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Deutscher Apothekertag 2015
Honorar, Honorar – und Medikationsplan
Politische Diskussionen kreisen um Geld und E-Health-Gesetzentwurf
Die gesundheitspolitische Lage wird auf den Apothekertagen traditionellerweise mit eingeladenen Politikern diskutiert. Dieses Jahr waren die nordrhein-westfälische Gesundheitsministerin Barbara Steffens (Grüne), der gesundheitspolitische Sprecher der Linken-Bundestagsfraktion Harald Weinberg der Einladung gefolgt und am Donnerstag zur Eröffnung des Apothekertags gekommen. Die Regierungsparteien CDU, CSU und SPD waren auf dem Podium nicht vertreten, das BMG hatte den beamteten Staatssekretär Lutz Stroppe geschickt. Letzterer richtete den Apothekern zwar die Anerkennung seines Dienstherrn Hermann Gröhe aus – auf großes Entgegenkommen bei der Honorarfrage brauchen die Apotheker aber nicht zu hoffen. Einzig bei der Vergütung von Sonderleistungen, wie sie mit dem Nacht- und Notdienstfonds erstmals eingeführt wurde, könne er sich Diskussionen vorstellen – „mit der Voraussage, dass sich nicht alle Ihre Forderungen erfüllen werden“.
Steffens, die schon öfters dadurch aufgefallen ist, dass sie Verständnis für die Arbeit, aber auch die Sorgen der Apotheker hat, betonte in ihrem kurzen Eingangsstatement zur politischen Diskussion die zentrale Rolle der Apotheker. Diese müsse für die Zukunft weiter gestärkt werden – auch beim Thema Arzneimitteltherapiesicherheit und Medikationsplan. „Wir brauchen die Apotheker“, rief sie ihren Zuhörern zu.
Der gesundheitspolitische Sprecher der Linken-Bundestagsfraktion Harald Weinberg erinnerte daran, dass vom Fremd- und Mehrbesitzverbot über den Arzneimittelversandhandel bis hin zu Retax und Honorarerhöhung die Forderungen der Apothekerschaft mit denen der Linken identisch seien. Er sei sehr gespannt auf die Erfahrungen aus dem ARMIN-Projekt, das er als große Chance für die Apotheker sehe, sich als Heilberufler einzubringen. Leider drohten diese ersten Ansätze durch das E-Health-Gesetz bereits wieder zunichte gemacht zu werden.
Medikationsplan und E-Health-Gesetz
Die anschließende Podiumsdiskussion, zu der sich neben den Politikern noch der Präsident der Bundesapothekerkammer Dr. Andreas Kiefer, der DAV-Vorsitzende Fritz Becker sowie Karin Graf als Vertreterin der angestellten Apotheker gesellten, widmete sich dann zuerst dem Gesetzentwurf des E-Health-Gesetzes. BMG-Vertreter Stroppe stellte klar, dass die Entscheidung, die Erstellung des Medikationsplans ausschließlich in die Hand des Arztes zu legen, eine Grundsatzentscheidung gewesen sei. Es gehe dabei nicht um die Frage, wer das umfassendste Wissen über die Arzneimittel des Patienten habe, oder darum, die Erfassung dort anzusiedeln, wo die Verschreibung passiere, „sondern dort, wo die Diagnose gestellt wird, aus dem Gesamtblick auf die Situation des Patienten“. Es herrsche aber Konsens darüber, dass Ärzte und Apotheker den Medikationsplan gemeinsam bearbeiten sollen.
Steffens warnte, man vertue mit dem E-Health-Gesetz in der heutigen Form „eine riesige Chance“. Viele ältere Patienten gingen nicht regelmäßig zum Arzt, durchaus aber in die Apotheke. Stroppes Argumentation setze voraus, dass der Patient nur einen Arzt habe – das sei aber nicht die Realität. „Der Hausarzt hat also auch nicht mehr Überblick als der Apotheker – der kennt aber noch die OTC!“, so Steffens. Deshalb sei es sinnvoll, den Medikationsplan dort zu erstellen, „wo der Patient das erste Mal aufschlägt.“ Sie verstehe nicht, warum es in der Gesundheitspolitik so oft ein Entweder-oder gebe und so selten ein Sowohl-als-auch. DAV-Chef Becker schlug vor, einfach den Patienten entscheiden zu lassen, von wem er seinen Plan bekommen möchte. Graf erinnerte daran, dass durch die Rabattverträge der Arzt oft gar nicht wissen könne, welches konkrete Präparat der Patient in der Apotheke bekomme. Für Weinberg ist die „Hierarchisierung“, die sich im E-Health-Gesetz ausdrückt, eher Ausdruck der Standespolitik der Ärzte als des Patienteninteresses.
Bundesapothekerkammer-Präsident Kiefer beklagte, dass die Apotheker nicht nur beim E-Health-Gesetzentwurf außen vor seien, sondern auch im Präventionsgesetz nicht vorkommen.
