Arzneimittel und Therapie

Opioide besser einsetzen

Positionspapier zur Therapie chronischer Schmerzen

Die Behandlung chronischer Schmerzen erfordert einen individuellen, vielschichtigen Ansatz. ­Einerseits sind die Schmerzen adäquat zu lindern, andererseits sollen Nebenwirkungen und Missbrauch verhindert werden. Ärzte stehen in der Praxis vor dem Problem, die Patienten, die von der Therapie profitieren, von denen zu unterscheiden, die Nebenwirkungen entwickeln oder die Opioide missbrauchen. In einem Workshop des amerikanischen National Institutes of Health (NIH) wurden Ansätze für die Verbesserung und Individualisierung der Therapie chronischer Schmerzen erarbeitet.
Foto: Coloures-pic – Fotolia.com

Chronische Schmerzen schränken die tägliche Aktivität und die Lebensqualität ein. Aktuelle Daten zeigen, dass 40 bis 70% der Patienten mit chronischen Schmerzen keine adäquate Schmerztherapie erfahren. Dies wirkt sich auf viele Lebensbereiche negativ aus. Während viele Patienten keine ausreichende Schmerzlinderung erfahren, vervierfachte sich die Zahl der Krankenhauseinweisungen wegen Opioidabhängigkeit von 2000 bis 2010. Parallel dazu wurden immer mehr Opioide mit verzögerter Wirkstofffreisetzung verordnet, da diese von Ärzten als sicher und effektiv eingestuft werden.

In einem Workshop wurde auf der Basis eines systematischen Reviews ein Bericht erstellt, der Ansätze und Herausforderungen der Therapie chronischer Schmerzen zusammenfasst. Um eine Schmerztherapie adäquat zu gestalten, muss bedacht werden, dass Schmerzen in ihrer Intensität dynamisch sind. Folglich kann neben einer Basis-Schmerztherapie eine Bedarfsmedikation erforderlich sein. Für ein gutes Schmerzmanagement ist neben einer ausführlichen Anamnese auch das regelmäßige Monitoring von entscheidender Bedeutung. Es wurden folgende wichtige Parameter für die Erstanamnese identifiziert:

  • Schmerzintensität
  • Befund
  • Lebensqualität
  • Risikofaktoren für Neben­wirkungen/Missbrauch

Als Risiken für Nebenwirkungen und Missbrauch gelten beispielsweise Angstzustände, Stimmungsschwankungen und Arzneimittelinteraktionen, Patienten, die bei der Erst­anamnese als gefährdet erkannt werden, sollten im Therapieverlauf engmaschig überwacht werden.

Für ein gutes Management chronischer Schmerzen mit Opioiden ist die Datenlage jedoch unzureichend. In der Regel sprechen Patienten mit peripheren nozizeptiven Schmerzen (z. B. Verletzungen, rheumatoide Arthritis, Tumorschmerzen) gut auf eine Opioid-Therapie an. Bei einem zentralen Schmerzsyndrom (z. B. Fibromyalgie, Reizdarmsyndrom, Spannungskopfschmerz) sind zentral wirksame neuro­aktive Arzneimittel (z. B. Antidepressiva, Antiepileptika) besser geeignet. Dennoch ist es schwierig vorherzusagen, ob ein Patient von einer Opioid-Therapie profitiert oder nicht.

Daher sollte sich an die Erstanamnese ein regelmäßiges Monitoring anschließen. Beim Monitoring ist zu erfassen, ob Nebenwirkungen aufgetreten sind oder ein Arzneimittelmissbrauch vorliegt. Bei Patienten, die sich nicht an die vereinbarte Therapie halten, sollte eine Umstellung der Schmerztherapie erwogen werden. Aufgrund unzureichender Daten konnte kein Konsens gefunden werden, wann und wie eine solche Exitstrategie initiiert werden sollte.

Eine weitere Herausforderung der Schmerztherapie ist beispielsweise die Verordnung verschiedener Arzneimittel durch mehrere Ärzte. Ein Medikationsmanagement könnte hier unterstützend sinnvoll sein.

Insgesamt wurde sowohl in einem systematischen Review als auch während des Workshops festgestellt, dass unbedingt Studien zur langfristigen Schmerztherapie notwendig sind, um das Management der Patienten zu verbessern. Auch ist eine bessere Ausbildung der Ärzte im Bereich der chronischen Schmerztherapie notwendig. So war vielen Workshop-Teilnehmern nicht bekannt, dass zunehmend in den Packungsbeilagen Daten enthalten sind, die die Umstellung einer Schmerztherapie erleichtern. |

Quelle

Reuben DB, Alvanzo AAH et al. National institutes of health pathways to prevention workshop: the role of opioids in the treatment of chronic pain. Ann Intern Med 2015;162(4):295-300

Cou R, Turner JA et al. The effectiveness and risks of long-term opioid therapy for chronic pain: a systematic review for a national institutes of health pathways to prevention workshop. Ann Intern Med 2015;162(4):276-86

Apothekerin Karin Schmiedel

Das könnte Sie auch interessieren

Mangels Evidenz sind Opioide bei chronischem Rückenschmerz kaum zu empfehlen

Die 12 Gebote der Opioid-Gabe

Akuter Zosterschmerz und Post-Zoster-Neuralgie

Schmerztherapie bei Herpes zoster

Grundlagen für das Medikationsmanagement

Pharmakotherapie bei chronischen Schmerzen

Keine Vorteile von Opioiden gegenüber Nicht-Opioiden bei chronischen Rücken- und Arthroseschmerzen

Tauziehen der Giganten

Keine Anhaltspunkte für Nutzen bei chronischen, nicht tumorbedingten Schmerzen

Cannabis-Konsum hilft nicht weiter

Topische Therapien ergänzen bewährte systemische Konzepte

Pharmakotherapie neuropathischer Schmerzen

Geschlecht und Alter beeinflussen Langzeit-Effektivität von Opioiden

Frauen empfinden Schmerzen anders

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.