Gesundheitspolitik

Gezänk ums Entlassrezept

Kliniken und Kassenärzte streiten

BERLIN (diz) | Es ist gut angedacht: Die Sektorengrenze Krankenhaus/Hausarzt soll leichter überwunden werden mit einem verbesserten Entlassmanagement. Patienten sollen z. B. ein Entlassrezept vom Krankenhaus bekommen, das die Erstversorgung sicherstellen soll. Aber Krankenhaus und Ärzte streiten sich über die Umsetzung. Georg Baum, Hauptgeschäftsführer der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), erläuterte auf dem Wirtschaftsforum, wo es klemmt.
Foto: AZ/Ditzel

Will notfalls die Schiedsstelle anrufen: DKG-Hauptgeschäftsführer Georg Baum.

Seit 1. Januar 2016 sollte es die Entlassrezepte geben, mit denen Krankenhausärzte den Patienten Arzneimittel, aber auch Heil- und Hilfsmittel, Verbandmittel und mehr verordnen dürfen. Der Gesetzgeber hatte das Entlassrezept mit dem GKV-Versorgungsstärkungsgesetz eingeführt. Die Ausgestaltung sollte der Gemeinsame Bundesausschuss G-BA in einer Richtlinie vornehmen. Seit Dezember 2015 liegt diese auch vor. Darin ist z. B. geregelt, dass Klinikärzte für die Patienten, die am Freitag oder vor Feiertagen entlassen werden, mit einem Entlassrezept Arzneimittel in der N1-Größe verordnen können, um die medikamentöse Anschlussversorgung sicherzustellen.


Die strittigen Punkte

Doch mit Details der Regelung begann der Unfrieden zwischen der Krankenhausgesellschaft und den Kassenärzten. Ein Konflikt liegt beispielsweise in der Frage, welche Patienten von den Klinikrezepten profitieren könnten. Während die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) den Patientenkreis einschränken möchte, wollen ihn die Kliniken möglichst offen halten. Zu den weiteren noch strittigen Punkten gehört die Frage, ob eine Rufnummer des Krankenhausarztes zur persönlichen Erreichbarkeit angegeben sein muss. Außerdem: Müssen die Entlassrezepte auch die Vorgaben der Rabattverträge berücksichtigen? Laut Baum sei dies nicht möglich, da Kliniker keinen Einblick hätten, welche Verträge gerade gelten. Eine weitere Forderung der Kassenärzte: Alle verordnenden Klinikärzte sollten von den Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) eine lebenslang gültige KV-Arzt-Nummer erhalten – „da wäre man dann von einer Zwangsmitgliedschaft in der KV nicht mehr weit entfernt“, argwöhnt Baum. Dazu komme, dass die KBV versuche, im IT-Bereich ihre Norm den Klinikärzten überzustülpen.

„Sollten wir uns mit der KBV in den kommenden Wochen nicht über die strittigen Punkte einigen, müssen wir wohl die Schiedsstelle anrufen“, so Baum, „wir haben einfach noch nicht fertig verhandelt, wir brauchen noch ein bisschen mehr Zeit.“ Die ersten Entlassrezepte werden also nicht so schnell in den Apotheken aufschlagen. |


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