Prisma

Serotonin weckt Mitleid

Lieber Geld oder ein reines Gewissen?

cae | Die Botenstoffe im Gehirn ­haben nicht nur einen großen Einfluss auf die sozialen Beziehungen eines Individuums, sondern auch auf sein unmittelbares Verhalten. Dies bestätigten englische Ver­haltensforscher nun durch ein Experiment mit einer unmoralischen Komponente.

Der Neurotransmitter Dopamin spielt eine zentrale Rolle im Belohnungssystem. In hohen Konzentrationen steigert er aber auch die Konfliktbereitschaft und die Aggressivität eines Menschen. Serotonin dagegen sorgt für eine gute Stimmung, auch wenn der Mensch keine Erfolgserlebnisse hat oder sich nicht in einer glücklichen Paarbeziehung befindet. Englische Neurowissenschaftler untersuchten in einem Experiment, wie sich ein medikamentös modulierter Neurotransmitterstatus auf die Hemmschwelle gegenüber verletzendem Handeln auswirkt.

Foto: Bernd Leitner – Fotolia.com

Wohldosierte Stromschläge sind unangenehm, aber harmlos. Wie viel Sie sich und anderen davon zumuten, hängt auch von Ihrem Neurotransmitterstatus ab.

In zwei Gruppen (jeweils n = 89) erhielt jeweils die Hälfte der Probanden eine Tagesdosis Citalopram bzw. Levodopa (in Kombination mit Benserazid) und die andere Hälfte ein Placebo. Über eine Elektrode am Handgelenk konnten die Probanden sich Strom­stöße verabreichen lassen, für die sie mit Geld bezahlt wurden. Danach konnten sie in einem Scheinexperiment anderen Personen auf die gleiche Weise Stromstöße verpassen, für die sie ebenfalls Geld erhielten.

Probanden, die den Serotonin-Wiederaufnahmehemmer Citalopram genommen hatten, fügten lieber sich selbst als anderen Schmerzen durch Stromschläge zu und zeichneten sich gegenüber der Placebogruppe durch ein „anständigeres“ Verhalten aus. Bei den Probanden, die Levodopa genommen hatten, war es umgekehrt: Sie verabreichten ihren „Opfern“ zehn Strom­stöße mehr als die Probanden in der Placebogruppe. Die Studienleiterin Molly ­Crockett schloss daraus, dass ­Citalopram zur Behandlung von Per­sonen mit „sozialer Dysfunktion“ eingesetzt werden könnte.

Die Ergebnisse wurden von Experten bezweifelt, weil „nicht sein kann, was nicht sein darf“: Die verabreichten Medikamente zeigen bei Patienten normalerweise erst nach Wochen einen therapeutischen Effekt. Konnten sie daher bei den Probanden die Stimmungslage so schnell ändern? |

Quelle: Crockett M, et al. Dissociable Effects of Serotonin and Dopamine on the Valuation of Harm in Moral Decision Making. Curr Biol 2015;25:1852–1859

Das könnte Sie auch interessieren

Subkutane Levodopa-Pumpe verlängert On- und reduziert Off-Zeiten

Parkinson-Fluktuationen glätten

Cochrane-Review zeigt Chancen und Grenzen der medikamentösen Raucherentwöhnung

Rauchstopp mit Antidepressiva?

Antidiabetikum verlangsamt das Fortschreiten motorischer Symptome

Lixisenatid bremst Parkinson

Blick in die Zukunft der Parkinson-Therapie: subkutane Levodopa-Pumpen

Mehr „On“ und weniger „Off“

Rifampicin kann das Fortschreiten nicht stoppen

Kampf gegen Multisystematrophie

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.