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Arzneimittel und Therapie
Makrolide und das kardiovaskuläre Risiko
Erhöhte Mortalität bei gleichbleibender Sterblichkeit
Makrolide sind eine weitverbreitete Antibiotika-Familie, die für Atemwegsinfektionen und sexuell übertragbare Krankheiten eingesetzt wird. Über einige Wirkstoffe aus dieser Gruppe wurde berichtet, dass sie mit potenziell lebensbedrohlichen Herzrhythmusstörungen wie Torsade de pointes-Arrhythmien (s. Kasten) in Verbindung stehen.
Ventrikuläre Tachyarrhythmien und plötzlicher Herztod
Es besteht die Annahme, dass ventrikuläre Tachyarrhythmien wie Kammerflattern oder Kammerflimmern die Hauptursache für den plötzlichen Herztod sind.
Eine Sonderform der ventrikulären Tachyarrhythmien sind die Torsade de pointes-Arrhythmien. Diese Arrhythmien können sich entwickeln, wenn die Repolarisationzeit des Herzens, die QT-Zeit, verlängert ist. Eine QT-Verlängerung kann entweder angeboren sein (kongenitales QT-Syndrom) oder z. B. durch Arzneistoffe ausgelöst werden. Neben Klasse-III-Antiarrhythmika wie Amiodaron oder Sotalol, bei denen die QT-Zeit-Verlängerung Teil der erwünschten Wirkung ist, gehören z. B. Makrolide, Fluorchinolone, Terfernadin, Sertralin, Fluoxetin, Domperidon und Levomethadon zu diesen Wirkstoffen. Für medikamentenbezogene Torsade de pointes gelten u. a. Elektrolytstörungen (Hypokaliämie), bradykarde Rhythmusstörungen, langsame CYP-Metabolisierungsraten und weibliches Geschlecht als Risikofaktoren.
Quelle: Medikamentenbedingte QT-Verlängerung und Torsade de pointes. Dtsch Ärztebl 2002;99(28-29)
Eine Metaanalyse sollte nun Klarheit in die uneinheitliche Studienlage bringen. Dafür wurden Daten von über 20 Millionen Patienten aus 33 klinischen Studien analysiert. Als primärer Endpunkt dienten eine ventrikuläre Tachyarrhythmie oder ein plötzlicher Herztod, sekundärer Endpunkt war die kardiovaskuläre Mortalität.
Bei der Betrachtung von Patienten, die ein Makrolid einnahmen oder eingenommen hatten, fand sich ein signifikant erhöhtes Risiko für das Erreichen des primären Endpunkts (relatives Risiko 2,42). Dieser Effekt war stärker, je mehr Frauen in die Studie eingeschlossen waren und wenn gegenwärtiger Makrolidgebrauch betrachtet wurde. Wenn die Makrolidgabe bis zu einem Jahr zurücklag, betrug das relative Risiko nur noch 1,52.
Im Vergleich zu Patienten, die mit Penicillin oder Amoxicillin behandelt wurden, war das Risiko für Tachyarrhythmien oder plötzlichen Herztod deutlich erhöht (relatives Risiko 1,69). Durch diesen Vergleich konnte ausgeschlossen werden, dass die kardialen Effekte nicht rein auf der Belastung durch die Infektion beruhen.
Das Risiko, unter Makrolidtherapie an einem kardiovaskulären Ereignis zu sterben, war moderat erhöht (relatives Risiko 1,31), während die Gesamtsterblichkeit jedoch gleichblieb (relatives Risiko 1,02). Auch das Risiko für Herzinfarkt, Schlaganfall oder ähnliche schwere kardiovaskuläre Ereignisse war nicht gesteigert.
Eine Betrachtung der vier Makrolide einzeln zeigte, dass sie nicht in gleichem Maß von dem Risiko betroffen sind. Während Azithromycin, Erythromycin und Clarithromycin arrhythmogene Eigenschaften zeigten, erhöhte nur Clarithromycin die Gesamtsterblichkeit (relatives Risiko 1,28). Roxithromycin war dagegen nicht mit kardiovaskulären Nebenwirkungen assoziiert.
Zur Erklärung des Resultats, dass Makrolide die kardiovaskuläre Mortalität bei gleichbleibender Gesamtmortalität erhöhen, stellen die Autoren verschiedene Hypothesen auf. So zeigte eine Studie mit Pneumonie-Patienten, dass Makrolide im Vergleich mit anderen antibiotischen Therapien mit einer verringerten Mortalität verbunden waren. Aus diesem Ergebnis leiten die Autoren die Vermutung ab, dass das kardiovaskuläre Risiko durch die hohe anti-infektive Effizienz der Makrolide teilweise kompensiert werden könnte. Darüber hinaus sind immunmodulierende Effekte der Makrolide bekannt, die zur Senkung der Gesamtsterblichkeit beitragen könnten. |
Quelle:
Cheng YJ et al. The Role of Macrolide Antibiotics in Increasing Cardiovascular Risk, Journal of the American College of Cardiology 2015;66:2173-2184
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