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Die Nachteile des Lobens

Wie zu viel Anerkennung demotivieren kann

Es ist und bleibt richtig: Lob und Anerkennung sind goldene Schlüssel zum Motivationsherz des Mitarbeiters. Aber Achtung: Zu viel Lob kann ebenso schädlich sein und lähmend wirken wie „falsches“ Lob. Was bedeutet das für die Lob-Praxis des Apothekenleiters?

Respektable und außergewöhn­liche Leistungen anzuerkennen – daran ist selbstverständlich zunächst einmal nichts Falsches. ­Jeder Mensch, jeder Mitarbeiter braucht und liebt die Anerkennung. „Die Kunst des Lobens“ – so lautet ein Buchtitel der Managementtrainerin Vera F. Birkenbihl. Und zweifellos gehören Lob und Anerkennung neben der Kritik zu den klassischen Formen des konstruktiven Feedbacks, mit ­denen der Apothekenleiter seinen Mitarbeitern eine produktive Rückmeldung geben kann.

Allerdings geben Kinder- und ­Jugendpsychologen zu bedenken: Wer immer nur gelobt wird, bei dem besteht die Gefahr, dass er so und nicht anders handelt, weil er sich nach einem Lob sehnt. Aber lässt sich diese Erkenntnis auf die Mitarbeiterführung übertragen? Immerhin hat es der Apotheken­leiter mit erwachsenen Menschen zu tun. Zumindest jedoch ist die Überlegung erlaubt: Sollten Kundenfreundlichkeit und Kundenorientierung nur noch Mittel zu dem Zweck sein, lobende Aner­kennung und Belohnungen zu erhaschen, könnte der authentische Kontakt zum Kunden leiden.

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Stille Freude und Zufriedenheit kann ein Lob bewirken, das ehrlich ­gemeint ist und bei der Mitarbeiterin auch so rüberkommt.

Kein 08/15-Lob für Selbstverständliches

Wer meint, hier werde ein Problem konstruiert, wo eigentlich gar ­keines ist, der sollte sich fragen: „Vielleicht gehören auch meine Mitarbeiter zu denjenigen, bei denen ein Wettstreit um die meisten Belobigungen ausgebrochen ist. Und in dem jeder zum ‚Mitarbeiter des Monats‘ gekürt werden will?“

Zu viel Lob – das ist die eine Lob-Falle. Eine zweite tut sich auf, wenn nicht „richtig“ gelobt wird. Wahrscheinlich gibt es nicht wenige Apothekenleiter, die ihr Mitarbeiter-Lob einleiten mit Formulierungen wie: „Ich muss Sie heute mal loben.“ Was der so Belobigte dabei wohl denken mag? „Der Chef ‚muss‘ mich loben? Dann soll er es lieber ganz sein lassen!“

Auch das 08/15-Lob für Leistungen, die aus der Sicht des gelobten Mitarbeiters eher zu den Selbstverständlichkeiten gehören, wirkt kontraproduktiv. Im schlimmsten Fall kann ein ungeschickt geäußertes Lob zur Demotivation führen oder zumindest zur Unzufriedenheit. Wenn der Apothekenleiter den Mitarbeiter dafür lobt, dass er seinen normalen Pflichten ohne größere Fehler nachkommt, fühlt dieser sich verulkt. Man möchte ihm zurufen: „Zu Risiken und ­Nebenwirkungen lesen Sie die ­Packungsbeilage und fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker!“

Das Lob begründen

Es ist an der Zeit, die Kunst des Lobens durch die Kritik des Lobens zu ergänzen. Wahrscheinlich ist der goldene Mittelweg des dezenten Lobens der richtige. Dazu spricht der Apothekenleiter sein Lob schlicht und einfach dann aus, wenn es wahrhaft angebracht ist. Hat ein Mitarbeiter etwas Besonderes geleistet, zeigt das Lob, dass dies bemerkt und die Leistung ­anerkannt wurde.

