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Wie man überzogene Kundenwünsche ablehnt

Apothekenkunden haben viele Wünsche: rezeptpflichtige Medikamente ohne Rezept, größere Packungseinheiten als verordnet, Medikamentenzustellung, Empfehlungen einer Arztadresse oder Arzneien nach dem ­Ablaufdatum eines Rezepts. Oft weiß der Kunde genau, dass ­seine Forderungen überzogen sind, aber der Versuch lohnt sich vielleicht doch. Gerade Stammkunden sind sich ihrer Position bewusst und pochen auf eine Ausnahme.

Eines voraus: Natürlich kennt ­jeder Apotheker Situationen, in ­denen er eine Ausnahme machen, ein Auge zudrücken kann. Aber oft genug kann und will er das nicht, und dann heißt es hart bleiben – aber auf verbindliche Art und ohne einen Kunden zu vergraulen.

Da jeder Apotheker fürchtet, das Wohlwollen eines Kunden zu verlieren, wenn er seinen Wunsch ablehnt, fällt ihm ein „Nein“ immer schwer. Doch wer es verlernt hat, Nein zu sagen, kann nichts mehr durchsetzen. Wenn Sie zu oft zustimmen, wachsen die Ansprüche weiter und Ihre Kunden fordern immer mehr. Im Grundsatz sind sich die Apotheken auch einig, dass Vorschriften eingehalten werden müssen.

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Einem Eiertanz gleicht die Situation, einem Kunden seinen Wunsch abzuschlagen. Das gute Verhältnis zu ihm muss ­jedoch nicht zwangsläufig daran zerbrechen – vorausgesetzt, man beachtet einige Dinge im Gespräch.

Fundierte Begründung geben

Generell ist es wichtig, überzogene Ansprüche begründet abzulehnen. Bei der Begründung für eine Absage sollten Sie durchaus Ross und Reiter nennen, ob Gesetzgeber, ­Behörden, Kammern, Ministerien, Pharmaindustrie oder Ärzte. Diese Begründung sollte aber auch exakt zutreffen, denn es gibt Kunden, die dies überprüfen.

Kunden beurteilen Vorschriften häufig negativ, sie sehen darin das autoritäre Verhalten des Gesetzgebers. Sie fühlen sich in ihrer Freiheit eingeschränkt und hoffen auf eine Ausnahmeregelung des Apothekers. Doch Vorschriften sind im Interesse der Allgemeinheit, und in hartnäckigen Fällen muss dies dem Kunden deutlich gesagt werden (s. Kasten „Praxisorientierte Tipps).

Praxisorientierte Tipps

1. Keine ausufernde Diskussion über die Einhaltung zulassen.

2. Vorschriften erläutern und evtl. auch in gedruckter Form zeigen.

3. Wünsche nach einer Ausnahme ablehnen.

4. Vorteile und Nutzen der Vorschriften erwähnen.

5. Auf ein gutes Gesprächsklima achten, es fördert die Akzeptanz der Ablehnung.

Es muss Ihr Hauptziel sein, dass Ihr Kunde die Absage, die ihn nicht erfreut, trotzdem akzeptiert. Geben Sie daher Informationen aus dem Umfeld des Problems – der Erklärungshintergrund macht die Situation für Ihren Kunden transparent. Kann er die Gründe für die Absage nachvollziehen, versteht er sie leichter. Geben Sie dem Kunden so viele Informationen, dass es ihm rational und emotional unmöglich wird, weiterhin seine Forderung aufrechtzuerhalten. Das ist viel wirkungsvoller, als an sein Ein­sehen zu appellieren („Sie müssen doch auch mal uns verstehen.“), was meist als Zeichen von Hilf­losigkeit gewertet wird. Suchen Sie möglichst nach einem neuen Vorschlag, nach einer Alternative. Schon die Suche danach wird vom anspruchsvollen Kunden positiv bewertet. So gibt es für manche ­rezeptpflichtige Arzneien ein vergleichbares rezeptfreies Produkt, oder Sie bieten an, beim Arzt wegen eines Rezepts nachzufragen.

Kommunikative Kompetenz

Absagen sind immer eine besondere Herausforderung, wenn Kunden hartnäckig sind und sich durchsetzen möchten. Die üblichen Floskeln „Tut mir leid“ oder „Bitte haben Sie Verständnis“ haben wenig Wirkung, auch wenn sie ernst gemeint sind. Bitten Sie nicht um Verständnis, sondern äußern Sie Verständnis für die Enttäuschung des Kunden, statt „Bitte haben Sie Verständnis“ besser „Wir haben für Ihre Enttäuschung Verständnis“.

Zu unterscheiden sind die „Botschaftsformen“. Mit einer Ich-Aussage äußert man seine eigene Meinung („Ich kann Ihnen da nicht helfen“), die vom Kunden angreifbar ist. Hinter der Wir-Aussage („Wir können Ihnen da nicht helfen“) steht das Team, nicht die Einzelmeinung, sondern alle gemeinsam. „Wir“ wirkt meist stärker und wird weniger angezweifelt oder diskutiert.

Normalerweise erfährt der Kunde erst die Absage und dann die Begründung. Interessant ist aber die umgekehrte Reihenfolge: Erst wird der Grund genannt, warum etwas nicht geht, dann folgt die Absage. Wenn die Begründung überzeugend ist, muss man sich nicht mehr mit der Absage befassen, weil der Kunde den Schluss als logische ­Folge selbst ziehen kann. Für die Begründung verwendet man idealerweise zwei Drittel Zeitanteil, für die Absage ein Drittel.

