Gesundheitspolitik

Bremen für straffreien Cannabisanbau

Fraktionen von Bündnis 90/Die Grünen und SPD stellen Antrag in der Bürgerschaft

TRAUNSTEIN (cha) | Im rot-grün regierten Bremen lässt man beim Thema Cannabis nicht locker. Da zumindest kurzfristig auf Bundesebene keine Freigabe zu erwarten ist, will man nun die den Ländern verbleibenden Spielräume ausreizen.
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Kein Massenanbau, aber der Eigenanbau von einer bis dreiCannabispflanzen soll straffrei bleiben, wenn es nach der Bremer Initiative geht.

Die Fraktionen von Bündnis 90/Die Grünen und SPD haben am 15. März einen Antrag bei der Bremer Bürgerschaft eingebracht, in dem sie fordern, dass „die den Ländern verbleibenden Spielräume (…) in Bremen künftig konsequenter als bisher genutzt werden, um sich einer modernen ­Drogenpolitik anzunähern, die an Prävention statt an Repression ausgerichtet ist“.

Geplant ist insbesondere, dass „bei erwachsenen Beschuldigten, die mit Cannabis in geringen Mengen und zum Eigengebrauch umgehen (...), in der Regel von der Strafverfolgung abgesehen wird“. Analog soll dies gelten „beim Eigenanbau von Cannabis allein für den Eigenbedarf unter Berücksichtigung der Unterschiede von lebenden Pflanzen zu getrocknetem Cannabis“, sofern der Zugang von Kindern und Jugendlichen zu diesem Cannabis ausgeschlossen sei.

Wilko Zicht, drogenpolitischer Sprecher der Bürgerschaftsfrak­tion Bündnis 90/Die Grünen verweist gegenüber der Apotheker Zeitung auf § 31a Betäubungsmittelgesetz, nach dem die Staatsanwaltschaft von der Verfolgung ­entsprechender Vergehen absehen kann, „wenn der Täter die Betäubungsmittel lediglich zum Eigenverbrauch in geringer Menge anbaut (…) oder besitzt“. Die Grenze liege hier in den meisten Bundesländern bei 6 Gramm, wobei in Bremen eine Erhöhung auf 15 Gramm wünschenswert wäre.

Vorgesehen sei, so Zicht weiter, dass der Eigenanbau von einer bis drei Cannabispflanzen straffrei bleibe. Bremen sei dann das einzige Bundesland, das eine solche ­Regelung auch für den Anbau von Cannabis habe. Zicht ist zuversichtlich, dass mit der Annahme des Antrags durch die Bürgerschaft der gewünschte Verzicht auf Strafverfolgung beim Eigen­anbau erreicht wird.

(Fast) kein Pardon für Wiederholungstäter

Ob man das bei der Bremer Staatsanwaltschaft genauso sieht und die geforderten Änderungen tatsächlich im „Spielraum“ der Landesregierung verortet, muss sich allerdings erst noch herausstellen. Derzeit wird laut dem Pressesprecher der Staatsanwaltschaft Bremen „im Regelfall bei Wiederholungstätern nicht von der Anwendung des § 31a Betäubungsmittelgesetz Gebrauch gemacht“ – und damit nicht von einer Strafverfolgung abgesehen.

Substanzanalyse für Konsumenten

Ein weiteres Ziel des Antrags ist, dass die Fahrerlaubnis Cannabis-Konsumenten nur dann entzogen wird, wenn sie tatsächlich unter Einfluss von Cannabis Auto gefahren sind – analog zum Alkoholkonsum. Außerdem wird der Senat aufgefordert zu prüfen, ­„inwieweit Möglichkeiten zu schaffen sind, dass Konsumentinnen und Konsumenten eine Substanzanalyse des von ihnen verwendeten Cannabis durchführen lassen, um sie vor besonders gesundheitsschädlichen Inhaltsstoffen und Verunreinigungen zu schützen“.

Darüber hinaus soll laut dem ­Antrag von Grünen und SPD die Bürgerschaft den Senat auffordern, ein „Konzept für die Durchführung eines wissenschaftlich begleiteten Modellprojekts zur kon­trollierten Abgabe von Cannabis an Erwachsene zu erarbeiten“. Ziel ist, im Sommer eine Bundesratsinitiative zu starten, durch die im Betäubungsmittelgesetz „die gesetzliche Grundlage für derartige Modellprojekte“ geschaffen wird. Dazu werde, so Zicht, die Bremer Gesundheits­senatorin um Unterstützung bei ihren Kollegen auf Länderebene, z. B. aus Hamburg, Schleswig-Holstein oder Thüringen, nachsuchen.

Kontroverse Anhörung im Gesundheitsausschuss

Dass die Meinungen beim Thema Cannabis auch unter Experten erheblich auseinandergehen, wurde letzten Mittwoch bei der Anhörung zu dem von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vorgelegten Entwurf für ein Cannabiskontrollgesetz im Gesundheitsausschuss des Deutschen Bundestages deutlich. Dabei erklärte der Sachverständige Kai Ambos von der Universität Göttingen, dass Beispiele aus dem Ausland zeigten, dass eine liberale Drogenpolitik nicht notwendig zu einer Ausweitung des Drogenkonsums führe. Jedoch fehlten für Deutschland empirische Belege.

Dagegen äußerte Strafrechtsexperte Jörn Patzak, es müsse davon ausgegangen werden, dass mit einer solchen Gesetzesreform die Nachfrage nach Cannabis unter Jugendlichen steigen werde. Dies zeige die Entwicklung in den Niederlanden und Tschechien. Es sei ein Trugschluss, dass der Schwarzmarkt eingedämmt werde, vielmehr werde er aufgrund der Nachfrage unter Jugendlichen weiter bestehen.

Der Mediziner Rainer Thomasius verwies darauf, dass im US-Bundesstaat Colorado, wo Cannabis für Erwachsene legal erhältlich ist, der Konsum unter Jugendlichen im Alter zwischen 12 und 17 Jahren um 39% höher sei als die Durchschnittsquote aller US-Bundesstaaten in der Altersgruppe. |

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