Streit dürfe nicht denen das Geschäft erleichtern, die keine neue Gebührenordnung wollten, sagte er.
Mit der GOÄ rechnen Ärzte Milliardenbeträge für die Behandlung von Privatpatienten ab. Eine Reform des veralteten Regelwerks war trotz jahrelanger Verhandlungen zwischen Ärzten und privater Krankenversicherung im Frühjahr vorerst gescheitert. Das hatte in der Ärzteschaft Streit und Kritik an Ärztepräsident Frank Ulrich Montgomery ausgelöst. Dieser räumte am Dienstag Fehler im Streit um die GOÄ ein. „Es gibt durchaus Grund zur Kritik“, sagte er. „Wir alle – und da schließe ich mich selbst ausdrücklich mit ein – haben die Komplexität dieses Prozesses unterschätzt.“
Blick auf Arzneimittelpreise
In seiner Eröffnungsrede kündigte Montgomery an, dass sich der Ärztetag intensiv mit der Arzneimittelpreisbildung beschäftigen werde. „Hier muss die Balance gewahrt werden zwischen dem, was Forschung und Entwicklung an Mitteln brauchen, was der Markt bereit ist zu zahlen, und dem, was in einem solidarisch finanzierten System ethisch vertretbar ist. Es kann nicht sein, dass nur die Leistungsträger im Gesundheitswesen wie wir Ärzte zu sozialgebundenen Tarifen verpflichtet sind, die Pharmaindustrie aber ausschließlich marktorientiert agiert“, sagte Montgomery.
Ausdrücklich begrüßte der Ärztepräsident das geplante Verbot der Rezepteinlösung, wenn zuvor kein Arzt-Patientenkontakt stattgefunden hat: „Schmuddelrezepte über das Internet ohne Arztkontakt sind damit verboten. Und das ist auch gut so“. Die Ärzte seien keine grundsätzlichen Gegner der Telemedizin. Allerdings müsse es ein Gleichgewicht zwischen Patientenschutz und Wirtschaftsinteressen geben. |
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