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Präsentorik – der Weg zum erfolgreichen Vortrag

Teil 1: Nutzen Sie Ihr individuelles rhetorisches Instrumentarium

Das Kunstwort „Präsentorik“ verknüpft die Begriffe Präsentation und Rhetorik. Die Präsen­torik behandelt demnach alle ­relevanten Aspekte, um Inhalte überzeugend zu vermitteln und dabei sicher und glaubwürdig aufzutreten. Diese dreiteilige Serie will Sie dazu ermutigen, Vorträge als wirksames Instrument zur Kundengewinnung und -bindung zu nutzen. Diejenigen, die bereits Vortragserfahrungen gesammelt haben, freuen sich vielleicht über ein paar Tipps, um noch „besser“ zu werden.

Der Begriff „Rhetorik“ wird definiert als die Kunst der freien, also der nicht wörtlich an eine Vorlage gebundenen Rede. (Natürlich sind Vorlagen wichtig und richtig, aber das Vorlesen eines Manuskriptes oder das Ablesen von Folien ist schlichtweg eine Zumutung für die Zuhörer.) Für einen gelungenen Vortrag muss diese Definition erweitert werden: Sie sollten so ­reden, dass Sie und Ihre Aussagen verständlich, überzeugend und sympathisch wirken, sodass Ihnen Ihr Publikum gerne zuhört. Um dieses Ziel zu erreichen, steht jedem Menschen sein individuelles rhetorische Instrumentarium zur Verfügung: die Stimme, die Sprache und die Körpersprache.

Ihre Stimme

Die Stimme ist ein besonders wichtiges Instrument der Rhetorik, denn sie transportiert nicht nur Töne, also Schallwellen, ­sondern auch Emotionen und ­Interpretationen. Fehlende Überzeugung, Unsicherheit und Ner­vosität lassen sich aus der Stimme ebenso heraushören wie Entschlossenheit, Engagement und Kompetenz. Das Instrument „Stimme“ hat, um bei diesem Bild zu bleiben, vier Saiten: die Stimmlage, den Tonfall, die Betonung und das Sprechtempo.

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Zuhörer mitreißen Das gelingt mit einer an den Sachverhalt angepassten Gestik, Mimik und Modulation der Stimme. Wichtig ist auch, sich so auszudrücken, dass die Zuhörer das Gesagte verstehen – sonst schalten sie unweigerlich ab.

Die Stimmlage

Barsch oder hingehaucht, zart oder rau, sonor oder piepsig: Jeder Mensch hat seine individuelle Stimmlage. Dafür sorgen die aus zwei Muskelfalten bestehenden Stimmlippen, die Atmung sowie der Nasen-, Rachen- und Mundraum als Resonanzboden.

Generell empfinden wir tiefere Stimmen als angenehm, hohe Stimmen als eher störend. Das liegt daran, dass im menschlichen Innenohr dreimal so viele Nervenzellen für die hohen Frequenzen zuständig sind wie für die tiefen. So nehmen wir hohe Frequenzen leichter und vor allem intensiver wahr. Steht ein Mensch unter emotionalem Druck, wie beispielsweise Ärger, Aufregung oder Lampenfieber, dann wird seine Stimmlage nahezu automatisch höher. Dieses Phänomen ist bei Frauen deutlicher hörbar als bei Männern.

Tipp für die Damen

Reden Sie leiser, wenn die Emotionen hochkochen. Werden Sie lauter, droht die Gefahr, dass Ihre Stimme schrill klingt.

Der Tonfall

Die Stimme sagt etwas, aber der Tonfall gibt dem Gesagten einen zusätzlichen Gehalt. Sagt beispielsweise ein Redner in einem gelangweilten, monotonen Tonfall: „Ich werde Ihnen jetzt die wirklich interessanten Ergebnisse der ­xy-Studie vorstellen“, dann werden Sie wahrscheinlich keine ­hohen Erwartungen an die kommende Präsentation haben. Denn durch den Tonfall schwingt – ­neben der Sachinformation – eine zusätzliche, indirekte Aussage mit, die in etwa lautet: „Die Er­gebnisse sind wenig ergiebig und von der Studie halte ich sowieso nichts.“ Und auch diese Aussage registrieren Sie.

