Arzneimittel und Therapie

Nachahmerpräparate auf dem Prüfstand

Metaanalyse zur Bioäquivalenz von Original und Generika bei Immunsuppressiva

Patienten mit erfolgter Organtransplantation sind ein Leben lang auf Immunsuppressiva angewiesen, um Abstoßungsreaktionen zu unterdrücken. Nachdem der Patentschutz für einige der häufig verwendeten Originalpräparate abgelaufen ist, drängen kostengünstige Generika auf den Markt, jedoch wird die Möglichkeit ihrer Aut-idem-Substitution kontrovers diskutiert.

Eine einfache Aut-idem-Substitution wirkstoffgleicher Präparate, wie sie seit Jahren im Apothekenalltag gängige Praxis ist, sehen Experten bei Wirkstoffen mit geringer therapeutischer Breite als besonders kritisch an. Hierzu gehören auch immunsupprimierende Arzneistoffe für Patienten mit Organtransplantaten. Eine Umstellung der Medikation auf ein kostengünstiges Generikum bedarf immer einer engmaschigen Blutspiegelkontrolle, um den Therapieerfolg nicht zu gefährden. Geringe Abweichungen in der Bioverfügbarkeit können zu Unter- bzw. Überdosierungen führen und Abstoßungsreaktionen oder verstärkte Nebenwirkungen induzieren.

Metaanalyse analysiert Wirksamkeit

Kanadische Forscher haben nun in einer Metaanalyse Studiendaten immunsupprimierender Originalpräparate (Ciclosporin = Neoral®, Tacrolimus = Prograf® und Mycophenolat Mofetil Cellcept®) sowie analoger Generika bei Patienten mit Organtransplantationen zusammengefasst und hierbei die jeweilige Bioäquivalenz und klinische Effektivität evaluiert [1]. Abstoßungsreaktionen traten insgesamt selten auf und unterschieden sich in ihrer Häufigkeit nicht zwischen Original und Generikum. Aber speziell bei Nierentransplantationen konnten die vorhandenen Daten von über 3000 Patienten keine Bioäquivalenz entsprechend der Kriterien der europäischen Arzneimittelagentur (EMA) bestätigen. Insgesamt zeigte sich jedoch, dass entsprechende Vergleichsstudien aus den Jahren 1980 bis 2014 selten den notwendigen Qualitätskriterien entsprachen, um Aussagen zu Bioäquivalenz und Wirksamkeit der Generika bei Transplantationspatienten zu treffen. Angesichts des steigenden Anteils an Generika bei den immunsupprimierenden Wirkstoffen erachten die Autoren daher große Vergleichsstudien mit langer Beobachtungszeit für notwendig, um die Wirksamkeit und Sicherheit dieser Präparate weiter zu evaluieren bzw. die Bioäquivalenz der Generika nun auch bei Transplantationspatienten zu untersuchen. Aufgrund der bisherigen Daten sprechen sie sich dafür aus, die Umstellung von Immunsuppressiva auf wirkstoffgleiche Generika ausschließlich unter ärztlicher Kontrolle durchzuführen, anstatt eine einfache und unkritische Aut-idem-Substitution durchzuführen, wie sie für die meisten anderen Arzneimittel derzeit üblich ist.

Substitutionsausschlussliste in Deutschland gültig

Aufgrund der Risiken einer nicht-medizinisch indizierten Umstellung bei Arzneistoffen mit enger therapeutischer Breite, zum Beispiel wenn das Aut-idem-Feld auf der Verordnung nicht angekreuzt ist und die Abgabe des Präparates nun nicht ausdrücklich nach der bisherigen Medikation erfolgt, hat im September 2014 der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) mehrere Wirkstoffe und Kombinationen festgelegt, die in Deutschland zukünftig nicht mehr durch ein wirkstoffgleiches Präparat ersetzt werden dürfen (Substitutionsausschlussliste) [2]. Neben herzwirksamen Glykosiden, Schilddrüsenhormonen und Phenytoin finden sich hier auch die Immunsuppressiva Ciclosporin und Tacrolimus. Um die Therapiesicherheit zu erhöhen, ist somit eine Substitution dieser Wirkstoffe, auch bei Fehlen eines entsprechenden Vermerks auf dem Rezept, ohne vorherige Rücksprache mit dem verordnenden Arzt nicht möglich. Bei unklaren Verordnungen, zum Beispiel wenn nur der Wirkstoff und kein Präparatename angegeben ist, darf keine Abgabe erfolgen. Zudem muss die Fachinformation darauf verweisen, dass eine Substitution nicht ohne ärztliche Kontrolle (Drugmonitoring, Laborwertkontrolle) erfolgen darf.

Pharmazeutische Bedenken vermerken

Bei der Verordnung von Mycophenolat Mofetil-haltigen Präparaten, die sich derzeit nicht auf der Substitutionsausschlussliste finden, sollte in Anbetracht des Risikos therapeutisch relevanter Sicherheitsbedenken eine Substitution keinesfalls ohne ärztliche Rücksprache erfolgen. Im Zweifel ist ein Austausch aufgrund pharmazeutischer Bedenken abzulehnen und dieser Einwand entsprechend der Fallgruppe E (dosiskritische Wirkstoffe bei immunsupprimierten Transplantationspatienten) auf der Verordnung stichpunktartig zu vermerken, um eventuelle Retaxationen aufgrund von Formfehlern zu vermeiden. |

Apotheker Dr. André Said

Quelle

[1] Molnar Amber O, Fergusson Dean, Tsampalieros Anne K, Bennett Alexandria, Fergusson Nicholas, Ramsay Timothy et al. Generic immunosuppression in solid organ transplantation: systematic review and meta-analysis 2015; 350 :h3163

[2] https://www.g-ba.de/downloads/39-261-2066/2014-09-18_AM-RL-VII_AbschnittM_Substitutionsausschluss_BAnz.pdf (vom 19.07.2015)

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