Foto: Robert Kneschke – Fotolia.com

Management

Coaching von Apotheker zu Apotheker

Aus den Erfahrungen des Kollegen lernen

Zuweilen ist es hilfreich, wenn Apothekenleiter in den Erfahrungsaustausch gehen und sich gegenseitig unterstützen. Dabei kann auch jenseits der institutionalisierten Erfa-Gruppen ein kollegialer Austausch sinnvoll sein. Doch wie sollte er ablaufen?

Mehrere Apotheker treffen sich in regelmäßigen Abständen zu ­einem Erfahrungsaustausch. Der eine berichtet von dem schwierigen Personalgespräch, der andere erzählt von dem mobbenden Angestellten, der dritte hat festgestellt, dass sich zwei Mitarbeiter bekriegen und darunter die Arbeitsproduktivität leidet. Zum Glück hat einer der anderen Apotheker vor zwei Jahren etwas Ähnliches erlebt und kann mit Lösungsvorschlägen aufwarten.

Erfahrungsaustausch mit konkretem Anlass

Mit Kollegen-Coaching ist nicht ­allein der Plausch zwischendurch und das Gespräch während der Mittagspause gemeint. Kollegen-Coaching meint den organisierten Erfahrungsaustausch, bei dem ein konkreter Anlass vorliegt. Die Trainerin und Buchautorin Katja Kruckeberg (www.kruckeberg.de) spricht in diesem Zusammenhang von Buddy-Coaching (Buddys = Kollegen).

Im Eingangsbeispiel hat sich die Apotheker-Runde dieses Mal unter dem Arbeitsmotto „Umgang mit schwierigen Mitarbeitern und konfliktbeladenen Mitarbeitersituationen“ zusammengefunden. Beim nächsten Austausch geht es um die Work-Life-Balance: Wie lassen sich die beruflichen Anstrengungen und Herausforderungen mit den privaten Bedürfnissen harmonisieren?

Gegenseitige Wertschätzung notwendig

Da es beim Kollegen-Coaching weniger um pharmazeutische Fachfragen geht, sondern um ­Themen, die zumeist den zwischenmenschlichen und den ­Verhaltensbereich betreffen, ist das Vertrauensverhältnis zwischen den Apothekern von Be­deutung. Wenn etwa darüber gesprochen wird, wie die Kollegen mit Stress und Belastungen umgehen, müssen alle Beteiligten darauf vertrauen können, dass die Gesprächsinhalte nicht nach außen getragen werden – es sei denn, dies wird ausdrücklich ­gewünscht.

Beim wertschätzenden Erfahrungsaustausch steht das Feedback durch die Kollegen im ­Fokus, die einem Apotheker eine Rückmeldung zu seinem Verhalten geben. Das kann durchaus kritisch sein und (Verhaltens-)Fehler betreffen, die dem Apotheker aus der Sicht der Kollegen ­unterlaufen sind: „An deiner Stelle hätte ich mich bei der Reklamation der Kundin, die unzufrieden ist mit dem Blutdruckmessgerät, anders verhalten, nämlich ... Und zwar, weil ... Was meinst du dazu?“ Der Erfahrungsaustausch ­ermöglicht den Blick durch eine andere, ja durch mehrere Wahrnehmungsbrillen. So lassen sich alternative Verhaltensweisen diskutieren, ohne den Kollegen anzugreifen oder als Besserwisser aufzutreten.

Foto: Robert Kneschke – Fotolia.com
„Wie hast du das gemacht?“ Bei einem organisierten Erfahrungsaustausch kann Jung von Älter und Männlich von Weiblich profitieren – wie groß die Gruppe dieses „Buddy-Coaching“ ist, entscheiden die Teilnehmer.

Die andere Perspektive nutzen

Der große Vorteil eines Kollegen-Coachings besteht darin, eine andere Sichtweise kennenzulernen. Darum ist es wichtig, dass der Erfahrungsaustausch zwischen Personen stattfindet, die im Alltag nicht zusammenarbeiten und zudem unterschiedlichen Alters und Geschlechts sind. Geeignete Kandidaten findet man beispielsweise über Studienkollegen, in Diskussionsforen im Internet, bei Fortbildungen oder über Kontakte im Apothekerverband.

Wenn zum Beispiel der männliche Apotheker beim Thema Work-Life-Balance die weibliche Sicht der Dinge erfährt – und umgekehrt –, kann dies zu Ratschlägen führen, die wirklich weiterhelfen. Und auch die Erfahrungen des ­älteren Kollegen können dem jüngeren zugutekommen, etwa wenn ein Vertreter der Y-Generation von einem Vertreter der X-Generation Wissenswertes zum Umgang mit stressigen Situationen erfährt – diesbezüglich verfügt der Ältere über einen größeren Erfahrungsschatz.