Die Betonung

Leben erhält die Sprache durch die Betonung. Zuhörer wollen mit den Ohren verstehen und nicht mit dem Verstand Ihre Grammatik zerlegen. Durch das Heben und Senken der Stimme setzen Sie hörbare Akzente, die zusätzlich den Sinn des Gesagten verdeutlichen und die Aufmerksamkeit des Publikums erhöhen. Der gegenteilige Effekt wird durch monotones ­Sprechen über einen längeren Zeitraum erreicht. Das Fehlen ­jeglicher Betonung schläfert die Zuhörer zuverlässig ein und lässt sie abschalten.

Eine verbreitete Unsitte ist übrigens, die Stimme am Satzende zu senken, wobei dann meist auch noch der Atem nachlässt und das Satzende „vernuschelt“ wird. Der dabei entstehende gleichmäßige Klangrhythmus lässt das Gesagte auswendig gelernt oder desinteressiert klingen. Außerdem enthält gerade das Satzende häufig das wichtigste Wort eines ­Satzes: das Verb.

Das Sprechtempo

Das sogenannte flüssige Reden ist gut, solange es nicht mit Schnellsprechen verwechselt wird. Denn schnelles Sprechen über einen längeren Zeitraum überfordert die Zuhörer. Sie können nicht mehr mitdenken und werden daher nach kurzer Zeit abschalten.

Die Ursache hierfür ist die Arbeitsweise unseres Gehirns. Wenn Informationen durch schnelles Sprechen in zu dichter Folge das Kurzzeitgedächtnis erreichen, dann wird es „verstopft“ und nimmt auch wichtige Informationen vorübergehend nicht auf. Aus diesem Grund sind Sprechpausen so wichtig. Denn sie geben Zuhörern die Möglichkeit, das zu ver­arbeiten, was Sie gesagt haben.

Tipp

Wenn Schnellsprecher die Lautstärke etwas erhöhen, reden sie automatisch lang­samer.

Der Wechsel des Sprechtempos wird übrigens häufig bewusst als dramaturgisches Element genutzt: Wenn ein Sprecher sein normales Sprechtempo verlangsamt, weiß sein Gesprächspartner, dass jetzt etwas Wichtiges kommt. Auch das Dehnen eines Wortes gibt diesem Wort eine außer-ordent-liche Bedeutung.

Ihre Sprache

Von Jean Cocteau stammt das ­merkenswerte Zitat: „Stil ist die Fähigkeit, komplizierte Dinge einfach zu sagen, nicht umgekehrt.“ Genau dazu dienen drei sogenannte „Verständlichmacher“ und der Verzicht auf die drei häufigsten „Sprachbarrieren“.

Verständlichmacher: Prägnanz
Prägnanz heißt, sich auf das ­Wesentliche zu beschränken. Zu ausführliche und detaillierte Erläuterungen oder abschweifende Darstellungen nebensächlicher Einzelheiten erschweren die Verständlichkeit. Allerdings darf der Wunsch nach Prägnanz nicht dazu führen, Inhalte hoch komprimiert und abstrakt zu vermitteln. Das konterkariert den Anspruch an die Verständlichkeit.

Verständlichmacher: kurze Sätze
Kurze Sätze sind nicht nur erheblich besser zu verstehen als lange Sätze. Sie erleichtern zudem das Zuhören. Doch sehr häufig werden Sätze mit dem Wörtchen „und“ zu Kettensätzen aneinandergereiht. Noch schlimmer sind Schachtelsätze, denn sie erschweren die Verständlichkeit erheblich.

Geschrieben kann man Schachtelsätze noch einmal nachlesen. Doch ein Zuhörer muss sich auf sein Erinnerungsvermögen verlassen.

Verständlichmacher: Beispiele und Metaphern
Eine Erkenntnis aus der Lernpsychologie besagt, dass Menschen ­einen Sachverhalt umso leichter begreifen und umso besser behalten, je mehr ihre verschiedenen Sinne angesprochen werden. Beispiele und Metaphern, die aus dem Erfahrungsbereich der Zuhörer stammen, aktivieren zusätzlich zum Hören das Sehen, quasi das „Kino im Kopf“. So sind sie ein wichtiges Instrument, um schwierige Sachverhalte vereinfacht darzustellen.

Das Gegenteil der Verständlich­macher sind Sprachbarrieren. Sie dienen oft dazu, den erreichten beruflichen oder sozialen Status zu verdeutlichen und/oder fachliche Kompetenz zu demonstrieren. 