Es gibt auch Tabuthemen. Man sollte nicht auf alles eingehen, was der Kunde behauptet, z. B. wenn er mit anderen Apotheken vergleicht, die angeblich viel großzügiger sind und seinen Wunsch nicht ablehnen. Wie will man überprüfen, ob dies tatsächlich stimmt?

Eine Absage sollte man wertneutral vornehmen oder positiv formulieren und auf Negativaussagen wie „nein“, „geht nicht“ oder „müssen“ verzichten (vgl. die Tabelle „Wie kann man Absagen besser formulieren?“).


Wie kann man Absagen besser formulieren?
negativ
positiv
Dafür müssen Sie ein Rezept haben.
Für dieses Medikament benötigen wir ein Rezept.
Ich kann Ihnen nicht versprechen, ob es klappt.
Wir versuchen, Ihnen das Medikament bis ... zu besorgen.
Sie dürfen diese Tabletten nicht ­absetzen.
Bitte achten Sie auf die regelmäßige Einnahme.
Diese Packung gibt es nicht kleiner.
Diese Packung gibt es nur in dieser Größe.

Negative Gefühle ­vorwegnehmen

Jede Absage löst Enttäuschung beim Kunden aus, auch wenn er das nicht gleich zu erkennen gibt. Ihr Gesprächsziel: trotz Ihrer Absage ein gutes Klima schaffen und Akzeptanz erreichen. Sprechen Sie daher seine Gefühlsebene an. Nehmen Sie Anteil an seiner Enttäuschung, noch bevor der Kunde sich äußert.

Sagen Sie mit viel Fingerspitzengefühl ab, z. B. „Ich weiß, Sie sind jetzt enttäuscht“, „Ich kann mir vorstellen, dass Sie jetzt verärgert sind“. Kunden, die sich anerkannt, geschätzt und verstanden fühlen, werden bei Absagen viel positiver und gelassener reagieren. Durch die Art, wie Sie das Gespräch führen, beeinflussen Sie die Reaktion des Kunden. Regen Sie sich nicht auf, wenn der Kunde mit einer ­Diskussion anfängt und behauptet, dass es dringend und deshalb eine Ausnahme notwendig sei. Sie müssen Ruhe bewahren, wenn der Kunde gegen Ihre Absage argumentiert. Behandeln Sie ihn so, dass er sich nicht als Verlierer fühlt. Wenn Sie sich Ihre Ablehnung gut überlegt haben, gibt es keinen Grund dafür, sie später zu bereuen (siehe auch Kasten „Was Sie vermeiden sollten). Man sollte auch in der Regel nicht einem Kunden etwas absagen, was man einem anderen gestattet. Falls dies „rauskommt“, fühlt er sich ungerecht behandelt.

Was Sie vermeiden sollten

  • Sich durch Drängen des Kunden beeinflussen zu ­lassen.
  • Schroff und unfreundlich abzulehnen – auch wenn Sie Grund haben, verärgert zu sein.
  • Schuldgefühle zu haben – Sie können Ihre Absage doch begründen, oder?
  • Nachtragend zu sein, den Kunden beim nächsten Besuch negativ zu sehen.

Die meisten Kunden, denen Sie einen Wunsch abgelehnt haben, sind nicht verloren – sie kommen wieder. Die Ablehnung eines Wunsches ist schließlich keine „echte“ Reklamation, bei der man die Kundenbeziehung riskiert. Allerdings muss man „Nein sagen“ auch lernen, sonst wird man ausgenutzt. Außerdem spricht es sich herum, wenn eine Apotheke häufig Ausnahmen macht.

Eine Sprache sprechen

Wenn der Apothekenleiter eine Ausnahme macht, kann das in ­seiner Abwesenheit zu Problemen führen, falls Kunden von den Mitarbeitern auch entsprechende Zugeständnisse verlangen („Beim Chef habe ich das Medikament aber schon ohne Rezept bekommen!“). Hier wird am besten schon im Vorfeld im Team geklärt, welches Verhalten die Mitarbeiter an den Tag legen sollen. Prinzipiell ist dabei Vorsicht anzuraten. Denn zum einen kann nicht un­bedingt davon ausgegangen werden, dass der Kunde auch die Wahrheit sagt, zum anderen sollte eine Ausnahme seitens des Chefs nicht zur (schlechten) Angewohnheit werden.

Das sollten Sie ­beachten

  • Lassen Sie sich nicht vom Kunden unter Druck setzen.
  • Ärgern Sie sich nicht über eine extreme Forderung.
  • Äußern Sie Verständnis für die Enttäuschung des Kunden.
  • Verzichten Sie auf negative Formulierungen.
  • Versetzen Sie sich in die Lage des enttäuschten Kunden.
  • Nutzen Sie die unterschiedlichen Botschaftsformen.
  • Bedanken Sie sich bei verständnisvollen Kunden.

Lehnt ein Mitarbeiter einen Wunsch ab, versucht der Kunde möglicherweise, diesen Wunsch beim Leiter der Apotheke durchzubringen. Falls dieser sich nicht mit dem Kunden „anlegen“ will und zusagt, verliert der Mitarbeiter an Glaubwürdigkeit. Im Zweifelsfall ist es daher besser, wenn der Mitarbeiter selbst keine Absage macht und den Fall erst intern bespricht. Das Personal sollte hinter der Entscheidung, die getroffen wird, stehen. Es darf nicht zu Kommentaren kommen wie: „Wenn es nach mir gegangen wäre, hätte ich anders entschieden.“ |

Rolf Leicher, Kommunikationstrainer, Oberer Rainweg 67, 69118 Heidelberg,

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