Zugleich ist es für den älteren Apotheker hilfreich, vom jüngeren Kollegen zu hören, wie wohltuend und zielführend es sein kann, sich auf den privaten Bereich zu konzentrieren und Ruhestunden zu nutzen, um den leeren Akku aufzufüllen.

Allerdings: Es gibt auch ältere Apotheker, die es verstehen, eine ausgeglichene Work-Life-Balance zu leben, und jüngere Kollegen, die rund um die Uhr arbeiten und nicht fähig sind, abzuschalten. Darum ist es richtig, bei ­diesem Coaching bewusst den ­Erfahrungsaustausch mit Kollegen zu suchen, von denen man weiß, dass sie anders ticken als man selbst.

Gruppenaustausch mit Struktur

Kommen wir nochmals auf das Eingangsbeispiel zurück: Das Kollegen-Coaching weist eine Struktur auf und folgt einem ­Zeitplan und Spielregeln. Denkbar ist, dass die Teilnehmer einen Apotheker zum Moderator bestimmen. Wenn die Gruppe ein Thema festlegt, zu dem sich die Mitglieder austauschen, wird sich rasch herauskristallisieren, ob einer der Apotheker zu einem Problembereich Rat und Unterstützung benötigt. Die Kollegen treten als „Berater“ auf und einer von ihnen fungiert als Moderator. Dabei werden vermutlich die Rollen von Thema zu Thema wechseln.

Ein Praxistipp: Hat die Gruppe erst einmal einen festen Rhythmus gefunden, in dem sich die Apotheker austauschen, können sie von Sitzung zu Sitzung Themen und beispielsweise ein un­gelöstes Problem aus dem Arbeitsalltag festlegen. Die Teilnehmer bereiten sich entsprechend vor und bringen ihre jeweiligen Erfahrungen zu dem festgelegten Thema ein.

Optionen aufweisen

Eine besondere Verantwortung kommt den beratenden Kollegen zu – dies gilt übrigens auch schon für den Austausch zwischen zwei Apothekern. Der Berater sollte sich seiner Verantwortung bewusst sein und wissen, dass seine Ratschläge beim hilfesuchenden Kollegen zu konkreten Reaktionen führen können, ja führen ­sollen. Darum sollte der Berater seine Hinweise nie verabsolutieren, sondern sie immer als Möglichkeiten und Alternativen darstellen. Welchen der diskutierten und vorgestellten Lösungswege der ratsuchende Apotheker wählt, bleibt stets ihm selbst überlassen.

Hilfe zur Selbsthilfe

Auch wenn der ratsuchende Apotheker keinen der angebotenen Lösungsvorschläge übernimmt, sondern motiviert wird, seine persönliche Lösung zu finden, weil die Diskussion mit den Kollegen ihm neue Horizonte eröffnet hat, war das Coaching zielführend: Der Apotheker hat Hilfe zur Selbsthilfe erhalten.

Natürlich kann es hilfreich sein, wenn beim Kollegen-Coaching zu Beginn ein externer Berater hinzugezogen wird, der den Apothekern die Grundlagen der moderierten Beratung nahebringt. In einem solchen Fall wäre die Finanzierung des Beraters zu klären.

Eventuell jedoch ist es sogar von Vorteil, wenn sich die Gruppe auf einen Lernprozess einlässt: In dessen Verlauf wachsen die Apotheker in die verschiedenen Rollen hinein. Sie unterstützen sich gegenseitig dabei, die wertschätzende Moderation zu übernehmen, ohne falsche Scham die belastenden Probleme zu schildern, Rat anzunehmen und vor allem als unterstützende Berater zu agieren, die es nicht besser wissen, sondern den Kollegen ihre Erfahrungen konstruktiv zur Verfügung stellen. |


Dr. Michael Madel, freier Autor und Kommunikationsberater

Das könnte Sie auch interessieren

Risiken erkennen – Maßnahmen zur Prävention ergreifen

Was tun bei Burnout oder Boreout?

Work-Life-Ba­lance macht den Unterschied

Apobank-Studie: Selbständigkeit oder Anstellung?

Wie bringt man alles unter einen Hut?

Der Apotheken-Ökonom : Work-Life-Balance

So beugt der Apotheker der Kündigung seiner Topleute vor

Mitarbeiterbindung in der Apotheke

Was bringt Führungskräfte weiter?

Erfa-Gruppe vs. Einzel-Coaching

Denkanstöße statt Lösungsvorschläge

Der Apotheken-Ökonom: Coaching 

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.