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Management

Moderne Zeiten

Das Potenzial der Kreativen nutzen

Sich die Zeit einteilen, aus Zeit Geld machen – hier sind vor ­allem Menschen mit Sinn für Struktur und Organisation erfolgreich. Mittlerweile ändern sich die Ziele und damit entstehen für „kreative Chaoten“ ­Wege, die aus vermeintlichen Schwächen Stärken machen.
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Wie beim Jazz Ein bisschen Improvisation, ein wenig kreatives Chaos, das Denkblockaden ausschaltet, trotzdem ein paar geltende Rahmenbedingungen – und am Ende fügt sich doch alles zum runden Klangbild. Kreatives Arbeiten eben.

Die Arbeit von 15 Stunden in 10 schaffen? Das war bisher das erklärte Ziel vieler Menschen. Darin verborgen war der Anspruch, dass man mit seiner Arbeit dann tatsächlich fertig ist. Die vergangenen Jahrzehnte haben gezeigt, dass Burn-out und andere Erschöpfungskrankheiten lauern, wenn man sich selbst oder seine Angestellten in mehrfacher Hinsicht überfordert.

Es ist klar, dass ein Leben ohne zeitliche Konflikte etwas Un­mögliches ist, zumindest in der Apotheke oder an anderen Stellen, wo man nicht im Voraus ­bestimmen kann, wann welche Arbeit anfällt. Heute geht der Blick aber nicht mehr nur in die Richtung, möglichst viel in immer kürzerer Zeit zu schaffen, sondern betrachtet auch die Work-Life-­Balance.

Schaffen Sie Klarheit!

Bevor Sie organisieren, Checklisten schreiben und Pläne schmieden, überlegen Sie, was für Sie wichtig ist. Es ist nicht nötig, sich ständig mit Aufgaben unter Druck zu setzen, die einem nicht liegen, und Stress zu produzieren, indem man in erster Linie fremdbestimmt arbeitet. Hier entsteht das Gefühl, keine Zeit zu haben – die Arbeit geht schwer von der Hand und dauert unverhältnismäßig lange, oft genug empfinden wir sie als sinnlos und sind unzufrieden. Wenn der weitaus größte Teil Ihrer Zeit für ungeliebte Tätigkeiten verloren geht, sind Sie am falschen Platz. Setzen Sie selbst Ihre Prioritäten und achten Sie als Chefin* auch darauf, dass Ihre Mitarbeiterinnen sich dasselbe zugestehen. Keine Angst, dass alle das Gleiche wollen und bestimmte Arbeiten liegenbleiben: Sprechen Sie sich untereinander ab!

Viele Dinge lassen sich fix erledigen, wenn man nicht unterbrochen wird. Versuchen Sie, einen Sitzplatz so einzurichten, dass man den HV nicht sieht und auch nur gerufen wird, wenn es gar nicht anders geht.

Neue Welten – auch in der Apotheke

Lief früher alles länger in den gleichen Bahnen, sind wir heute häufigerem Wechsel ausgesetzt. Gesetze und Verordnungen aller Art, Kunden aus aller Herren Länder, Neuerungen in der EDV und bei der Herstellung von Rezepturen fordern uns heraus. Flexibilität und Reaktionsschnelligkeit sind gefragt. Waren die kreativ-chaotischen Typen früher eher verwirrend für das wohlgeordnete Apothekenleben, sind sie jetzt mit ihren Fähigkeiten wertvoll und unterstützend. Sie können zum Beispiel schnell umschalten und dabei mehrere Dinge gleichzeitig im Blick haben. In vielen Betrieben arbeiten eher kreative und eher strukturierte Menschen gut zusammen. Manche tragen beides – das kreative und das strukturierte Element - ausge­wogen in sich.

