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Kein Spielraum für Honoraranpassungen
7. Zukunftskongress des Apothekerverbands Nordrhein
Sein gesundheitspolitischer Rückblick aufs letzte Jahr könne nur auf den ersten Blick zufriedenstellend ausfallen, so Thomas Preis, Vorsitzender des Apothekerverbands Nordrhein zur Kongresseröffnung. Die Abwärtsbewegung bei Apotheken habe zwar gebremst werden können, aber unterm Strich gebe es mit rund 20.400 Betriebsstätten ein historisches Tief. Viele Apotheken befänden sich in einem „kritischen Zustand“.
Drei derzeit in Vorbereitung befindliche Gesetze tangierten auch die Apotheken, so Preis: das GKV-Versorgungsstärkungsgesetz (GKV-VSG), das Präventionsgesetz und das eHealth-Gesetz. So müsse noch ins eHealth-Gesetz einfließen, dass Apotheker in den Medikationsplan eingebunden werden. Nicht nachvollziehbar sei, dass Apotheker im Präventionsgesetz nicht vorkämen. Und im GKV-VSG sei keine Anpassung des Apothekenhonorars zu finden, außerdem keine Erhöhung der BtM-Gebühr und Rezepturpreise: „Hier besteht Nachbesserungsbedarf“, so Preis. Mit dem „Perspektivpapier 2030“ sei man dagegen auf einem guten Weg in die Zukunft. Preis zeigte sich zuversichtlich, Ziele wie das Medikationsmanagement „weit vor 2013“ zu erreichen. Allerdings könne dies nur mit motivierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gelingen: „Wir müssen um neue Mitarbeiter ringen“, so Preis. Die gemeinsam mit der Kammer ins Leben gerufene Initiative „Arbeitsplatz Apotheke“ werde in den kommenden Jahren versuchen, junge Menschen für die Apotheke zu begeistern. Preis appellierte in diesem Zusammenhang an die Landesregierung, auch weiterhin eine kostenfreie PTA-Ausbildung zu ermöglichen: „Finden Sie eine Lösung dafür!“
Kein Geld für Schulen
Doch bei diesem Appell zeigte Martina Hoffmann-Badache, Staatssekretärin im Ministerium für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter des Landes Nordrhein-Westfalen, kein offenes Ohr. In ihren Grußworten ließ sie wissen, dass die Schuldenbremse das Land zum Sparen zwinge und kein Geld für PTA-Schulen zu erwarten sei. Überzeugt sei sie allerdings, dass die Apotheke in Zukunft noch stärker gefragt sei: „Die Apotheke im Quartier ist nicht wegzudenken.“ Die Ärzte müssten die Unterstützung der Apotheken anerkennen, z. B. bei der Überprüfung der Medikation. Die Staatssekretärin machte auch deutlich, dass man keine Apothekenketten und keine Pick-up-Stellen wolle.
Die Freigabe der „Pille danach“ begrüßte sie und zeigte sich überzeugt davon, dass die Apotheken die Kompetenz für eine umfassende Beratung dazu besitzen.
Mehr Honorar nur für mehr Beratung
Klare Ansage von der CDU: Mehr Honorar für die Apotheken gibt’s nur, wenn mehr Beratungsleistungen erbracht werden. Für eine jährliche Überprüfung und Dynamisierung des Honorars sei derzeit kein Spielraum, so der CDU-Politiker Erwin Rüddel in der gesundheitspolitischen Diskussionsrunde. Rüddel, der für den aus terminlichen Gründen verhinderten gesundheitspolitischen Sprecher der CDU/CSU, Jens Spahn, eingesprungen war, ist Mitglied des Bundesfachausschusses „Gesundheit und Pflege“. Auch den Hinweis von Thomas Preis, dass das Apothekenhonorar von 8,35 im Jahr 2015 nur noch einer Kaufkraft von 7,16 Euro entspreche, ignorierte Rüddel: „Im Moment, so sind wir uns einig, ist es nicht an der Zeit über eine Honorarerhöhung zu diskutieren.“ Dagegen hatte die Opposition in Person von Kathrin Vogler, Die Linke, durchaus Verständnis für den Dynamisierungswunsch der Apotheker, während die Grünen-Politikerin Maria Klein-Schmeink für die Entwicklung neuer Honorierungsstrukturen, vor allem wegen neuer Beratungsaufgaben, plädierte. Auch der Hinweis von Preis, dass selbst der Notdienstfonds den Apotheken nicht in der zugesagten Höhe zur Verfügung stehe, änderte am CDU-Kurs nichts. Aber, so Rüddel: „Wir brauchen mehr Beratung im System, Apotheker stehen da an vorderster Front.“ Die Ärzte würden das alles nicht mehr alleine bewerkstelligen können, so Rüddel, die Beratungsleistungen der Apotheker werden in Zukunft stärker nachgefragt werden.
