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Gesundheitspolitik
Der Apotheken-Ökonom: Wenn Stillstand zum Erfolg wird
Ausblick auf das Jahr 2016
Nachdem 2015 als turbulentes Jahr bezeichnet werden darf, stellt sich die Frage, ob 2016 ruhiger wird, ähnlich aufregend ausfällt oder sogar Steigerungspotenzial hinsichtlich der Gesetze mit Apothekenrelevanz besitzt. Und je nachdem, was auf die Apothekerinnen und Apotheker zukommt, muss das Jahr bewertet werden. Mit ganz dramatischen Änderungen ist nicht zu rechnen, vielmehr wird die Standesvertretung der Apotheker versuchen, die im Jahr 2015 entstandenen Verwerfungen zurechtzurücken und ggf. korrigierend einzugreifen, wo dies geht. Eigentlich gibt es auch kaum Anzeichen dafür, dass die Geschwindigkeit für Gesetzesänderungen mit Auswirkungen auf die Apotheken so weitergeht – also ein Jahr des Stillstandes oder der Konsolidierung? Wahrscheinlich. Und damit wären die nächsten zwei Jahre mehr oder weniger einzufrieren, denn 2017 ist Bundestagswahl. Spätestens zum Jahreswechsel 2016/2017 wird der Wahlkampf eingeläutet – und ob Gesundheit dann das Feld ist, auf dem dieser in erster Linie ausgetragen wird und auf dem sich die Politik Blessuren holen will, darf, kann und muss bezweifelt werden.
Gleichwohl ist es ein düsteres Bild, wenn ein eher „langweiliges Jahr“ als Erfolg gepriesen werden muss, weil die Grundfeste wohl stabil bleiben dürften.
Was die Honorierung anbetrifft, können sich die Apotheker darauf einstellen, dass erst Mitte 2018 eine Änderung geschieht, denn das Gutachten, das Ende 2017 fertiggestellt sein soll, muss interpretiert, analysiert und dann ggf. in konkrete Handlungsempfehlungen umgesetzt werden. Schon heute sei darauf hingewiesen, dass auch gravierende Änderungen eintreten könnten. Die Haltbarkeit von Berechnungsgrundlagen und relevanten Parametern wird in dynamischen und turbulenten Zeiten eher rückläufig sein, weshalb dann knapp 15 Jahre nach dem GMG eine Anpassung der Arzneimittelpreisverordnung durchaus denkbar scheint.
Aus Sicht der Apotheker und ihrer Standesvertreter muss 2016 genutzt werden, um sich zu wappnen. Konsequent müssen weiter die Ideen aus dem Perspektivpapier verfolgt werden, mit aller Entschlossenheit und mit harten Bandagen. Dies bedeutet auch, dass die Verwerfungen aus dem E-Health-Gesetz an allen denkbaren Stellen angeprangert und Änderungen so oft auch nur möglich eingeklagt werden. Wenn der ABDA-Sprecher verkündet, dass die den Apothekern bei der Erstellung eines Medikationsplans zugewiesene Rolle und die dafür sich nicht abzeichnende Vergütung dann doch nicht so schlimm seien, deutet dies auf eine dramatische Entkopplung zwischen Standesvertretung und Basis hin. An dieser Stelle sei auch erlaubt zu fragen, ob die ABDA überhaupt einen Hauptgeschäftsführer hat oder ob es sich um ein Phantom handelt. Auf den letzten 50 Veranstaltungen mit und für Apotheker, bei denen ich dabei sein durfte, ist mir der Funktionsträger nie begegnet. Dass es viel Schmidt gibt, ist gut, aber so wenig wahrgenommener Schmitz irritiert! Vielleicht sollten die Ressourcen besser synchronisiert werden, damit der eine nicht verschleißt und der andere nicht ungerecht unter Wert bewertet wird.
Im Jahr vor der Bundestagswahl müssen strategische Siege eingefahren werden, auch oder gerade im Hinblick auf eine dann neue oder alte Koalition. Das letzte Mal, als die Apotheken durchaus Erfolge zu verzeichnen hatten, war 2011/2012, als das Honorar angepasst und eine neue Nacht- und Notdienstvergütung eingeführt wurden. Damals waren beide zuständigen Minister aus der FDP, eine Partei, die gegenwärtig nicht im Parlament sitzt, aber von Haus aus eine Nähe zu freien Berufen hat – aus vielerlei Gründen. Dass ich darauf noch einmal hinweisen muss, hätte ich mir nicht träumen lassen.
Den Apotheken ist ein riskanteres Vorgehen anzuraten. Wer immer nur auf Abwehr setzt, wer immer verteidigt, wer vorne keine Tore schießen will, kann maximal ein Unentschieden erreichen. Was – um im Bild zu bleiben – gegenwärtig geboten wird, ist wenig inspirierender Angsthasen-Fußball, was gezeigt wird, sind einstudierte Spielzüge und keine überraschenden Momente. Eigene Vorschläge werden leise und verhalten vorgetragen, andere Marktbegleiter scheuen sich weit weniger, auch mal nicht bis zuletzt Durchdachtes in die Diskussion einzubringen.
Wenn man sich nicht auf kreative Spielkunst versteht oder gar ein Kommunikationsdefizit aufweist, mithin gar nicht mehr hinreichend gehört wird, ist es eine offensive und vor allem aggressive Spielweise, die einen ins Gedächtnis des Publikums zurückbefördert. Das mag nicht optimal zum Beruf des Apothekers passen, zu dem der Ärzte auch nicht, was diese noch nie geschert hat.
Im Jahr 2016 wird Terrain abgesteckt, nicht mehr, aber auch nicht weniger. Es wird nicht viel Offizielles passieren, aber viel Taktisches und viel Strategisches. Und dann muss eben auch darüber nachgedacht werden, wer Trainer, Mannschaft und Teammanager ist. Wäre Oliver Kahn Apotheker und nicht ehemaliger Fußballer, würde er nach dem Jahr 2015 im Hinblick auf 2016 sagen: Mund abwischen, weitermachen, alle Vornehmheit ablegen und sich für die Apotheker schlicht mehr Eier wünschen. Ich schließe mich dem an!
Prof. Dr. Andreas Kaapke
Andreas Kaapke ist Professor für Handelsmanagement und Handelsmarketing
an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg, Standort Stuttgart, und
Inhaber des Beratungsunternehmens Prof. Kaapke Projekte. E-Mail:
a.kaapke@kaapke-projekte.de
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