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Arzneimittel und Therapie
Keine Teelöffel als Dosierhilfe
Mit metrischen Volumenangaben gegen Medikationsfehler bei flüssigen Kinderarzneien
Untersuchungen zufolge müssen in den USA jährlich rund 70 000 Kinder in Notfallambulanzen wegen versehentlicher Arzneimittel-Überdosierungen behandelt werden. Dabei zählen falsch abgemessene Volumina sowie die Verwendung ungeeigneter Dosierhilfen zu den häufigsten Ursachen. Eine 2014 veröffentlichte Studie hat beispielsweise gezeigt, dass Eltern, die flüssige Arzneiformen nach „Tee- oder Esslöffel-Maßen“ verabreichten, ein etwa doppelt so großes Fehlerrisiko bei der beabsichtigten oder verordneten Dosis in Kauf nahmen als diejenigen, die nach Millilitern dosierten. Dieser Zusammenhang galt insbesondere für Angehörige mit geringer Gesundheitsbildung oder einer anderen Muttersprache als Englisch.
Nur metrische Volumenangaben verwenden
Im Jahre 2011 hat die amerikanische Zulassungsbehörde FDA unverbindliche Richtlinien für die pharmazeutische Industrie veröffentlicht, die die Dosierung oraler Flüssigarzneien für Kinder sicherer machen sollen. Anlass für diese Richtlinie war unter anderem eine Studie, die gezeigt hatte, dass es in diesem Bereich viel Optimierungsbedarf gibt (siehe „Kinderarzneimittel. Mängel in Packungsbeilagen verhindern korrekte Dosierung.“ DAZ 2010, Nr. 49, 40 – 42).
Die American Academy of Pediatrics (AAP) als eine Berufsorganisation US-amerikanischer Kinderärzte, deren erklärtes Ziel darin besteht, allen Kindern die optimale körperliche, geistige und sozialadäquate Gesundheit und Lebensqualität zugänglich zu machen, kämpft bereits seit Jahrzehnten dafür, die Arzneitherapie bei Kindern sicherer zu machen. So rät sie beispielsweise in ihrer Verbandszeitschrift Pediatrics Kinderärzten, Präparate mit „Löffelmaßen“ als Dosierungsangabe nicht zu verordnen. Stattdessen sollten Arzneimittel mit beigelegter Oralspritze mit metrischen Volumenangaben bevorzugt werden. Der Verband ist sich jedoch auch darüber im Klaren, dass nicht alle Eltern oder Pflegepersonen, die Arzneimittel an Kinder verabreichen, solche Angaben richtig verstehen. Außerdem ist gerade in bildungsfernen Schichten die Verwendung haushaltsüblicher Löffel zur Medikamenten-Verabreichung besonders verbreitet. Eine Aufklärung der Angehörigen (caregiver education) ist daher laut der American Academy of Pediatrics ebenfalls wichtig.
Relevanz für die Beratung in der Apotheke
In einem Positionspapier hat die AAP ausführlich dargelegt, auf welche Punkte es besonders ankommt, um die korrekte Dosierung von flüssigen Kinderarzneien sicherzustellen. Dazu zählt die Verwendung unmissverständlicher Abkürzungen. Dieser Hinweis ist auch für die Abgabe von flüssigen Arzneiformen in der Apotheke relevant. Vor allem Eltern, die die deutsche Sprache nicht sicher beherrschen, haben häufig Mühe beim Verstehen der Anwendungshinweise im Beipackzettel oder auf der Umverpackung. Besonders viele Fehler können bei Antibiotika-Trockensäften gemacht werden. Daher sollte den Angehörigen die Zubereitung durch einen Apothekenmitarbeiter angeboten werden. Zusätzliche Unterstützung kann die Apotheke durch die Abgabe von Dosierhilfen wie beispielsweise Medikamentensauger anbieten.
Wird zur Verabreichung eine Oralspritze verwendet, empfiehlt es sich, diese beim aufrecht sitzenden Kind vorsichtig in Richtung Wange zu entleeren. Auf den gewohnten Tee- oder Esslöffel muss nicht in jedem Fall verzichtet werden. Denn nach dem Abmessen kann der Inhalt der Dosierspritze auch auf einen Löffel gegeben werden – sofern zu erwarten ist, dass das Kind dessen Inhalt vollständig einnimmt. |
Quelle
Yin HS et al. Unit of measurement used and parent medication dosing errors. Pediatrics (2014) 134(2):e354-61, online vorab publiziert am 14. Juli 2014, doi: 10.1542/peds.2014-0395
Paul, IM et al. (the Committee on drugs of the American Academy of Pediatrics): Metric units and the preferred dosing of orally administered liquid medications. Pediatrics (2015), 135(4):784-789, online vorab publiziert am 30. März 2015, DOI: 10.1542/peds.2015-0072
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