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Gesundheitspolitik
Wieder Unregelmäßigkeiten in Indien
GMP-Inspektoren entziehen indischem Wirkstoffhersteller Zertifikate
Im Februar 2016 hatte ein Inspektorenteam den indischen Wirkstoffhersteller im Rahmen einer sogenannten EDQM-Überwachung aufgesucht. Hierbei handelt es sich um Inspektionen, die das European Directorate for the Quality of Medicines & Health Care durchführt, um sich davon zu überzeugen, dass in Herstellbetrieben, für die ein Certificate of Suitability (CEP) erteilt wurde oder werden soll, GMP-mäßig alles mit rechten Dingen zugeht. Das war bei Anuh Pharma Ltd., das über drei entsprechende Zertifikate verfügt, nicht der Fall. Die „Non-Compliance“ wurde festgestellt für alle Wirkstoffe, die an dem Standort hergestellt werden, darunter eine ganze Reihe wichtiger Makrolid-Antibiotika. Insgesamt 24 Mängel stellte das Überwachungsteam fest, davon zwei kritische und zwei der Kategorie „major“.
Europäische Kunden
Unter anderem stellte sich heraus, dass Anuh Pharma pharmazeutische Wirkstoffe von anderswoher beschafft, dann selbst mikronisiert und nach Europa exportiert oder an andere Unternehmen zum Export nach Europa beliefert. Nach Unternehmensangaben betraf dies die Substanzen Azithromycin, Chloramphenicol, Chloramphenicol-Palmitat, Ciprofloxacin HCl, Clarithromycin, Piperaquin-Phosphat, Roxithromycin und Sulfadoxin. Über die Provenienz der zugekauften Wirkstoffe ließ Anuh Pharma seine europäischen Kunden jedoch bewusst im Unklaren. Die Namen der ursprünglichen Hersteller, die Original-Chargennummern und die entsprechenden Analysenzertifikate wurden nicht an die Kunden übermittelt.
Außerdem war Azithromycin verarbeitet worden, das von einem bekanntermaßen nicht GMP-konform arbeitenden Betrieb in China stammte. Die europäischen Kunden wurden damit grob getäuscht und wissen nun nicht, wie es um die Qualität der Wirkstoffe tatsächlich steht.
Dokumente im Schutthaufen
Weitere schwerwiegende („major“) GMP-Verstöße bezogen sich auf das Dokumentationssystem. So entdeckten die Inspektoren Dokumente in einem Schutthaufen jenseits einer Mauer. Darunter befanden sich auch ein Originalbericht über das Umpacken einer Charge sowie zahlreiche Bestellungen von Wirkstoffen, besonders zu Azithromycin, Chloramphenicol, Chloramphenicol-Palmitat, Roxithromycin und Ciprofloxacin HCl, die bis in das Jahr 2013 zurückgingen. Weiterhin fehlten Validierungsdaten zu dem Mischprozess der mikronisierten Wirkstoffchargen und über die Reinigung der Ausrüstung.
Als Konsequenz aus diesen Inspektionsergebnissen wurde Anuh Pharma das derzeit gültige GMP-Zertifikat entzogen, das die italienische Arzneimittelagentur im Jahr 2013 erteilt hatte.
Zertifikate entzogen
Außerdem wurden die europäischen Zertifikate von Anuh Pharma, die die Übereinstimmung der eingesetzten Methoden mit dem Europäischen Arzneibuch bestätigen (Certificates of Suitabilities (CEPs)) für Erythromycin, Erythromycin-Ethylsuccinat und Pyrazinamid außer Kraft gesetzt.
Pharmafirmen, die die betreffenden Wirkstoffe für ihre Arzneimittelherstellung verwenden, müssen den Lieferanten wechseln und gegebenenfalls auch einen Chargenrückruf der betroffenen Produkte in Erwägung ziehen.
Nach Angaben auf der Webseite des Unternehmens ist Anuh Pharma mit Sitz in Tarapur, rund 120 Kilometer von Mumbai entfernt, einer der führenden Wirkstoffhersteller in Indien. Im Jahr 1932 gegründet, gehört es seit 1960 zum Firmenverbund der SK-Gruppe. Wie der indischen englisch-sprachigen Tageszeitung Business Standard zu entnehmen ist, exportiert das Unternehmen seine Produkte in verschiedene asiatische und lateinamerikanische Länder, aber auch nach Deutschland.
Vor rund zehn Jahren sei eine neue Produktionsstätte mit modernster Ausstattung entstanden. Mit seinen EDQM-Zertifikaten habe es im Jahr 2010 die Eintrittskarte für den europäischen Markt gelöst. Diese ist Anuh Pharma nun erst mal wieder los.
Erinnerung an GVK Bio-Skandal
Erst im Jahr 2014 hatte eine Inspektion französischer Arzneimittel-Kontrolleure in Indien weitreichende Folgen. Bei der Überwachung des indischen Unternehmens GVK Bio waren die Kontrolleure auf Ungereimtheiten gestoßen. Daten von Elektrokardiogrammen sollen manipuliert worden sein. Nach eingehender Prüfung entschied die EU-Kommission im Juli 2015, dass die betroffenen Tests nicht länger Basis für die Zulassung von Arzneimitteln sein können. Seit dem 21. August 2015 sind die Präparate im Binnenmarkt nicht mehr verkehrsfähig. Die Hersteller der zumeist betroffenen Generika erhielten die Gelegenheit, mit alternativen Studien nachzubessern. Der Skandal beschäftigte die Apotheker in Deutschland wochenlang. |
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