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Recht
Die häufigsten Irrtümer bei der Kündigung
Worauf die Arbeitsgerichte achten
Irrtum: Kündigungen müssen begründet sein
Es war ein Fehler, dass ein Arbeitgeber einer Mitarbeiterin mit Hinweis auf ihre Rentenansprüche mit folgender schriftlicher Begründung kündigte: „Inzwischen bist Du pensionsberechtigt, und auch für uns beginnt ein neuer Lebensabschnitt in der Praxis im kommenden Jahr ...“ Die Mitarbeiterin wehrte sich vor Gericht – mit Erfolg. Die Kündigung war aufgrund der Begründung des Arbeitgebers unwirksam.
Eine Kündigung ist eine einseitige Willenserklärung. Sie muss beim Empfänger ankommen. Er muss sie nicht akzeptieren oder eine Handlung vornehmen, damit sie wirksam wird. Es reicht somit, wenn die Erklärung in den sogenannten Machtbereich des Empfängers gelangt. Das kann durch Übergabe am Arbeitsplatz erfolgen oder durch Einwurf in den privaten Briefkasten.
Vor Gericht muss der Arbeitgeber den Zugang der Kündigung beweisen. Dieser Nachweis kann erfolgen, indem die Kündigung unter Zeugen übergeben wird oder durch eine schriftliche Empfangsbestätigung des Arbeitnehmers.
Darüber hinaus muss aus der Kündigung hervorgehen, was gekündigt wird (Arbeitsvertrag vom) und von wem (leserliche Unterschrift). Eine Begründung fordert das Gesetz nicht. Die Erklärung der Kündigung im obigen Beispielsfall war unnötig. Nach dem Gleichbehandlungsgesetz darf niemand wegen seines Geschlechts, seiner Religion oder seines Alters benachteiligt werden. Bestehen Indizien für eine Benachteiligung und kann der Arbeitgeber dies nicht widerlegen, ist die Kündigung unwirksam (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 23.07.2015, Az.: 6 AZR 457/14). Der Hinweis auf die Pensionsansprüche lässt Rückschlüsse auf das Alter zu und damit auf mögliche Kündigungsgründe. Hätte der Arbeitgeber die Kündigung nicht begründet, wäre sie gerechtfertigt gewesen.
Regel: Eine Kündigung ist auch ohne schriftliche Begründung wirksam.
Irrtum: Mündliche Kündigungen sind wirksam
Der Chef brüllt „Sie sind entlassen“, der Arbeitnehmer packt seine Sachen und geht. So oder ähnlich kennt man es aus Fernsehserien. Und noch im letzten Jahrzehnt war dies rechtlich möglich. Die Gesetzeslage hat sich jedoch geändert: Eine Kündigung muss schriftlich erfolgen (§ 623 BGB). Damit sind Kündigungen per E-Mail, Fax, SMS und in jeder anderen elektronischen Form ausdrücklich ausgeschlossen. Dies gilt übrigens auch für Aufhebungsverträge.
So schreibt man eine Abmahnung
Die Abmahnung muss so geschrieben sein, dass der Arbeitnehmer genau weiß, wie er sich zukünftig verhalten muss.
Beispiel: Der Arbeitstag beginnt laut Arbeitsvertrag um 9:00 Uhr in der Apotheke. Wenn der Arbeitnehmer 15 Minuten zu spät kommt, muss die Abmahnung Folgendes enthalten:
- die Pflicht des Arbeitnehmers („Nach Ihrem Arbeitsvertrag sind Sie verpflichtet, bis spätestens 9:00 Uhr Ihre Arbeit aufzunehmen.“),
- den Verstoß des Arbeitnehmers („Sie sind am Datum x um 9:15 Uhr und am Datum y um 9:16 Uhr zur Arbeit erschienen. Damit haben Sie gegen Ihre Pflichten aus dem Arbeitsvertrag verstoßen.”),
- die angedrohte Konsequenz („Sollte sich dieses Verhalten zukünftig wiederholen, wird das Arbeitsverhältnis von uns gekündigt werden.“).
