Gesundheitspolitik

ABDA-Pressesprecher-Affäre vor Gericht

Präsident Schmidt und Hauptgeschäftsführer Schmitz im Zeugenstand

MÜNCHEN (mvh) | Vor zweieinhalb Jahren wäre Sven Winkler beinahe Pressesprecher der ABDA geworden – beinahe, weil Gerüchte über eine fristlose Kündigung bei seinem vorherigen Arbeitgeber eine Anstellung in letzter Minute verhinderten. Vor dem Landgericht München I geht es nun um mögliche Schadensersatzansprüche gegen eine Apothekerin. Dort äußerten sich ABDA-Präsident Friedemann Schmidt und ABDA-Hauptgeschäftsführer Sebastian Schmitz erstmals detailliert zur Personalie „Sven Winkler“.

Die Causa liegt geraume Zeit zurück. Nachdem Florian Martius im März 2013 nach nur 15 Monaten das Handtuch geworfen hatte, ­präsentierte Schmidt am 29. April 2013 völlig überraschend Winkler als neuen Leiter der Stabsstelle Presse- und Öffentlichkeitsarbeit. Bald darauf erhob eine Apothekerin Vorwürfe in Hinblick auf Winklers berufliche Vergangenheit. Sein früherer Arbeitgeber, ein Forschungszentrum, habe ihm fristlos gekündigt, ein Vergleich sei gefolgt. Die Kollegin schrieb in Foren über „mehrfache Verstöße gegen das Bundesreisekostengesetz“ als Grund, was Winkler dementiert. Er verklagte die Frau auf Schadensersatz (Az: 25 O 16769/13) – und rief jetzt ABDA-Spitzenver­treter in den Zeugenstand.

Nichts zur fristlosen ­Kündigung bekannt

Das Gericht versuchte zu klären, ob zwischen der ABDA und Sven Winkler überhaupt ein rechtskräftiges Arbeitsverhältnis bestand. Dazu sagte Sebastian Schmitz, es habe „am 29. April 2013 abgestimmte Entwürfe für einen Arbeitsvertrag“ gegeben. Das Dokument selbst sollte erst Anfang Mai unterzeichnet werden, was aber nicht geschah. Auf Nachfrage bewertete Schmitz das Prozedere als „mündlichen Arbeitsvertrag“. Einen Tag später tauchten erste Anschuldigungen gegen Winkler auf.

Friedemann Schmidt bat Sebastian Schmitz schnellstmöglich um Klärung – beiden Standesvertretern fehlten entscheidende Details aus Winklers Vita.

Bei der Rekrutierung hatte ein ­externer Dienstleister geholfen. „Zwei oder drei Bewerber kamen in die engere Auswahl“, erinnert sich Schmidt. Er hatte zuvor das Anforderungsprofil erstellt. Um operative Details kümmerte sich der Hauptgeschäftsführer. Schmitz ergänzt: „Wir haben zu den Kandidaten Unterlagen bekommen, typischerweise Lebensläufe.“ Von einer fristlosen Kündigung sei ihm „nichts bekannt gewesen“, ­ansonsten hätte er „im Bewerbungsgespräch nachgefragt“. Sven Winkler punktete nicht nur mit Kenntnissen zur Wissenschaftskommunikation, sondern mit der Fähigkeit, sich in komplexe Organisationsstrukturen einzufinden. „Dies war bei seinem Vorgänger ein bisschen ein Problem“, sagte Schmidt.

Reputation der ABDA in Gefahr

Nach Bekanntwerden der Kommentare in Blogs folgten mehrere Gespräche mit dem Pressesprecher in spe. Winkler bestritt jeg­liche Anschuldigung und kündigte rechtliche Schritte gegen die Apothekerin an. „Danach erörterten wir, ob es möglich ist, alle Vorwürfe rückhaltlos aufzuklären“, so Schmitz weiter. Diese Option erwies sich schnell als Sackgasse. „Problematisch war für uns, dass Herrn Winkler Unregelmäßigkeiten gegenüber seinem letzten Arbeitgeber vorgeworfen wurden.“

Der Verband sorgte sich um seine Reputation mit „einem Pressesprecher, dessen Integrität infrage ­gestellt wurde“. Friedemann Schmidt: „Ich bin zu der Einschätzung gekommen, dass eine ausreichende Akzeptanz nicht gegeben war, vor allem gegenüber ehrenamtlichen Mitarbeitern“. Im Gericht auf Zitate wie „Shit happens“ und „eine saublöde Geschichte“ beim Bayerischen Apothekertag 2013 angesprochen, entgegnete der ABDA-Präsident, er selbst habe „keine Sachverhaltsaufklärung betrieben“.

Nach mehreren Gesprächen verständigten sich beide Seiten darauf, das Arbeitsverhältnis abzuwickeln. Sie schlossen vorsorglich eine Vereinbarung zur Aufhebung, weil „die Frage, ob es ein Arbeitsverhältnis gab, unklar war“, erinnert sich Schmitz. Detailfragen zum Inhalt des Dokuments wurden von der Richterin nicht zugelassen, weil dieser Anspekt nicht vom Beweisbeschluss abgedeckt wurde. Denn inhaltlich ging es um die Frage, ob Sven Winkler Anspruch auf Schadensersatz hat, aber nicht um Zahlungen. Ob die ABDA Winkler eine Abfindung bezahlt hat, bleibt damit ungeklärt.

Friedemann Schmidt und Sebastian Schmitz waren nicht die einzigen Zeugen im Prozess. Bereits am 21. Mai 2014 mussten leitende Angestellte und Geschäftsführer aus Winklers ehemaliger Wirkungsstätte dem Gericht Rede und Antwort stehen. Mehrere der Befragten bestätigten Verstöße gegen das Bundesreisekostengesetz. Winkler habe sich im Rahmen interner Gespräche zum Thema äußern müssen. Darüber hinaus sei ein internes, später ein externes Revisionsverfahren durchgeführt worden. Zum eigentlichen Vorgang, nämlich der Beendigung des Arbeitsverhältnisses, ließ die vorsitzende Richterin keine Fragen zu. Sie teilte mit, „die Beweislast eines mög­lichen Schadens liegt beim Kläger selbst“. Ein Urteil stellte sie für den 8. Januar 2016 in Aussicht. |

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