Immerhin beim Thema Retaxationen, waren sich die Diskutanten einig: Hier seien eindeutige Regelungen notwendig. Formfehler müssten nachgebessert werden können und die erbrachte Leistung müsste bezahlt werden, wenn der Krankenkasse kein Schaden entstanden sei, so Vogler.
Und zur „Pille danach“: „Das war keine Glanzleistung der CDU“, bekannte Rüddel freimütig, er sei froh, „dass das Thema nun abgehakt ist: Wir sind jetzt wieder sprachfähig“, so der CDU-Politiker. Klein-Schmeink fügte hinzu, es sei bemerkenswert, dass die Koalition wenig Vertrauen in die Beratung der Apotheken zur „Pille danach“ gehabt hatte. Und Vogler zeigte sich zufrieden, dass nun endlich die Gesetzesänderung dazu auf dem Weg sei, „Oppositionsarbeit lohnt sich“.
Chance Demografie
Der Anteil der Älteren in der Bevölkerung wird in den nächsten Jahren rasant ansteigen. 2013 konnten 6392 Personen in Deutschland ihren 100. Geburtstag feiern. Aufgabe und Herausforderung der Gesellschaft und des Gesundheitswesens, aber auch eines jeden Einzelnen sei es, die Lebensqualität im Alter zu sichern, so Prof. Dr. Ursula Lehr, Bundesministerin a. D. und Vorsitzende der Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen (BAGSO), in ihrem Keynote-Vortrag. Sorgen bereite die Entvölkerung des ländlichen Raums, worunter die Infrastruktur leide und die Versorgung der dort lebenden älteren Menschen. Lehr sprach sich für eine flexible Altersgrenze im Beruf aus, da die Leistungsfähigkeit der Älteren sehr unterschiedlich sei. Als wachsendes Problem sieht sie die steigenden Zahlen von Demenz und Depression im Alter. Die BAGSO-Vorsitzende setzte sich dafür ein, Vorsorge auch Älteren zukommen zu lassen, um die Pflegebedürftigkeit im Alter so lange wie möglich hinauszuschieben. Wichtig seien körperliche und geistige Aktivität, soziale Kontakte und eine gesunde Ernährung. Ihr Appell an die Apotheken: seniorengerechte, barrierefreie Apotheken zu schaffen.
Digitalisierung und Profilierung
Nach Auffassung von Dr. med. Markus Müschenich, Vorstand des Bundesverbandes Internetmedizin, werde das Internet zum steuernden Faktor in der Medizin. Seine These untermauerte er mit dem Hinweis auf bereits bestehende Nutzungsangebote, zum Beispiel Online-Dienste im Bereich der Diabetesversorgung 2.0 und der Dermatologie sowie eine Online-Sprechstunde. Er plädierte dafür, dies als Chancen „in dieser nicht aufzuhaltenden Entwicklung“ zu sehen und zu nutzen. Nach seiner Überzeugung würden durch eine bessere Vernetzung mehr Menschenleben gerettet als ohne.
Zum Thema Apothekenbetriebsführung zeigte Georg Heßbrügge, Direktor Gesundheitsmärkte und -politik, Apobank, Handlungsoptionen auf. Da der Patient immer mehr in den Blickpunkt rücke, werden Gesundheitsdienstleistungen zunehmend an Wert gewinnen. Als mögliche Handlungsoptionen für die Apotheke vor Ort nannte er die Profilierung über heilberufliche Kompetenz, qualifizierte Dienstleistungs- und Präventionsangebote sowie die Betonung des Alleinstellungsmerkmals „lokaler Disease-Manager“ im Sinne einer klaren (Qualitäts-)Positionierung im Wettbewerb. |
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