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Kreative Lösungen für die Klinische Pharmazie
Jaehde: Neue DPhG-Standards sind auch im Rahmen der bestehenden Approbationsordnung umzusetzen
DAZ: Herr Professor Jaehde, was hat die DPhG-Arbeitsgruppe bewogen, jetzt ihre Standards aus dem Jahr 2004 zu aktualisieren?
Jaehde: Immer wieder wird zu Recht kritisiert, dass das Fach Klinische Pharmazie an den einzelnen Standorten sehr unterschiedlich gelehrt wird. Die Fachgruppe Klinische Pharmazie der DPhG möchte diese Situation ändern, da die Anforderungen an den Apotheker deutlich gestiegen sind und alle Absolventen dringend eine moderne und qualitativ hochwertige Ausbildung in diesem Fach brauchen. Die Standards sollen die Kollegen an den einzelnen Standorten dabei unterstützen, die bestehende Lehre in der Klinischen Pharmazie zu reflektieren und weiterzuentwickeln. Wir möchten den Anstoß geben, dass an allen pharmazeutischen Instituten über die Umsetzung der Standards diskutiert wird. Verbesserungspotenzial gibt es überall. Es ist daher wichtig, sich nicht mit dem Status quo zufriedenzugeben. Insofern hoffen wir, dass die Standards zu einer Verbesserung der Lehre an allen Standorten beitragen können.
DAZ: Ist es realistisch, dass in absehbarer Zeit tatsächlich Vollprofessuren an allen pharmazeutischen Instituten geschaffen werden?
Jaehde: Für jede akademische Disziplin gilt, dass die universitäre Ausbildung von Professoren des jeweiligen Faches gestaltet und verantwortet wird. Die Klinische Pharmazie als eines von fünf Prüfungsfächern der Pharmazie darf hier keine Ausnahme darstellen. Etwa die Hälfte der pharmazeutischen Institute hat bereits eine Professur für das Fach. An kleineren Instituten ist es sicher schwieriger, aber 14 Jahre nach Einführung des Faches sollte es zumindest überall eine Strategie geben, wie mittelfristig eine Vollprofessur geschaffen werden kann.
DAZ: Sind genügend qualifizierte approbierte Kollegen für diese Stellen vorhanden?
Jaehde: In den schon bestehenden Forschungsabteilungen für Klinische Pharmazie gibt es in der Regel Habilitationsmöglichkeiten, die auch genutzt werden. An einigen Standorten wurden Juniorprofessuren für Klinische Pharmazie eingerichtet, die ebenfalls für eine solche Professur qualifizieren. Einige Apotheker haben sich auch in der Medizin, zumeist in der Klinischen Pharmakologie, wissenschaftlich qualifiziert und bringen daher ebenfalls die erforderlichen Voraussetzungen mit. Zudem gibt es deutsche Apotheker, die im Ausland wissenschaftlich an Themen der Klinischen Pharmazie arbeiten. An zu wenigen Kandidaten wird die Einrichtung einer Professur sicher nicht scheitern.
DAZ: Können die aktualisierten Standards im Rahmen der derzeitigen Approbationsordnung erfüllt werden?
Jaehde: Ja, das können sie ohne Einschränkung. Die jetzige Approbationsordnung liefert genügend Spielraum, den die pharmazeutischen Institute für die Gestaltung ihrer jeweiligen Studienordnung nutzen können.
DAZ: Wie können die notwendigen Studieninhalte untergebracht werden?
Jaehde: Hier gibt es zahlreiche Möglichkeiten. Es ist wichtig, die Lehre im Fach Klinische Pharmazie nicht nur auf das in der Approbationsordnung genannte Seminar zu reduzieren. An einigen Standorten werden zum Beispiel Stunden der Klinischen Chemie und Krankheitslehre in die Lehre der Klinischen Pharmazie integriert. In Bonn haben wir auf diese Weise die Stundenzahl nahezu verdoppelt. Inhaltlich ist das sehr sinnvoll, da beide Themengebiete wichtige Voraussetzungen für die Bearbeitung von Patientenfällen darstellen. Ein anderer Ansatz sind gemeinsame Lehrveranstaltungen mit anderen pharmazeutischen Fachdisziplinen. In Bonn gestalten wir zum Beispiel Vorlesung und Seminar zur Biopharmazie und Pharmakokinetik gemeinsam mit den Pharmazeutischen Technologen und können hier den Studierenden auch gleich die pharmakokinetischen Grundlagen der Dosierungsberechnungen nahebringen. Damit sparen wir Stunden in der Klinischen Pharmazie. Ähnlich positive Beispiele für eine interdisziplinäre Zusammenarbeit gibt es auch an anderen Standorten. Es ist also auch im Rahmen der jetzigen Approbationsordnung möglich, mit kreativen Lösungen einen großen Teil der notwendigen Lehrinhalte im Studium unterzubringen.
DAZ: Ist eine Änderung der Approbationsordnung damit vom Tisch?
Jaehde: Nein, in keinem Fach kann ein Curriculum in Stein gemeißelt sein. Die Anforderungen an jeden Beruf ändern sich fortwährend. Die Approbationsordnung muss daher von Zeit zu Zeit angepasst werden. Das betrifft nicht nur die Lehrinhalte in der Klinischen Pharmazie, sondern auch in anderen Fächern. Als Beispiele möchte ich molekularbiologische Methoden und innovative Arzneiformen nennen. Andere Inhalte verlieren dagegen an Bedeutung. Bei jeder Änderung sollte das naturwissenschaftliche Fundament des Pharmaziestudiums erhalten werden, denn dieses unterscheidet den Apotheker vom Arzt. Ich denke, es sollte eine kontinuierliche Diskussion über die Lehrinhalte im Pharmaziestudium geben. Das Projekt „Pharmazie 2020“ der DPhG geht bereits in diese Richtung, könnte aber noch ausgebaut werden. Viele Anpassungen kann man, wie gesagt, in einer bestehenden Approbationsordnung vornehmen, aber von Zeit zu Zeit muss auch das Gesamtpaket überdacht und gegebenenfalls geändert werden. Die Approbationsordnung wurde zuletzt 2001 novelliert, eine konstruktive Diskussion über eine Modernisierung der Apothekerausbildung käme also keinesfalls zu früh.
DAZ: Die Standards wurden auch vor dem Hintergrund des Perspektivpapiers Apotheke 2030 aktualisiert. Zentrale Bestandteile auch in der universitären Ausbildung sind die Patientenorientierung mit Medikationsanalyse und Medikationsmanagement. Nun wird wohl mit dem im neuen Jahr in Kraft tretenden E-Health-Gesetz den Apotheken nur eine Assistentenrolle bei der Erstellung des Medikationsplans zugewiesen. Ist das das Ende aller pharmazeutischen Ambitionen in Sachen Medikationsanalyse und -management?
Jaehde: Nein, das Gegenteil ist der Fall. Es wäre natürlich sehr wichtig gewesen, dass auch in der Apotheke Medikationspläne erstellt werden können. Die Umsetzung von Medikationsanalyse und -management wird aber durch die flächendeckende Einführung des Medikationsplans eher erleichtert. Der Apotheker erhält nun eine bessere Grundlage für die Medikationsanalyse, zum Beispiel Hinweise zur Indikation jedes Arzneimittels, das der Hausarzt verordnet hat. Damit können in der Apotheke mehr arzneimittelbezogene Probleme erkannt werden als vorher. Die Medikationsanalyse wird damit noch wertvoller für den Patienten.
DAZ: Herr Professor Jaehde, wir danken Ihnen für das Gespräch! |
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