„Zeit, die wir uns nehmen, ist Zeit, die uns etwas gibt.“

Ernst Ferstl

Die Kraft der kreativen Köpfe

  • Ihnen fällt immer etwas ein, meistens mehrere Möglichkeiten auf einmal. Braucht die Apotheke frischen Wind, was neue Produktgruppen, ausgefallene Aktionsthemen, die Erstellung von Piktogrammen und Zeichnungen, alternative Schaufensterdekorationen oder die ganz andere Art der Arbeitszeiteinteilung angeht – hier entstehen neuartige, witzige, umwerfend praktische und schnell improvisierte Lösungen.
  • Sie sind erfolgreich, weil sie gerne experimentieren und nicht von vornherein etwas als unmöglich verwerfen. Die spielerische Art, das Ausprobieren und Kombinieren, wird betrieben, bis das Gewünschte erreicht ist, mal im Handum­drehen, mal mit wiederholten Ansätzen.
  • Sie sind offen für alle, netzwerken gerne und schaffen Kooperationen, die sich beim gemeinsamen Austausch in der Freizeit ganz plötzlich und spontan anbieten. Quasi nebenbei erzählen sie Dinge aus der Apotheke, die das Gegenüber fragen lässt: „Wo ist denn Ihre Apotheke?“ Schon sind neue Kunden da, die von diesem oder jenem Angebot profitieren wollen.
  • Chaos und Unordnung als Quelle von Entdeckungen? Denken Sie an Alexander Fleming, der sein unaufgeräumtes Labor nach dem Urlaub wieder betrat – was sah er? Mit gewaschenen und sterilisierten Petrischalen wäre das nicht passiert!

Offenes Konzept statt genauem Plan

Wo strukturierte Kolleginnen genaue Pläne machen, kreieren die Chaoten ein offenes Konzept: Schreiben Sie sich Tages- und Wochenkonzepte, die das Ungefähre entwerfen und Ihnen viel Freiraum lassen. Beim Entwurf müssen Sie nicht alles untereinander auflisten, sondern wählen Sie zum Beispiel eine Sternform oder zeichnen Sie Symbole. Wenn Sie fertig sind, entscheiden Sie, was am wichtigsten ist. Es sind eher Visionen oder ein grober Überblick, der alles benennt, aber nichts konkret festlegt. Spontanes Handeln bleibt möglich. Sie sehen im Voraus, in welchem Bereich es sich drängt und vielleicht stressig wird, und können in Ruhe Gegenmaßnahmen und Alternativen ins Auge fassen. Betrachten Sie jedes Mal, wenn Sie wieder ein Konzept geschrieben haben, wie viel Zeit und Energie das gespart hat. Sie müssen nicht mehr alles auf einmal im Hinterkopf behalten, Sie haben den Überblick auf dem Papier und ersparen sich Druck. Die unangenehme Situation, dass Ihnen ein Versäumnis siedend heiß in den Kopf schießt oder jemand Sie darauf anspricht: Vergangenheit! Langsam bekommen Sie auch Routine beim Konzeptschreiben. Sie haben wirklich etwas zum Positiven verändert – machen Sie sich das klar und bleiben Sie dran!

„Minijobs“ sofort erledigen

Strukturierte Kolleginnen räumen automatisch alles an seinen Platz und erledigen vieles direkt. Als Chaostyp hilft Ihnen die Regel: Minijobs sofort. Alles, was kürzer dauert als vier Minuten, wird nicht irgendwohin gedrückt oder auf einen noch zu suchenden Notizzettel gekritzelt, sondern sofort erledigt. Das Abheften von Dokumenten, das Abräumen der Arbeitsgeräte nach der Rezeptur oder das Zurückstellen eines von seinem Stammplatz entfernten Utensils wie Schere oder Locher: Das spart Zeit – und nicht nur Ihre. Sie haben die Dinge sowieso in der Hand, es sind nur zwei Schritte, das schaffen Sie! Erschrecken Sie nicht, wenn Ihr Arbeitsplatz plötzlich ordentlich aussieht. Es ist nicht so, dass nur Unordnung beweist, dass Sie viel arbeiten.

Müssen Sie eine Tätigkeit unterbrechen und sind sowieso herausgerissen, machen Sie diese zweite, falls Minijob, erst zu Ende, sonst verlieren Sie Zeit, da Sie sich zweimal wieder in etwas hineinfinden müssen. Beispiele dafür sind Anrufe, nach denen Sie etwas bestellen, ein Fax senden oder eine ­Mitteilung weitergeben wollen.

