Arzneimittel und Therapie

Bei Krebs Gewicht halten

Mangelernährung kann Therapiefähigkeit gefährden

Onkologen sehen die Ernährungstherapie häufig nicht als ärztliche Aufgabe und „delegieren“ notwen­dige Interventionen bestenfalls an Homecare-Einrichtungen. Hier muss dringend ein Umdenken stattfinden, fordern Ernährungswissenschaftler. Kürzlich ist ein Positionspapier erschienen, das Maßnahmen zur besseren Integration der Ernährungstherapie in die onkologische Versorgung enthält.
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Laut den europäischen Ernährungs­leitlinien ist ungewollter Gewichtsverlust als eine Gewichtsabnahme von über 5% innerhalb von drei Monaten bzw. von über 10% in sechs Monaten definiert. Nach Angaben der Deutschen Stiftung gegen Mangelernährung weisen 54% der Tumorpatienten schon vor der Diagnosestellung einen signifikanten Gewichtsverlust auf. Etwa jeder vierte Krebspatient stirbt vorzeitig an den Folgen – pro Jahr sind das mehr als 50.000 Menschen. Damit ist krankheitsbedingte Mangelernährung nach der Sepsis die zweithäufigste Todesursache bei Tumorpatienten, verdeutlichte Prof. Dr. med. Markus Masin, Vorstand der Stiftung, auf einem Symposium im Rahmen des 32. Deutschen Krebskongresses in Berlin. Durch einfache und effektive Maßnahmen, vor allem aber durch eine gezielte Ernährungstherapie, könnte die Situation der Betroffenen verbessert werden. Doch derzeit werde bei Krebspatienten eine krankheitsbedingte Mangelernährung häufig weder erkannt noch therapiert.

Wachsende Bedeutung der Ernährungstherapie

Priv.-Doz. Dr. med. Jutta Hübner von der Deutschen Krebsgesellschaft e. V. gab zu bedenken, dass viele Patienten heute mit ihrer Tumorerkrankung nicht nur Monate, sondern Jahre leben. Viele Krebsarten verlaufen mittlerweile chronisch. Die Patienten erhalten dauerhaft oder in Zyklen Medikamente. Daher sei die Therapiefähigkeit ein viel wichtigerer Punkt als früher. Um Zytostatika adäquat dosieren zu können, müssten die Patienten über einen langen Zeitraum therapiefähig sein. Denn wenn plötzlich oder schleichend ein Gewichtsverlust stattfindet, könne sich beispielsweise die Nebenwirkungsrate dramatisch erhöhen.

Positionspapier veröffentlicht

Zunehmend verbreite sich auch die Einsicht, so Hübner, dass es nicht nur auf das Überleben ankommt, sondern auch darauf, die verbleibende Lebenszeit in einem guten Allgemeinzustand zu verbringen. Daher werden in vielen Zulassungsstudien bereits standardisiert Daten zur Lebensqualität erhoben, die auch zulassungsrelevant sind.

Ein weiterer wichtiger Punkt sei außer­dem, dass die Ernährung eine vielfältige Bedeutung hat, die über die bloße Nahrungsaufnahme hinausgeht. Dafür müssten auch die Angehörigen sensibilisiert werden, wenn Krebs­patienten unter Krankheitssymptomen oder Nebenwirkungen ihrer Therapie wie Übelkeit, Schluckbeschwerden oder Appetitlosigkeit leiden.

In einem Positionspapier hat eine Expertengruppe diese Aspekte umfassend dargestellt und Maßnahmen vorgeschlagen, wie dem Problem begegnet werden könnte. Dazu zählen die Durchführung kontrollierter Studien, die Einbettung von Ernährungswissen in die Behandlungsleitlinien und die Aufnahme in die Zertifizierungsrichtlinien für die Tumorzentren. Apotheker waren an der Erarbeitung des Positionspapiers nicht beteiligt. |

Quelle

Moderne Ernährungstherapie bei onkologischen Patienten – ein Positionspapier. Aktuel Ernährungsmed 2014;39(02):127-131

Website der Deutschen Stiftung Krankheitsbedingte Mangelernährung unter www.krankheitsbedingte-mangelernaehrung.de

Apothekerin Dr. Claudia Bruhn


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