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Für Jugendliche kontraindiziert
Antiasthmatika-Rabattvertrag ignoriert Zulassungsunterschiede beim Alter
Moritz F. ist ein 13-jähriger Teenager. Im Alter von sieben Jahren wurde bei ihm Asthma bronchiale diagnostiziert. Anfangs wurden zwei getrennte Inhalatoren für Cortocoid und Betasympathomimetikum verwendet. Nach wiederholter Fehlanwendung des inhalativen Corticoids entwickelte sich im Alter von acht Jahren ein Mundsoor, der den Patienten und seine Familie stark belastete. Mit einem lokalen Antimykotikum wurde er dann erfolgreich behandelt. Anschließend fiel eine mangelhafte Therapietreue auf, so dass der Pulmologe auf ein Kombinationspräparat aus inhalativem Corticosteroid und langwirksamen Betasympathomimetikum zurückgriff, um die tägliche Handhabung zu erleichtern. Begleitet wurde die Umstellung von einer intensiven Schulung zur richtigen Handhabung des neuen Devices, so dass der junge Patient nun die Anwendung des Inhalators sicher beherrscht. Die Erkrankung ist mittlerweile stabil eingestellt und wird mit dem Kombinationspräparat Symbicort® in der altersgerechten Wirkstoffkombination von 160 µg Budesonid und 4,5 µg Formoterolhemifumaratmonohydrat therapiert. Auf dem aktuell vorliegenden Rezept hat ein Vertretungsarzt handschriftlich eine Wirkstoff-Folgeverordnung ausgestellt:
- Budesonid/Formoterol 160 µg/4,5 µg , 120 ED, IHP 1 Stück N1.
Eine weitere wesentliche Änderung besteht darin, dass Moritz seit einigen Monaten mitten im hormonellen Auf und Ab der Pubertät steckt und „alles nervig ist“ – auch die tägliche Anwendung des Inhalators.
Fakten-Check:
Geschlecht: männlich
Alter: 13 Jahre
Auffälligkeiten: hochpubertär, verbal kaum erreichbar und phasenweise unmotiviert
stabile Therapietreue, seit das geeignete Device gefunden wurde
Verordnung: Budesonid 160 µg mit Formoterol 45 µg IHP, 1 St. N1
Die Problematik
Mehrere Aspekte gilt es grundsätzlich vor der Abgabe zu berücksichtigen:
Unterschiedliche Fertigarzneimittel. Aus der generischen Verordnung lassen sich zwei mögliche Präparategruppen ableiten. Einerseits das Originalpräparat Symbicort® und dessen Re- und Parallelimporte, andererseits das Generikum Duoresp®. Allen Präparaten ist gemeinsam, dass sie für die Behandlung von Asthma und COPD zugelassen sind, aus diesem Grund sind sie auch in der Apothekensoftware als untereinander austauschfähig deklariert. Unterschiedlich ist hingegen der Inhalator. Beim Symbicort® handelt es sich um den Turbohaler®, Duoresp® wird als Spiromax®-Inhalator vertrieben.
Relevante Zulassungsunterschiede. Bereits die Übereinstimmung einer einzigen Indikation erlaubt nach den momentan gültigen Regeln die generische Substitution. Im vorliegenden Beispiel sind die Indikationsbereiche deckungsgleich bis auf einen kritischen Punkt: das Anwendungsalter. Das Original und dessen Re-/Parallelimporte sind bereits ab dem zwölften Lebensjahr zugelassen, das Generikum erst ab dem 18. Lebensjahr. Aus diesem Grund trägt es den fettgedruckten Hinweis „Nicht zur Anwendung bei Kindern und Jugendlichen“ auf dem Umkarton. Somit ist es trotz übereinstimmender Teilindikationen nicht austauschfähig im vorliegenden Fall des Teenagers. Sollte dennoch versehentlich in der Altersklasse der Kinder und Jugendlichen substituiert werden, fällt die Abgabe in den Bereich der nicht berücksichtigten Kontraindikation und somit aus der Herstellerhaftung heraus.
Einfluss der Rabattvereinbarungen auf die Versorgungssituation. Einige Krankenkassen haben keine Rabattvereinbarungen getroffen, viele besitzen eine Vereinbarung nur mit dem Original oder dem Generikum und wiederum andere Krankenkassen haben ausschließlich das für Minderjährige nicht indizierte Generikum unter Vertrag genommen.
Nicht vermittelbare Zusammenhänge und Hintergründe. Nicht jedem Patienten sind die Gründe für den generischen Austausch, die möglichen Pro- und Kontraargumente vermittelbar. Eine nicht verstandene Substitution kann somit praxisrelevante Auswirkungen auf den Patientenalltag mit der sicheren Handhabung hochwirksamer Arzneimittel entfalten. Kognitive Grenzen erlauben auch nicht immer eine intensive Schulung zur korrekten Anwendung eines neuen, rabattierten Devices. Bei Teenagern können sich alle Beteiligten des Gesundheitswesens glücklich schätzen, wenn die Therapietreue im Strudel der hormonellen Umstellung nicht unter die Räder gerät. Jede zusätzliche externe Beeinträchtigung gilt es daher zu erkennen, zu bedenken und nach wohlüberlegter Bewertung im Sinne des Therapieziels zu umgehen. Individuell passende Lösungen sind gefragt:
Die Lösung
Eine Abgabe eines Re- oder Parallelimports ist unter Berücksichtigung der bestehenden Rabattvereinbarungen denkbar und häufig aufgrund der ähnlichen Optik und des unveränderten Handlings auch vermittelbar. Eine Substitution hin zum Generikum wäre auch bei bestehendem Rabattvertrag bei diesem Patienten aufgrund seines Alters nicht möglich. Pharmazeutische Bedenken wären eine angemessene Reaktion auf die gegebene Lage. Hierbei ist zu beachten, dass eines der drei preisgünstigsten (lieferbaren) Präparate abzugeben ist, in der Regel ein Import. Dasselbe gilt, wenn für diese Wirkstoffkombination gar kein Rabattvertrag besteht. Völlig unproblematisch ist die Situation bei einem Rabattvertrag über das Original Symbicort®.