Natürlich sollten Sie ein Augenmerk darauf haben, dass die Kurzarbeiten nicht überhandnehmen. Setzen Sie sich ein zeitliches Limit oder entscheiden Sie vorher, wie oft am Tag Sie Minijobs sofort er­ledigen wollen.

Helfen heißt nicht ­übernehmen

Tappen Sie immer wieder in eine bestimmte Falle? Sind Sie stets für andere da und unterbrechen Sie sofort Ihre Tätigkeit, wenn Sie jemand um etwas bittet? Als kreativer Mensch vergessen Sie augenblicklich, was Sie gerade tun wollten, Sie helfen spontan, auch wenn es länger dauert. Irgendwann fällt Ihnen wieder ein, dass Ihre eigene Arbeit nun liegengeblieben ist: Ärgern Sie sich, macht es Ihnen nichts aus – wie fühlen Sie sich? Versuchen Sie, vor der Zusage kurz zu überlegen: Möchten Sie wirklich helfen und muss das jetzt sein? Wie wäre es mit einem freundlichen „Nein“ oder „Später“? Was ist grundsätzlich wichtiger: Ihre Arbeit oder die der anderen? Ihre Zeit? Ihre Schwerpunkte?

Eine Variante: Ihre Kollegin bittet Sie um Hilfe. Hier können Sie entweder das Ganze in die Hand nehmen oder ihr nur erklären, wie sie es selbst anpacken kann. Mehrere Vorteile: Sie sparen Zeit, haben geholfen und Ihre Kollegin lernt es selbst. Was sie noch lernt: Sie kann ihre Arbeit nicht mehr auf Sie abwälzen.

Weniger ist mehr

Sind Sie nicht nur chaotisch, sondern auch perfektionistisch? Bei welchen Ihrer Routinearbeiten reichen auch 80%? Beobachten Sie zwei Wochen lang Ihr tägliches Tun und schreiben Sie sich auf, wofür Sie besonders lange brauchen und wie es mit weniger Aufwand ginge. Wenn Ihnen selbst nichts dazu einfällt, scheuen Sie sich nicht, im Team Tipps zu sammeln – manch eine hat sich vielleicht schon gewundert, wieso es so „umständlich“ sein muss! Finden Sie auch heraus, wann es gar nicht darauf ankommt, dass Sie noch ein i-Tüpfelchen auf das Sahnehäubchen setzen. Vielleicht lassen Sie die Sahne ganz weg, das wäre auch in diesem Zusammenhang gesünder. Wie wichtig ist das 100%ige für Ihre Kunden und Kolleginnen? Womöglich strengen Sie sich besonders an, aber Ihr Gegenüber bemerkt den Effekt gar nicht und wäre auch mit weniger sehr zufrieden. Sie dürfen lockerlassen!

Wovon beide Typen profitieren: der 20-minütige Mittagsschlaf. Danach ist die Konzentration besser und die Fähigkeit für richtige Entscheidungen um 50% gesteigert. Die allgemeine Verabredung hierzu: Wenn die Tür zum Notdienstzimmer verschlossen ist – Power Napping findet statt, nicht stören! Der Hypnotherapeut Daniel Wilk gibt als Einleitung die Gedanken: Erlaube Dir, eine Pause zu machen, Spannungen loszulassen … Lade das Nickerchen ein, sich bei Dir wohlzufühlen, es kennt die Wege zu neuer Kraft und guten Gefühlen … |

Ute Jürgens

Ute Jürgens ist Kommunikationstrainerin mit Spezialisierung auf die Heilberufler, Dipl. Erwachsenenpädagogin und PTA, www.kommed-coaching.de


* Da die überwiegende Anzahl der ­Apothekenmitarbeiter weiblich ist, schreibe ich in der weiblichen Form. ­Männliche ­Kollegen dürfen sich gerne mit angesprochen fühlen.

Literatur

Cordula Nussbaum

Organisieren Sie noch oder leben Sie schon? Zeitmanagement für kreative Chaoten.

Campus Verlag 2012

ISBN 978-3-593-39618-7





Daniel Wilk

Der Fisch, der vom Fliegen träumt – Trancegeschichten für einen anderen Blick auf die kleinen Dinge.

Carl-Auer Verlag 2015

ISBN 978-3-8497-0065-2






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