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Frauen verpassen Chancen am Arbeitsmarkt

Strukturelle Probleme sind langlebig

Viele Arbeitnehmerinnen gehen mit Ende Zwanzig in die Teilzeitarbeit – oder unterbrechen ihren Job aus familiären Gründen ganz. Damit verpassen sie einen wichtigen Part der Chancen auf Gehaltssteigerungen. Denn laut einer amerikanischen Studie sind die Jahre zwischen 25 und 35 entscheidend für Verdienst und Aufstieg.
Foto: Pathfinder – Fotolia.com

Frauen arbeiten durchschnittlich neun Wochenstunden weniger als Männer – das sind 23 Prozent. Dieser Abstand ist schon seit Jahren unverändert, so eine Meldung der Hans-Böckler-Stiftung. Zwar hat die Erwerbstätigkeit von Frauen nach der Wende zugenommen, aber eben ganz häufig in Teilzeit. Und so ist die Arbeitszeit von Frauen im Schnitt um rund vier Stunden zurückgegangen. Fast jede zweite Frau in abhängiger Beschäftigung arbeitet beruflich weniger als 32 Stunden in der Woche.

Zwar beginnen die jüngeren Arbeitnehmerinnen wie ihre männlichen Kollegen überwiegend in Vollzeit. Aber ab etwa 27 Jahren steigt dann die Teilzeitquote drastisch an. Das liegt an der nach wie vor traditionellen Rollenaufteilung von Eltern, sobald das erste Kind geboren ist: Während von den erwerbstätigen Müttern fast 70 Prozent ihre Arbeitszeit reduzieren, arbeiten Väter länger als Männer ohne Kinder. Eine Teilzeitstelle haben weniger als sechs Prozent.

Christina Klenner und Sarah Lille­meier vom Wirtschafts- und Sozial­wissenschaftlichen Institut der Hans-Böckler-Stiftung (WSI) haben für ­diese Studie aktuelle Daten aus dem WSI-GenderDatenPortal ausgewertet. Als Gründe für die Teilzeitaffinität in der Altersgruppe ab 27 Jahren nennen sie den Mangel an Betreuungsplätzen, aber auch Defizite der Arbeitgeber bei der flexiblen Arbeitszeitgestaltung.

Mit 35 herrscht schon ­Karriere-Stillstand

„Im Durchschnitt passiert das Gros der Gehaltssteigerungen im ersten Jahrzehnt“, heißt es in einer Langzeitstudie der Federal Reserve Bank of New York. Zwar lassen sich die Ergebnisse aus dem US-amerikanischen Arbeitsmarkt vermutlich nicht eins zu eins auf deutsche Verhältnisse übertragen. Der Trend ist aber sicher ähnlich – und ­damit besonders negativ für weibliche Arbeitnehmer. Durchschnittsverdiener erhalten nach dem 35. Lebensjahr nur noch einen Inflationsausgleich, verzeichnen aber keine Gehaltssprünge mehr. Dagegen können diejenigen, die schon im ersten Berufsjahrzehnt Spitzenverdienste erzielen, auch später noch mit guten Steigerungen rechnen.

Und: Heutige Berufseinsteiger tun sich im Vergleich mit ihren älteren Kollegen deutlich schwerer. Auch das dürfte diesseits des Atlantiks ­zutreffen.

Allzu viele berufliche Umwege darf man sich als junge Frau also nicht ­leisten, wenn man hohe Ziele für das eigene Erwerbseinkommen und die gute Position auf der Karriereleiter hat. Und auch in der Partnerschaft muss eine faire Balance umgesetzt werden, sobald sich Nachwuchs einstellt. Andernfalls werden wir hierzulande noch in 20 oder 30 Jahren über eine Lohn­lücke von 22 Prozent klagen.

Was passiert auf EU-Ebene?

Auch wenn Deutschland nach wie vor das europäische Schlusslicht beim Gender Pay Gap bildet, ist doch der ­europaweite Wert von 16,4 Prozent nicht eben Anlass zur Freude. Forscher haben jetzt das Engagement der EU im Kampf gegen diese Entgeltungleichheit unter die Lupe genommen. Zwar habe es Bemühungen gegeben, das Beschäftigungsniveau von Frauen zu heben und die Vereinbarkeit von Beruf und Familien zu verbessern, doch der ­Gender Pay Gap sei dabei zu wenig thematisiert worden. Auch haben die Initiativen zwischenzeitlich nachgelassen – Grund dafür sei die wirtschaft­liche Krise. |

Quelle: Böckler-Impuls 5/2015

Dr. Sigrid Joachimsthaler

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