Pünktlich zur Arbeit zu erscheinen, gehört zu den Pflichten des Arbeitnehmers. Dies gilt unabhängig davon, ob er sein Zuspätkommen selber zu verantworten hat. Befinden sich zum Beispiel Baustellen auf dem Arbeitsweg, die die Anfahrtszeit verlängern, muss der Arbeitnehmer entsprechend früher losfahren. Weder Baustellen noch temporäre Ampeln oder die ständige Verspätung von Bussen und Bahnen rechtfertigen einen verspäteten Arbeitsantritt. Entlasten kann den Arbeitnehmer hier lediglich ein Fall höherer Gewalt, etwa das Auftreten von Blitzeis und die gleichzeitige Einstellung des öffentlichen Personennahverkehrs.
Irrtum: In Kleinbetrieben gibt es keinen Kündigungsschutz
In Kleinbetrieben gilt das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) nicht. Doch wo hört der Kleinbetrieb auf und welcher Sonderkündigungsschutz muss von allen Betrieben beachtet werden?
Das Kündigungsschutzgesetz gilt unter folgender Voraussetzung (§ 23 Absatz 1 KSchG):
1. Mehr als zehn Arbeitnehmer im Betrieb.
2. Das Arbeitsverhältnis besteht beim Gekündigten länger als sechs Monate.
Bei Mitarbeitern, die bis zum 31.12.2003 im Betrieb begonnen haben, besteht Bestandsschutz. In diesem Fall reicht es aus, wenn der Betrieb mehr als fünf Mitarbeiter hat, die ebenfalls unter den Bestandsschutz fallen. Ansonsten gilt die Zehn-Personen-Regel.
Bei der Feststellung der Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer sind Teilzeitbeschäftigte mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von nicht mehr als 20 Stunden mit 0,5 und von nicht mehr als 30 Stunden mit 0,75 zu berücksichtigen. Personen, die über 30 Stunden arbeiten, zählen voll. Dabei zählen auch Aushilfen, ruhende Arbeitsverhältnisse (Eltern in der Elternzeit) oder geringfügig Beschäftigte. Hingegen werden der Apothekeninhaber oder Praktikanten nicht mit einbezogen.
Sofern das allgemeine Kündigungsschutzgesetz gilt, kann dem Arbeitnehmer nur dann wirksam gekündigt werden, wenn die im Gesetz vorgesehenen Gründe vorliegen und nachgewiesen werden. Dies sind:
- betriebsbedingte Gründe (zum Beispiel Rationalisierungen im Betrieb und ein damit verbundener Wegfall der Arbeit),
- verhaltensbedingte Gründe (zum Beispiel ein ständiges Zuspätkommen),
- personenbedingte Gründe (zum Beispiel die länger andauernde Erkrankung des Arbeitnehmers).
Gilt das KSchG nicht, so gibt es nur ein geringes Maß an gerichtlicher Überprüfung. So wird auch in Kleinbetrieben ein Mindestmaß an sozialer Rücksichtnahme erwartet (BAG Urteil vom 21.02.2001, Az.: 2 AZR 15/00). Das heißt, dass die Auswahl des gekündigten Mitarbeiters für das Gericht nachvollziehbar sein muss (Beispielsweise: Gibt es andere Arbeitnehmer, die nicht verheiratet, kinderlos, jünger oder nicht so lange im Betrieb sind?).
Bestimmte Personengruppen genießen zudem einen besonderen Kündigungsschutz, unabhängig von der Betriebsgröße:
- Schwangere Frauen und Mütter nach der Entbindung werden durch § 9 des Mutterschutzgesetzes geschützt (Kündigungsverbot).
- Eltern in Elternzeit schützt das Bundeserziehungsgeldgesetz.
- Schwerbehinderte werden durch § 85 Sozialgesetzbuch IX geschützt. Zur Kündigung ist die Zustimmung des Integrationsamtes erforderlich.
- Betriebsratsmitglieder sind durch § 15 Absatz 1 des Kündigungsschutzgesetzes und § 103 des BetrVG geschützt.
- Auszubildende werden durch § 15 des Berufsbildungsgesetzes geschützt.
Regel: In Kleinbetrieben gilt das Kündigungsschutzgesetz nicht. Das Recht zur Kündigung durch den Arbeitgeber ist nicht schrankenlos.
