Aus den Ländern

Arbeitssicherheit und Arbeitsschutz

7. NZW Dresden diskutiert Fragen der Zytostatikaherstellung

DRESDEN (pj) | Rund 500 Teilnehmer besuchten am 19. und 20. Juni den onkologisch-pharmazeutischen Fachkongress NZW Dresden, der sich traditionsgemäß mit den Themen Arbeitssicherheit und Arbeitsschutz befasste. Die praxisnahe Fortbildung wurde von zahlreichen Workshops und einer Industrieausstellung ergänzt. Ein Symposium erörterte die Einbringung von Einmalartikeln in die sterile Werkbank, und ein Expertenforum befasste sich mit der mikrobiologischen Validierung.
Foto: DAZ/pj

Dr. Karla Domagk

„Praxisnahe Fortbildung – mit Sicherheit“, so charakterisierte Dr. Karla Domagk, Cottbus, bei der Kongresseröffnung das Motto des diesjährigen NZW Dresden. Arbeitssicherheit und Arbeitsschutz im Bereich der aseptischen Herstellung von cmr-Arzneimitteln sind dem Stand von Wissenschaft und Technik regelmäßig anzupassen. Die Berücksichtigung von aktuellen Richtlinien, internationalen Normen und gesetzlichen Vorschriften sei hierbei unverzichtbar. Dies wurde bereits im ersten Symposium „Sprühen, Wischen, Tauchen, Peelen – wie kommen die Einmalartikel steril in die Klasse A?“ deutlich. Hier diskutierten Apotheker, ein Vertreter einer Aufsichtsbehörde sowie Hersteller steriler Produkte die verschiedenen Anforderungen, die sich aus den Vorgaben des Produkt-, Patienten-, Arbeits- und Umweltschutzes für die Praxis ergeben.

Weitere Vorträge befassten sich mit Fragen zum Umgang mit Zytostatika. Beleuchtet wurden u. a. Kontaminationsrisiken, der Aufbau und die Funktion geschlossener Systeme, die Herstellung oraler Zytostatika, der Einsatz von Roboter-Systemen bei der Herstellung von cmr-Lösungen, Anforderungen an Reinigungs- und Desinfektionsmittel sowie die Transportvalidierung.

Ein weiterer Themenblock befasste sich mit bei der Zytostatikaherstellung relevanten Normen und Vorschriften. Darunter fallen etwa die Umsetzung der TRGS (Technische Regeln für Gefahrstoffe) 460 „Handlungsempfehlung zur Ermittlung des Standes der Technik“, ein Update zum Gefahrstoffrecht (Änderungen sind für Ende dieses Jahres zu erwarten), der Entwurf zur neuen DIN 12980 (enthält u. a. Anforderungen an Sicherheitswerkbänke und Isolatoren; die Veröffentlichung wird im Sommer 2015 erwartet) sowie die Revision der DIN ISO 9001:2015 (führende Norm für Qualitätsmanagementsysteme; die Veröffentlichung ist im Herbst 2015 vorgesehen). Auf den onkologischen Patienten fokussierte Vorträge befassten sich mit der Patientenkarte, Medikationsfehlern und der Arzneimitteltherapiesicherheit.

Foto: DAZ/pj

Diskussion über mikrobiologische Validierung: Petra Garski, Katja Lorenz, Dr. Doris Uhl (Moderation), Torsten Wessel, Dr. Luzian Baumann, Dr. Silke Welsch-­Kunze und Katharina Schlereth (v. l.).

Expertenforum zur ­mikrobiologischen Validierung

Mit dem Inkrafttreten der neuen Apothekenbetriebsordnung ist die Validierung aseptischer Arbeitsprozesse verbindlich vorgeschrieben. Wie diese Validierung auszusehen hat, ist indes nicht im Detail geregelt. Eine Hilfestellung sind Leitlinien wie z. B. die PIC/S sowie das AATB-Papier (s. Kasten). Dennoch bleibt Raum für divergierende Auffassungen und unterschiedliche Vorgehensweisen. Dies wurde bei einem von Dr. Doris Uhl, Chefredakteurin der Deutschen Apotheker Zeitung, moderierten Expertengespräch mit Apothekern und Vertretern von Aufsichtsbehörden deutlich. Es diskutierten: Dr. Luzian Baumann, Krankenhausapotheker in Wetzlar, ­Petra ­Garski vom Verband der Zyto­statika herstellenden Apotheker und Apothekerinnen, Katja Lorenz von der Aufsichtsbehörde Berlin, Dr. Silke Welsch-Kunze von der Arzneimittelüberwachung in Kiel, Torsten Wessel, Amtsapotheker für den Kreis Wesel und die Stadt Krefeld, sowie Katharina Schlereth vom Labor L+S AG, Bad Bocklet. Die Diskussion zeigte u. a. auf, dass starre Vorgaben nicht immer sinnvoll sind und häufig individuelle Einzelfallentscheidungen gefunden werden müssen – immer vorausgesetzt, sie führen zu einer sinnvollen Validierung. Bei einigen Punkten wurde auch klar, dass Konkretisierungen im Gesetzestext erforderlich sind, so z. B. bei der Definition eines geschlossenen Systems.

