Gesundheitspolitik

Kommentar: Gute Argumente?!

Kommentar von Benjamin Wessinger

Der Arzneimittel-Versandhandel legt Jahr für Jahr zu. Daraus abzuleiten, dass er der bevorzugte Vertriebsweg der Kunden sei, könnte trotzdem falsch sein. Anteile gewinnt der Versand vor allem im OTC-Geschäft – und hier gibt es keine Preisbindung. Bei den preisgebundenen verschreibungspflichtigen Arzneimitteln tun sich die Versender dagegen schwer. Offenbar lockt nur der günstigere Preis die Apothekenkunden ins Internet.

Bei Arzneimitteln gelten viele Argumente nicht, die in anderen Branchen den Onlinehandel befeuern: Die größere Auswahl der Onlinehändler beispielsweise ist hier kein Argument, jede Apotheke verkauft jedes Arzneimittel. Die Bequemlichkeit ist ebenfalls keines, fast jeder Deutsche kommt mehrmals täglich an einer Apotheke vorbei – und wenn erst das Rezept per Post verschickt werden muss, ist die Bequemlichkeit sowieso perdu. Bei der Schnelligkeit hat der Versand ohnehin keine Chance, und anders als in vielen „Fach“-Geschäften findet der Kunde in der Apotheke tatsächlich immer qualifiziertes Personal vor, das seinen Beratungsbedarf besser stillen kann als jede Internet-Recherche.

Bleibt als einziges Argument für den Versand also der Preis. Aber der soll nach dem Willen des deutschen Gesetzgebers bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln eben gerade kein Kriterium für die Wahl der Verkaufsstätte sein. Wie richtig dieser Grundsatz ist, hat die schwedische Regierung in ihrer Stellungnahme zum aktuellen EuGH-Verfahren um Rezept-Boni (s. nebenstehenden Bericht „Eingriffe in EU-Warenverkehr gerechtfertigt“) gerade sehr eindrücklich und überzeugend dargelegt. Bleibt zu hoffen, dass der EuGH dem folgt.

Dr. Benjamin Wessinger


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