Irrtum: Kranken Mitarbeitern kann nicht gekündigt werden
Der Genesung wird es nur in seltenen Fällen förderlich sein, wenn ein kranker Mitarbeiter seine Kündigung erhält. Auch moralisch stoßen sich viele Menschen daran, einer kranken Person zu kündigen. Dies ist durchaus ehrenhaft, juristisch ist es aber unerheblich, wann die Kündigung (eine einseitige Willenserklärung) den Betroffenen erreicht.
Etwas anderes ist es, wenn ein Mitarbeiter nicht krank ist, sondern „blaumacht“. Wer seinen Arbeitgeber betrügt, dem kann fristlos gekündigt werden. Im Arbeitsvertrag kann geregelt werden, dass ab dem ersten Tag eine Krankmeldung vorgelegt werden muss. Gesetzlich ist dies ab dem vierten Tag verpflichtend. Eine entsprechende Regelung sieht auch der Bundesrahmentarifvertrag für Apothekenmitarbeiter vor.
Regel: Krankheit schützt vor Kündigung nicht.
Irrtum: Wer krank ist, muss zu Hause bleiben, sonst droht die fristlose Kündigung
Von erkrankten Menschen, die auf Reisen gehen oder Partys besuchen und denen anschließend gekündigt wird, hört man immer wieder. Dies bedeutet aber nicht, dass jeder Spaziergang, Einkauf oder der Weg zum Arzt ein Kündigungsgrund ist. Ein Mitarbeiter, der krank ist, muss sich schonen. Er darf nichts tun, was seiner Genesung zuwiderläuft. Es hängt somit von der Erkrankung ab, was erlaubt ist. Mit Gipsarm darf man durchaus ins Kino gehen. Anders ist es, wenn der grippal erkrankte Mitarbeiter am Wochenende durch die Kneipen zieht. Das fällt dann möglicherweise unter „blaumachen“.
Der Arbeitgeber wird jedoch über den Grund oder die Art der Erkrankung gar nicht unterrichtet, sodass es für ihn schwer ist, die Situation richtig einzuschätzen.
Regel: Erkrankte Mitarbeiter dürfen draußen sein.
Irrtum: Vor jeder Kündigung bedarf es einer Abmahnung
Eine Abmahnung soll dem Mitarbeiter die Möglichkeit geben, sein Verhalten zu ändern. Typische Beispielsfälle sind die Verweigerung einer im Arbeitsvertrag geregelten Tätigkeit, unpünktliches Erscheinen am Arbeitsplatz oder unentschuldigtes Fernbleiben. In diesen Fällen kann der Arbeitnehmer sein Verhalten ändern, sodass eine Abmahnung vor einer Kündigung erfolgen muss.
Anders, wenn eine Verhaltensänderung keinen Einfluss auf die Kündigung hat. Muss die Mitarbeiterzahl reduziert werden (betriebsbedingte Kündigung), bedarf es keiner Abmahnung, da eine Verhaltensänderung keinen Einfluss auf die wirtschaftliche Betriebssituation hat.
Bei einer fristlosen Kündigung bedarf es vorher keiner Abmahnung. Diese ist jedoch nur bei schwerwiegendem Fehlverhalten möglich, etwa einem Diebstahl.
Regel: Eine Abmahnung ist notwendig, wenn der Mitarbeiter sein Verhalten ändern soll.
Irrtum: Bei Kündigung wird eine Abfindung fällig
Dem Verlust des Arbeitsplatzes folgt eine gute Abfindung, denken viele. Eine solche Rechtsfolge (Verlust des Arbeitsplatzes gleich Abfindung) sieht das Gesetz nicht vor. Oft kommt es dazu, weil der Arbeitgeber einen Gerichtsprozess vermeiden will oder während des Prozesses eine Einigung gegen Zahlung gefunden wird. Abfindungen können auch (in seltenen Fällen) im Arbeitsvertrag vereinbart sein.
Regel: Eine Abfindung ist gesetzlich nicht zwingend.
Irrtum: Bis zum Ablauf der Kündigungsfrist kann geklagt werden
Nach einer Kündigung soll für beide Parteien schnell Rechtssicherheit bestehen. Das KSchG lässt nur drei Wochen zu, in denen die Kündigungsschutzklage bei Gericht eingegangen sein muss. Wird der Arbeitnehmer nicht innerhalb der Frist tätig, ist die Kündigung wirksam, unabhängig von möglichen Fehlern.
Regel: Nach einer Kündigung muss der Arbeitnehmer schnell handeln. |
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