Entscheidend ist, mitarbeiterindividuell und begründend vorzugehen. Dabei gilt: Ein spontanes Lob wird in der Regel vom Mitarbeiter als solches erkannt und als ehrliche Anerkennung identifiziert. Der Apothekenleiter sollte konkret nachfragen, wie der Mitarbeiter die Leistung erbracht hat – zum Beispiel: „Wie ist es Ihnen nur gelungen, den Kunden doch noch zu überzeugen? Er hatte ja eine Reklamation, war so richtig verärgert und stand im psychologischen Nebel. Erzählen Sie mal ...“ Der Mitarbeiter hat jetzt Gelegenheit zu erläutern, mit welcher Vorgehensweise er den Kunden am Ende sogar noch zu einem Zusatzkauf motivieren konnte. Diese Schilderung wird den Stolz auf die gelobte Aktivität verstärken.

In anderen Situationen hingegen ist es hilfreich, wenn der Apothekenleiter sich im Vorfeld für bestimmte Lobsituationen Formu­lierungen überlegt hat: „Ich bin wirklich stolz auf Sie, weil Sie ­unsere Kosmetik-Aktion sehr gut geplant und durchgeführt ­haben.“ Wichtig ist das Wört­chen „weil“: Der Chef legitimiert seine Anerkennung durch eine Be­gründung, die dem Mitarbeiter zeigt, dass er sich durchaus Gedanken zur gelobten Leistung ­gemacht hat.

Die Gefühle der anderen Mitarbeiter ­berücksichtigen

Das Lob des Chefs fällt auch dann auf unfruchtbaren Boden, wenn sich die Kollegen, die nicht gelobt wurden, brüskiert fühlen. Dabei geht es weniger um objektive Lob-Fehler, sondern vielmehr um das subjektive Gefühl der „Nicht-Gelobten“. Darum: Die anerkennenden Worte dürfen nicht den Neid der anderen Mitarbeiter erregen.

Wie lässt sich vermeiden, dass Mitarbeiter das Lob für den Kollegen „in den falschen Lob-Hals“ bekommen? Die Gefahr lässt sich durch das erwähnte begründende Lob minimieren. Es dürfte eigentlich kein Neid aufkommen, wenn nicht die gelobte Person, sondern die dezidierte Begründung im ­Fokus steht.

Der Apothekenleiter sollte sich genau überlegen, ob es sinnvoll ist, ein Mitarbeiterlob vor dem Team auszusprechen, etwa während der Mitarbeitersitzung. ­Einerseits kann dies einen motivierenden ­Effekt haben, weil die Problem­lösung, die der Gelobte gefunden hat, bei den anderen Mitarbeitern zu einem Lernprozess führt. Andererseits kann das Lob wiederum die Missgunst der Kollegen erregen.

Also: Der Apothekenleiter achtet darauf, keinen Lob-Wettstreit in Gang zu setzen, bei dem es Sieger und Verlierer, Umjubelte und subjektiv Verschmähte gibt. Das führt allzu oft zu bösem Blut im Team. Eine Alternative besteht darin, das Lob im Vieraugengespräch zu äußern.

Lob-Phrasen vermeiden

Demotivation durch Lob verhindert der Apothekenleiter, indem er es vermeidet, mit Lob-Klischees und Anerkennungsfloskeln zu langweilen. Lob-Phrasen kann der Mitarbeiter nicht ernst nehmen. Besser ist es, wenn der Chef den Mitarbeiter in ein Gespräch über die zu lobende Handlung verwickelt. Durch die Zeit, die er sich für dieses Gespräch nimmt, gibt er zu verstehen, wie wichtig es ihm ist, die Leistung anzuerkennen.

Fazit

„Gegen Angriffe kann man sich wehren, gegen Lob ist man machtlos.“ So Sigmund Freud. Wenn es dem Apothekenleiter gelingt, mit anerkennenden Worten im richtigen Moment in der richtigen Dosierung mitarbeiterindividuell zu loben und es mit dem Lob nicht zu übertreiben, leistet er einen wertvollen Beitrag zur Mitarbeitermotivation. So kann er es schaffen, in der Apotheke eine echte Anerkennungskultur zu etablieren. |

Dr. Michael Madel, freier Autor und Kommunikationsberater

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