Relevante Gesetze, Leitlinien, Arbeitspapiere (Auswahl)

  • § 35 der Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) sieht Regelungen für die Qualitätssicherung bei der Herstellung von Parenteralia vor. Die Vorgaben zur Validierung wurden vom Gesetzgeber nicht näher spezifiziert.
  • PIC/S PE 10 „Guide to Good Practices for the Preparation of Medicinal Products in Healthcare Establishments” ist eine EU-Leitlinie für Einrichtungen des Gesundheitswesens zur humanmedizinischen Versorgung, speziell für die Zubereitung und Herstellung von Arzneimitteln zur direkten Anwendung am Patienten. Der Leitfaden bietet eine Hilfestellung zur praktischen Umsetzung der in der Apothekenbetriebsordnung geforderten Vorgaben.
  • AATB-Papier; dieses von der Länderarbeitsgruppe Arzneimittel-, Apotheken, Transfusions- und Betäubungsmittelwesen (AATB) im Februar 2014 veröffentlichte FAQ-Papier behandelt u. a. Fragen, die sich bei der Umsetzung des § 35 ApBetrO für die Herstellung von Parenteralia ergeben können. Mithilfe dieses Orientierungsfadens sollen für Apotheker und Überwachungsbehörden einheitliche Vorgaben geschaffen werden. In einigen strittigen Fragen stehen die Antworten vonseiten des BMG noch aus.
  • Qualitätsstandards für den pharmazeutisch-onkologischen Service mit Kommentar (QuapoS 5), Januar 2014.
  • Leitlinie der Bundesapothekerkammer zur Qualitätssicherung: Aseptische Herstellung und Prüfung applikationsfertiger Parenteralia mit CMR-Eigenschaften der Kategorie 1A oder 1B. Stand der Revision: 8. 5. 2012.

Kritische Sicht des ­Partikelzählers

Relative Einigkeit bestand bei der ­kritischen Einschätzung des Partikelzählers. Sein sinnvoller Einsatz bei der mikrobiellen Überwachung wurde infrage gestellt, zumindest sei die Aus­sagekraft einer kontinuierlichen Partikelzählung diskutierbar, so der Konsens der Gesprächsteilnehmer. Von viel wichtigerer Bedeutung sei die keimfreie Hand des Herstellenden (nachzuweisen über den Abklatschtest der Hände) – hier waren die Diskutanten einer Meinung. Auch bei weiteren Diskussionspunkten wie etwa der Frequenz des mikrobiologischen Monitorings, dem Aufstellen von Warn- und Aktionsgrenzen, der Trennung zwischen Material- und Personalschleuse sowie dem internen oder externen Bebrüten der Platten (Agarplatten zum Nachweis möglicher Keime) gab es keine grundsätzlich gegenteiligen Vorstellungen. Im Verlauf der gesamten Diskussion zeigte sich immer wieder, dass derzeit häufig keine allgemein gültigen Aussagen getroffen werden können und viel von der Interpretation der zuständigen Überwachungsbehörden und dem Gesamtkonzept der Zytostatika-herstellenden Apotheke abhängt. |

Die drei Großen Onkologisch-pharmazeutische ­Fachkongresse in Deutschland

  • NZW Hamburg: Der bereits zum 23. Mal abgehaltene Norddeutsche Zytostatikaworkshop NZW war ursprünglich als Workshop konzipiert und ist heute der größte onkologisch-pharmazeutische Fachkongress im deutschsprachigen Raum. Der 24. NZW Hamburg findet vom 29. bis 31. Januar 2016 in Hamburg-Harburg statt.
  • NZW München (früher NZW Süd): Der in seinen Anfängen als Post-ASCO-Kongress konzipierte Kongress befasst sich vorwiegend mit medizinisch-onkologischen Themen. Er fand zwölf Jahre lang in Ravensburg statt und wird seit 2014 in München abgehalten und mit einer Fachtagung zur oralen Krebstherapie ergänzt. Der 14. NZW München wird vom 4. bis 5. September 2015 in München stattfinden, wiederum ergänzt mit der zweiten Fachtagung „Orale Krebstherapie“.
  • NZW Dresden: Dieser Kongress widmet sich seit sieben Jahren vorwiegend praktischen Themen und den Schwerpunkten Arbeitssicherheit und Arbeitsschutz. Der 8. NZW Dresden wird vom 17. bis 18. Juni 2016 abgehalten.

Alle drei Kongresse werden von der Deutschen Gesellschaft für Onkologische Pharmazie (DGOP) veranstaltet.

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