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Aus der Hochschule
Appetit auf patientenorientierte Pharmazie
Eine neue Vorlesung für Erstsemester an der Universität Bonn
Tod und Krankenhausaufenthalt wegen UAW
„Der Apotheker als Therapiebegleiter“ war das Thema der ersten von zehn Vorlesungen. Dabei ging es um die Fragen: Wie sicher ist die Arzneimitteltherapie? Welche Probleme gibt es? Wie können Apotheker zur Problemlösung beitragen?
Jaehde berichtete u. a., dass eine Brustkrebspatientin wegen einer vierfachen Überdosierung des Chemotherapeutikums Cyclophosphamid verstarb. Insgesamt sollen jährlich in Deutschland 16.000 bis 58.000 Menschen aufgrund von unerwünschten Arzneimittelwirkungen (UAW) sterben. Zudem beruhen fünf Prozent der Krankenhauseinweisungen auf UAW. So wurde eine 85-jährige Heimbewohnerin mit Polymedikation mehrfach ins Krankenhaus eingeliefert, weil die Dosierung ihrer Arzneimittel nicht an ihr Alter angepasst war. Um solche Probleme möglichst früh zu entdecken und zu lösen, muss bei einer komplexen Medikation regelmäßig ein Wechselwirkungs-Check erfolgen und die Dosierung überprüft werden.
Was alles schieflaufen kann …
In den nächsten Vorlesungen berichtete Dr. Ronja Woltersdorf über folgende Themen: Medikationsfehler, UAW, Kontraindikationen, Interaktionen, Dosierungsfehler, Monitoring, Mangelnde Therapietreue und Einnahmefehler.
Dabei wurde deutlich: Nicht nur durch den Patienten kann es zu Abweichungen vom idealen Medikationsprozess kommen, sondern auch durch den Arzt und den Apotheker. Hinzu kam das Thema der Selbstmedikation, bei dem wohl die meisten betroffenen Personen nicht danach fragen, welche Risiken damit verbunden sein können. Gerade deshalb muss der Apotheker die sich selbst behandelnden Patienten gegebenenfalls darauf hinweisen.
„Apothekenalltag“ in der Uni
In der letzten Vorlesung „Fallbeispiele aus der Apotheke“ wurde es dann noch einmal richtig kreativ. Prof. Jaehde und Dr. Woltersdorf spielten den Studierenden mit einer bemerkenswerten schauspielerischen Leistung Szenen aus dem Apothekenalltag vor, die alles andere als perfekt abliefen. Einer von beiden spielte den Patienten, der andere den Apotheker. Auf diese Weise konnten die Studierenden die vorher in der Theorie besprochenen Probleme „miterleben“ und Vorschläge zur Verbesserung der pharmazeutischen Beratung und der Kommunikation zwischen Patient und Apotheker anbringen. Bei zwei Fallbeispielen spielten mineralische Arzneistoffe – magnesium- und aluminiumhaltige Antazida und Calcium zur Osteoporoseprophylaxe – eine wichtige Rolle, sodass die Studierenden auch ihr mittlerweile erworbenes Wissen aus der anorganischen Chemie einbringen konnten.
Lücke geschlossen
Die Teilnehmer urteilen über diese neue Lehrveranstaltung: „Unserer Meinung nach hat die Vorlesung eine wichtige Lücke geschlossen. Wir haben nicht nur einen Einblick bekommen, was uns später einmal im Beruf erwarten wird, sondern es wurde auch unser Interesse an der Pharmazie und die freudige Erwartungshaltung auf die höheren Semester gestärkt. Durch die im Verhältnis zu den anderen Vorlesungen kurze Vorlesungsreihe ist zudem kein anderes Fach des 1. Semesters zu kurz gekommen, sodass wir uns trotz dieser „Extra-Stunden“ gut auf die weiteren Seminare und Vorlesungen konzentrieren und ohne Probleme dem Chemiepraktikum widmen konnten. Wir alle gehen seit dieser Vorlesung mit anderen Augen in die Apotheke.“ |
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