DAZ aktuell

Regierung plant Cannabis-Agentur

Referentenentwurf geht in die Ressortabstimmung

BERLIN (dpa/daz) | Die Bundesregierung will den Anbau und Handel von Cannabis zur Schmerztherapie in die Hände einer staatlichen Stelle geben. Ein erster Gesetzentwurf des Bundesgesundheitsministeriums habe das Ziel, eine „Cannabisagentur“ einzurichten, bestätigte eine Ministeriumssprecherin. Die „Welt am Sonntag“ hatte zuvor darüber berichtet. Die Gesamtkoordination soll beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte angesiedelt werden.

Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) und die Drogenbeauftragte Marlene Mortler (CSU) haben sich wiederholt dafür ausgesprochen, den Zugang zu Cannabis als Medizin zu erleichtern. „Wir wollen, dass schwer kranke Menschen, denen nur durch Medizinalhanf geholfen werden kann, gut versorgt werden“, hatte Gröhe erklärt. Deshalb sollen die rechtlichen Bedingungen, unter denen dies erfolgt, angepasst werden. „Dazu gehört die Frage der Kostenerstattung durch die Krankenkassen in diesen medizinisch begründeten Fällen, aber auch die Frage, wie Missbrauch wirksam verhindert werden kann.“

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Anbau und Vertrieb von Medizinalhanf soll künftig staatlich kontrolliert erfolgen, koordiniert vom BfArM.

Agentur schreibt aus, vergibt Aufträge und verkauft

„Die Cannabisagentur schreibt den voraussichtlichen Bedarf an Medizinalhanf nach den Vorgaben des Vergaberechts aus, vergibt in wettbewerblichen Verfahren Aufträge über die Belieferung mit Medizinalhanf an Anbauer und schließt mit diesen zivilrechtliche Liefer- beziehungsweise Dienstleistungsverträge“, heißt es dem Bericht der „WamS“ zufolge in dem Entwurf. Die Cannabisagentur verkauft den Medizinalhanf anschließend insbesondere an Hersteller von Cannabisarzneimitteln, Großhändler und Apotheken. Auch der Preis, den Krankenkassen für jedes an Patienten abgegebene Präparat zahlen müssen, soll von der Agentur festgelegt werden. Der Referentenentwurf befindet sich nach Angaben des Ministeriums in der Ressortabstimmung. Wann die vorgesehene Änderung des Betäubungsmittelgesetzes in Kraft treten kann, ist noch unklar.

Vorerst kein Cannabis-Medikament

Die Zulassung von Kachexol steht weiter aus: Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) hat den betreffenden Antrag für das Cannabis-Medikament von Bionorica abgelehnt.

Wie die WirtschaftsWoche (WiWo) berichtete, seien „unvollständige Unterlagen“ der Grund. Kachexol soll in der Therapie insbesondere von Krebs- und Aids-Patienten gegen Schmerzen eingesetzt werden. Das BfArM habe im laufenden Zulassungsprozess weitere klinische Studien gefordert, berichtet die WiWo. Das Unternehmen hatte lediglich durch eine klinische Studie eine vergleichbare Wirkung von Kachexol zum identischen US-Präparat Marinol belegt. Bionorica-Chef Michael Popp nannte die Entscheidung der Prüfer gegenüber der WiWo „unlogisch“, da das vergleichbare US-Medikament Marinol schon einmal in der EU zugelassen war.

Gegenüber der DAZ erklärt das BfArM, dass man mit Blick auf den Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen – und auch vor dem Hintergrund des laufenden Verfahrens – über die bereits auf seiner Internetseite veröffentlichten Informationen hinaus – keine weiteren Informationen zu den Versagungsgründen herausgeben dürfe.

Firmenchef Popp hatte Kachexol zuvor bereits als neuen Umsatzbringer für sein Unternehmen eingeplant, schreibt die WirtschaftsWoche. „Kachexol soll in Deutschland so erfolgreich werden wie unser Hauptprodukt Sinupret“, hatte Popp im Frühjahr in einem WiWo-Interview gesagt. Laut Branchenschätzungen erzielt Bionorica mit Sinupret in Deutschland einen zweistelligen Millionenumsatz pro Jahr. 2014 erlöste Bionorica insgesamt 230 Millionen Euro.

Gegen die Entscheidung des BfArM hat das Unternehmen nun Klage vor dem Verwaltungsgericht Köln eingereicht. Die geforderten Studien wolle man dennoch durchführen, was einige Jahre dauern dürfte, sagte ein Firmensprecher der DAZ.

Derzeit dürfen etwa 400 Patienten in Deutschland legal Cannabis zu medizinischen Zwecken beziehen. Der Bedarf wird durch Importe aus den Niederlanden gedeckt. Die Bundesregierung kann keine Schätzung dazu abgeben, wie vielen Patienten in Deutschland eine Behandlung mit cannabishaltigen Arzneimitteln verordnet werden könnte. Bauen diese in der eigenen Wohnung Hanfpflanzen an, geraten sie derzeit aufgrund der geltenden Gesetzeslage rasch ins Visier von Ermittlern. Besitz, Anbau und Handel sind verboten. |

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