Sprachbarriere: Substantivierungen
Die deutsche Sprache erhält ihre Dynamik durch Verben, die Tu-Wörter. Werden Verben in Substantive verwandelt, ergeben sich Sprachzombies wie Inbetriebnahme, Zurschaustellung oder Geltendmachung. Die Sprache wird unnötig aufgebläht und verliert an Verständlichkeit.

Tipp

Nutzen Sie Verben. Hier zum Vergleich:

Nach erfolgter Ankunft und Besichtigung der Verhältnisse war mir die Erringung des ­Sieges möglich.

Oder: Ich kam, sah und siegte.

Sprachbarriere: Fremdwörter und Fachbegriffe
Fremdwörter und Fachbegriffe ­sollen dazu dienen, die eigene fachliche Kompetenz herauszu­stellen. Tatsächlich beweist sich Kompetenz nicht zuletzt darin, Fachwissen verständlich (und gern auch unterhaltsam) zu vermitteln. Fachtermini erschweren jedoch das Verständnis oder machen es sogar unmöglich – und sie sind häufig die Ursache für Missverständnisse („Die Ware ist defekt“, „Ihr Befund ist negativ“).

Sprachbarriere: Satzwürmer 
Verwendet ein Redner Satzwürmer, erfahren seine Zuhörer in aller Regel erst am Ende dieser Konstruktionen das erlösende Verb. Es gibt eine handfeste Regel:

Tipp

Was zusammengehört, darf nicht mehr als drei Sekunden auseinandergerissen werden.

Das sind zwölf Silben oder sechs Wörter. Mehr ist keinem Zuhörer zuzumuten. Wie Sie das schaffen? Indem Sie so viele Nebensätze wie möglich in Hauptsätze verwandeln, damit Nebensätze die Ausnahme (eben die Nebensache) bleiben. Und falls Nebensätze doch einmal nötig sind, dann gehören sie hinter den Hauptsatz, nur in seltenen Fällen davor – aber möglichst niemals mittenhinein.

Wenn Sie nun noch vier Formulierungsregeln beherzigen, werden Sie automatisch anregend sprechen. Hier der Feinschliff:

Feinschliff: Nutzen Sie die „Sie“-Ansprache
Die Sie-Ansprache ist für Zuhörer ein deutlicher Hinweis darauf, dass Sie sich mit ihnen beschäftigen und dass Sie sich in ihre ­Situation versetzen. Aufmerksam sind Zuhörer vor allem dann, wenn die Sie-Ansprache mit einer Nutzenargumentation verknüpft ist, wie: „Das erspart Ihnen ...“, „Das ermöglicht Ihnen ...“ oder ­„Damit verbessern Sie ...“.

Feinschliff: Formulieren Sie konkret
Aussagen werden weniger verbindlich oder sogar abgeschwächt, wenn Sie an den falschen Stellen den Konjunktiv benutzen („Ich würde Ihnen … empfehlen.“). Vermeiden Sie daher weiche Formulierungen mit den Begriffen könnte, müsste, würde, sollte etc. Die ­Annahme, dass Konjunktivformulierungen höflicher seien, ist schlichtweg falsch. Hier ein Vergleich: „Ich möchte Ihnen sehr herzlich danken“ versus „Ich ­danke Ihnen sehr herzlich“.

Feinschliff: Verzichten Sie auf „Weichmacher“
„Weichmacher“ sind Wörter und Formulierungen, die das Gesagte merklich abschwächen. Ein Beispiel: Sie fragt „Warst Du mir im Urlaub treu?“, er antwortet ­„Eigentlich schon“. Zu den typischen Weichmachern zählen neben eigentlich auch die Begriffe vielleicht, grundsätzlich, eventuell und möglicherweise.

Feinschliff: Formulieren Sie ­positiv
Denken Sie jetzt bitte nicht an ein grünes Kaninchen. Und was tun Sie? Genau das! Weil das menschliche Hirn Negativformulierungen weitgehend ausblendet. Aus diesem Grund sind Hinweisschilder, wie „Bitte Rasen nicht betreten“ häufig so wirkungslos. Nennen Sie stattdessen das gewünschte Ergebnis, im genannten Beispiel also „Bitte benutzen Sie den Bürgersteig“. |

In der nächsten Folge lesen Sie „Eine gute Vorbereitung ist der halbe Erfolg“.

Cornelia Tromm

Cornelia Tromm, Kommunikations­beraterin, -trainerin und –coach, www.cornelia-tromm.de

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