Gesundheitspolitik

Kommentar: Wirtschaftlichkeit sticht Wahlfreiheit

Christine Ahlheim

Das aktuell ergangene Urteil des Bundessozialgerichts (siehe nebenstehenden Beitrag: „AOK will nach Zyto-Urteil weiter retaxieren“) ist aus zwei Gründen höchst unerfreulich: Zum einen hat es erhebliche wirtschaft­liche Konsequenzen für die betroffenen Zytostatika herstellenden Apotheker. Weitaus schlimmer ist aber, dass der grundsätzliche Tenor des Urteils – nämlich dass die Wirtschaftlichkeit einer Verordnung höher einzuschätzen ist als die freie Apothekenwahl – kaum absehbare Auswirkungen auf das gesamte deutsche Apothekenwesen haben könnte.

Denn eines ist klar: Dieses Urteil wird die Begehrlichkeiten der Krankenkassen zur Höchstform auflaufen lassen. Zum GAU für das Apothekenwesen könnte dies werden, wenn der Europäische Gerichtshof in seinem noch ausstehenden Urteil das auch für ausländische Versandapotheken geltende deutsche Boni-Verbot für verschreibungspflichtige Arzneimittel kippen und damit den einheitlichen Abgabepreis generell infrage stellen würde. Man mag sich kaum vorstellen, wie die gesetzlichen Krankenkassen getreu dem Motto der Kasseler Richter „Wirtschaftlichkeit sticht Wahlfreiheit“ dann versuchen würden, die Rezepte zu den Versendern zu lenken.

Sollte es, was derzeit noch nicht abzusehen ist, tatsächlich zu einer solchen Entwicklung kommen, hielte – Ironie des Schicksals – der Europäische Gerichtshof allerdings auch schon das passende „Gegenmittel“ bereit: In seinem Urteil vom Dezember 2003 stellt er es den Mitgliedstaaten frei, den Versandhandel mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln zu verbieten. Die Politik bräuchte dies dann nur noch umzusetzen …

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