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Soziale Dienstleistungen zu niedrig entlohnt

Ergebnisse eines Länder- und Berufsvergleichs

Fachkräfte in den Bereichen Gesundheit und Pflege verdienen in Deutschland schlecht. Das gilt sowohl im Vergleich mit Berufen ähnlicher Qualifikation in Deutschland als auch im internationalen Ranking, wie eine aktuelle Studie zeigt. Als Grund nennen die Autorinnen die „fehlende finanzielle Wertschätzung ,typisch weiblicher’ Tätigkeiten“.

Die Soziologinnen Lena Hipp und Nadiya Kelle vom Wissenschafts­zentrum Berlin für Sozialforschung haben für 22 europäische Länder und die USA die Entlohnung im Bildungs-, Erziehungs-, Gesundheits- und Pflege­bereich verglichen.

Insbesondere im Sektor Gesundheit und Pflege schneidet Deutschland sehr schlecht ab. Hier verdienen Fachkräfte „weniger als die Mehrheit aller in Deutschland abhängig Beschäftigten und auch weniger als Beschäftigte mit vergleichbarem Profil und ähn­lichen Arbeitszeiten in anderen Be­rufen“, schreiben die Autorinnen. In den meisten anderen untersuchten Ländern verdienen Beschäftigte in ­diesen Bereichen deutlich mehr.

Foto: Photographee.eu – Fotolia.com

Frauendomäne Fürsorge

In allen untersuchten Ländern ist die professionelle Fürsorgearbeit nach wie vor eine Frauendomäne: Der Anteil weiblicher Beschäftigter liegt jeweils deutlich über 70 Prozent. Von den Hilfsberufen im Pflege- und Gesundheitssektor abgesehen beobachteten die Autorinnen in allen betrachteten Berufen und Ländern einen negativen Zusammenhang zwischen Frauenanteil und relativer Einkommensposition. Das heißt: Je höher der Frauenanteil, desto niedriger sind die Einkommen.

Es wundert daher nicht, dass sie sich dafür aussprechen, die Fürsorgeberufe auch für Männer attraktiv zu machen. Außerdem müssten die Ausgaben für diese Tätigkeiten erhöht werden – aber so, dass dies auch den Beschäftigten selbst zugutekommt. Weitere Forderungen sind „eine steigende Professionalisierung von Carearbeit“ sowie verbesserte Möglichkeiten, in Vollzeit zu arbeiten.

Nachfrage erhöht die Einkommenschancen

Ein Lichtblick: Da sich mit der demografischen Entwicklung die Nachfrage nach sozialen Dienstleistungen und entsprechend qualifizierten Fach­kräften europaweit erhöht, steigen die Chancen auf bessere Entlohnung vor allem im Bereich Erziehung und Bildung, konstatieren Hipp und Kelle.

Zu der Studie sagt ADEXAs Erste Vorsitzende Barbara Stücken-Neusetzer: „Auch wenn der Apothekenbereich hier nicht mit untersucht wurde, sind die Bedingungen doch sehr ähnlich. Auch hier haben wir einen sehr hohen Frauenanteil bei den Angestellten.

Und auch noch verbreitet ist die ver­altete Einstellung, dass die Entlohnung bei solchen sozialen Arbeiten mit Menschen nachrangig sei. Dabei sind sowohl die Verantwortung als auch die Belastungen keinesfalls niedriger als in deutlich höher bezahlten Männer­berufen. Das ist in erster Linie ein gesellschaftliches Problem. Aber auch die einzelnen Angestellten sollten sich bewusst sein, dass ihre Arbeit mehr wert ist, als ihnen die Arbeitgeberseite und die Politik derzeit zugestehen wollen. Hier ist es wichtig, sich gewerkschaftlich zu organisieren!“

22 Prozent – der große Unterschied

Auch beim Gender Pay Gap – dem ­Unterschied zwischen Gehältern von Frauen und Männern – liegt Deutschland traditionell auf einem schlechten Rang im europäischen Vergleich. Das hat kürzlich auch Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) kritisiert. Tatsächlich betrug die geschlechtsspezifische Lohnungleichheit zuletzt 21,6 Prozent. Damit ist die Schere nur in Österreich (22,9%) und Estland (28,3%) noch größer.

Barbara Stücken-Neusetzer: „Das von Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig geplante Gesetz gegen Lohnungleichheit kann da vielleicht in großen Unternehmen helfen. Ob man in reinen Frauenbranchen mit einem hohen Anteil von Kleinbetrieben damit etwas bewirken kann, steht schon auf einem anderen Blatt. Hier wird der steigende Fachkräftemangel vermutlich einen stärkeren Schub bewirken.“ |

Quelle

Lena Hipp, Nadiya Kelle: Nur Luft und Liebe? Die Entlohnung sozialer Dienstleistungsarbeit im Länder- und Berufsvergleich. Expertise, Friedrich-Ebert-Stiftung, Januar 2016

sjo

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