Bemerkenswert
- abweichendes Device: die drei günstigstenArzneimittel sind keine Turbohaler
- wiederholte Fehlanwendung eines Devices in der Vorgeschichte, durch optimales Device und intensive Schulung erfolgreich behoben
- hochpubertär, für Argumente und ein konstruktives Gespräch ist der Patient momentan kognitiv nicht erreichbar
- Generikum nicht für Patienten unter 18 Jahren zugelassen – im Gegensatz zum Originalpräparat
- Rabattverträge einzelner Krankenkassen beinhalten ausschließlich das Generikum
Was wäre wenn ...
… ein geriatrischer Patient aufgrund funktioneller Beeinträchtigungen bereits mit dem Demohaler des Generikums nicht zurechtkommt?
Apotheken können viele arzneimittelbezogene Probleme im Zusammenhang mit Devices frühzeitig erkennen und tragfähige Lösungen anstoßen. Zu einer möglichen Umstellung eines Inhalativums gehört die Patientenschulung anhand eines Demodevices. Gelingt die Anwendung, spricht nichts gegen die Substitution; moderne Inhalationssysteme sind einfach in der Handhabung und bei vorhandenen Fähigkeiten/individuellen Ressourcen lässt sich die korrekte Anwendung leicht erlernen. Lässt der Patient jedoch unlösbare Schwierigkeiten bei der Anwendung erkennen, muss die Substitution kritisch hinterfragt werden. Aus dem breiten Pool der Gründe für pharmazeutische Bedenken lässt sich in diesem Fall auf die Zugehörigkeit der Gruppe der multimorbiden/geriatrischen Patienten verweisen, ebenso auf die kritische Darreichungsform des abweichenden Devices mit den riskanten Folgen für die Gesundheit des Patienten. Im Sinne der Krankenkasse bedeutet dies einen gut begründeten Verzicht auf einen Rabatt. Auf der Habenseite kann der pharmazeutisch begründete Nichtaustausch die Folgekosten einer inadäquaten Substitution verhindern – dies ist sicher auch im Sinne der Kostenträger.
… ein Patient die Handhabung eines neuen Devices sicher beherrscht, jedoch noch weitere Informationen zum Gebrauch erhalten möchte?
Im Netz finden sich viele beschönigende, irritierende oder unnütze Informationen, welche sich negativ auf das Therapieverständnis und die Therapietreue auswirken können. Ratsam ist daher der Besuch einer informativen, nicht verzerrenden Homepage wie der der Deutschen Atemwegsliga e. V. (www.atemwegsliga.de). Dort finden sich vielfältige Informationen zu den unterschiedlichen Erkrankungen der Atemwege und den Therapieoptionen, verfasst in einer für Patienten verständlichen Form. Downloads, Materialien mit Hintergrundwissen und auch Videos zur richtigen Anwendung der unterschiedlichen Devices können den Patienten bzw. deren Angehörigen weiterhelfen.
... die Apotheken-EDV automatisch das Patientenalter im Rahmen der Abgabe hinterfragen würde?
EDV-Systeme sind programmiert auf die Berücksichtigung von Rabattverträgen, im Bereich der Arzneimitteltherapiesicherheit besteht hingegen noch massiver Nachholbedarf. Ein Gedanke soll dies verdeutlichen: auf jedem Rezept ist das Geburtsdatum vermerkt. Im CAVE-Modul ist für jedes Fertigarzneimittel die Angabe zu möglichen Altersgrenzen hinterlegt. Allein im Moment der Abgabe werden die vorliegenden Daten nicht immer konsequent miteinander verknüpft. Besitzt der Patient ein Kundenkonto, auf welchem das Geburtsdatum hinterlegt ist, meldet sich das CAVE-Modul mit dem Hinweis auf ein nicht altersgerechtes Arzneimittel. Eine Prüfung auf Plausibilität des gewählten Arzneimittels findet somit statt. Bei Patienten ohne Kundenkonto (wie etwa Laufkunden) liegt hier eine Lücke vor: bei der Auswahl einer Belieferung eines Privatrezeptes oder zuzahlungsbefreiten Rezeptes fragen die meisten EDV-Systeme nicht nach dem Alter der versicherten Person (bzw. nicht in jeder Apotheke ist dieses Tool aktiviert, falls in der EDV vorhanden), somit kann auch nicht automatisch auf die umfassenden Daten der ABDA-Datenbank zurückgegriffen werden. Die sichere Abgabe hängt somit am Bewusstsein des Abgebenden – und gerade unter Stress können leicht Fehler unterlaufen, etwa in der Nichtberücksichtigung von Altersgrenzen. Eine routinemäßige Abfrage des Patientenalters durch EDV-Systeme vor der Abgabe – bei Rx wie OTC – wäre von bescheidenem Aufwand und brächte einen hohen Nutzen, nämlich die altersgerechte Therapie mit geeigneten Arzneimitteln, sowie die Sensibilisierung der Apothekenmitarbeiter im Moment der Abgabe. Ein bewusster Fokus auf die AMTS kann sich somit auch stabilisierend auf den guten Ruf der einzelnen Apotheke auswirken. |
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