Honorierung
Großen Platz in der Diskussion nahm die Honorierungsfrage ein. Becker gab zum Einstieg zu bedenken, dass die Einnahmen der GKV in letzter Zeit stärker gestiegen seien als die Ausgaben für Arzneimittel. Und der Anteil der Apotheker an den Arzneimittelausgaben sei ja nicht angestiegen – „im Gegenteil!“ Die Preise für die jährlich rund 10 Millionen Individualrezepturen seien „geradezu lächerlich“, bei der BtM-Abgabe bekomme die Apotheke 26 Cent, der Großhandel nehme mindestens einen Euro, beim Nacht- und Notdienstfonds (NNF) würden auch in diesem Jahr die versprochenen 120 Millionen Euro pro Jahr nicht erreicht.
Lutz Stroppe widersprach der Darstellung der Apotheker, es seien für den NNF 120 Millionen Euro jährlich zugesagt gewesen. „Diese Summe verfolgt mich seit meinem ersten Tag im Amt. Ich frage mich seither, wer diese Zusage gemacht hat“, so Stroppe. Es heiße dann immer, das sei der ehemalige Gesundheitsminister Bahr gewesen. Stroppe: „Der sagt aber, er war’s nicht“. Die Höhe der Zahlungen an die Apotheker ergebe sich nun mal aus dem Zuschlag von 16 Cent und der Menge der abgegebenen Packungen.
Zur Frage der Berechnungsmethode des Anpassungsbedarfs bei der Apothekerhonorierung erklärte Stroppe, man habe mit dem dafür zuständigen Bundeswirtschaftsministerium Schritte vereinbart, um zu einer nachvollziehbaren Berechnung zu kommen. Es sei ein Forschungsvorhaben zu dieser Frage vereinbart worden. Becker erwiderte, es könne doch nicht sein, dass nun weitere zwei Jahre auf die Ergebnisse dieses Gutachtens gewartet werden müsse. „Da muss es doch eine Übergangslösung geben“, forderte er.
„Was wir jetzt an Finanzierung haben, rettet eine kleine Apotheke im ländlichen Raum nicht!“, pflichtete ihm Steffens bei. Man müsse endlich Konzepte diskutieren, wie die Versorgung im ländlichen Raum gesichert werden kann. Dabei komme der Apotheke eine zentrale Rolle zu, auch in Bereichen, wo sie diese heute noch nicht innehabe. Weinberg stimmte dem zu und ergänzte: Die zentrale Rolle der Apotheker müsse auch finanziell wertgeschätzt werden.
Beckers politischer Lagebericht
Bereits am Vortag hatte DAV-Chef Fritz Becker bei der Eröffnung der Fachmesse Expopharm in seinem politischen Lagebericht die Forderungen der Apotheker wiederholt und bekräftigt. Die regelmäßige Anpassung des Fixhonorars, wie sie bei anderen Leistungserbringern selbstverständlich sei, müsse gesetzlich sichergestellt werden – auf einer ordentlichen und gerechten Berechnungsgrundlage, die ein Mehr an Leistungen belohnt und nicht wie heute sanktioniert. Ausdrücklich verwahrte sich Becker gegen den Vorwurf, die Apothekerschaft hätte keine ausreichenden Daten geliefert.
Auch die Forderungen nach Zahlung des Fixzuschlags bei der Abgabe von Rezepturarzneimitteln, nach Erhöhung der „unerträglich“ niedrigen BtM-Gebühr von nur 26 Cent und der Ausweitung dieser Vergütung auf andere Dokumentationspflichten sowie die Erhöhung des Notdienstzuschlags von heute 16 Cent auf einen Betrag, der die versprochenen jährlich 120 Millionen Euro ermöglicht, wiederholte Becker.
Vehement forderte Becker, Nullretaxationen der Krankenkassen, die er als „Zechprellerei“ bezeichnete, endlich zu beenden. Leider scheine der GKV-Spitzenverband nicht in der Lage zu sein, „alle seine Mitglieder zu zügeln“. Von der nun angerufenen Schiedsstelle, die über dieses Thema entscheiden muss, fordert Becker eine praktikable und praxisbezogene Lösung.
Neben seinen bekannten Forderungen an die Politik, zu denen sich noch die Abschaffung der Importquote bei Arzneimitteln gesellte, beklagte Becker die fehlende Berücksichtigung der Apotheker im Präventions- und E-Health-Gesetz. Beim Medikationsplan, der nach dem heutigen Stand nur vom Arzt erstellt werden soll, solle doch der Patient entscheiden, „wer den ersten Aufschlag macht“, forderte Becker. Die Honorierung dieser Tätigkeit müsse aber für beide Berufsgruppen selbstverständlich gleich sein. Er setze seine Hoffnungen auf den Bundestag, der hier im parlamentarischen Verfahren noch eingreifen kann.
Auch einige Erfolge konnte Becker vorweisen: die gesetzliche Festsetzung des Kassenabschlags auf 1,77 Euro im GKV-Versorgungsstärkungsgesetz begrüßte er ausdrücklich, und das „Online-Vertragsportal“ OVP des DAV bringe endlich Licht in den „Hilfsmitteldschungel“. |
Einen ausführlichen Bericht über die Eröffnung der Expopharm und die Rede Beckers finden Sie in der Apotheker Zeitung AZ vom Nr. 41 vom 5. Oktober 2015.
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