Gesundheitspolitik

„Eingriffe in EU-Waren­verkehr gerechtfertigt“

EuGH-Verfahren wegen Rezeptboni: Schweden unterstützt deutsche Position

BERLIN/STUTTGART (lk/wes) |Im Verfahren um Rezept-Boni von DocMorris vor dem Europäischen Gerichtshof hat auch die schwedische Regierung klar Position für eine Preisbindung bei Arzneimitteln bezogen. Sie stützt damit die Argumentation der Bundesregierung. Die EU-Kommission dagegen sieht im deutschen Verbot von Prämien, Rabatten und Boni auf rezeptpflichtige Arzneimittel einen Verstoß gegen den freien Warenverkehr.

Die schwedische Regierung unterstützt in einer Stellungnahme die deutsche Position im Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH). Dieser muss auf Vorlage des Oberlandesgerichts Düsseldorf klären, ob es mit dem Europarecht vereinbar ist, dass beim Arzneimittelversand aus dem Ausland nach Deutschland die deutschen Preisbindungsregelungen gelten. Die EU-Kommission sieht in den deutschen Regelungen einen unzulässigen Eingriff in den freien Warenverkehr, außerdem seien sie ungeeignet, die flächendeckende Versorgung zu garantieren. Die Bundesregierung hatte in ihrer Stellungnahme die Preisbindung als Eckpfeiler des deutschen Gesundheitssystems bezeichnet.

Die schwedische Stellungnahme unterstützt nun die deutsche Position. Eine Preisregulierung bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln trage auch dazu bei, dass der Zugang zu Arzneimitteln in bevölkerungsarmen Gebieten gewährleistet ist, da durch sie ein bestimmtes Preisniveau sichergestellt wird. In den deutschen Arzneimittelpreisen sieht die schwedische Regierung zudem keine Behinderung des Warenverkehrs: „Weiter ist festzustellen, dass die deutsche Preisbindungsregelung bei der Abgabe verschreibungspflichtiger Arzneimittel für alle Apotheken gilt, die in Deutschland verschreibungspflichtige Arzneimittel an Verbraucher abgeben, unabhängig davon, wo die Apotheke ihren Sitz hat oder welchen Absatzkanal sie wählt“, so die Stellungnahme. Somit sei „schwer nachzuvollziehen, dass die Regelung rein rechtlich ausländische Apotheken anders treffen würde als inländische“.

Beratung besser vor Ort

Aus der schwedischen Stellungnahme wird zudem eine grundsätzliche Skepsis gegenüber dem Versandhandel mit Arzneimitteln deutlich: „Der Zugang der Bevölkerung zu verschreibungspflichtigen Arzneimitteln über die Abgabe an der Verkaufstheke in der Apotheke ist ein geeignetes Mittel, um eine qualitativ hochwertige Arzneimittelversorgung zu gewährleisten“, heißt es dort. Die zuverlässige Beratung bei der Abgabe von rezeptpflichtigen Arzneimitteln könne in einer Vor-Ort-Apotheke besser sichergestellt werden als im Versandhandel. Dies rechtfertigt aus Sicht der schwedischen Regierung bei Arzneimitteln Eingriffe der Nationalstaaten in den ansonsten freien Warenverkehr innerhalb der EU. Für die schwedische Regierung haben Arzneimittel einen ganz besonderen Charakter, da ihre therapeutischen Wirkungen sie substanziell von den übrigen Waren unterscheide. „In diesem Licht betrachtet, ist es nicht belanglos, ob ein Arzneimittel im Wege des Versandhandels oder im Wege der direkten Abgabe über die Verkaufstheke der Apotheke verfügbar ist“, erläutert sie ihre Position. Durch die Abgabe in einer Apotheke könne eine „zuverlässige Beratung besser sichergestellt werden als bei der Abgabe im Wege des Versandhandels“.

Hintergrund des Verfahrens vor dem EuGH ist ein Streit zwischen der Wettbewerbszentrale und der Deutschen Parkinson Vereinigung. Diese hatte 2009 eine Vereinbarung mit der holländischen Versand-Apotheke DocMorris getroffen, dass ihre Mitglieder zusätzlich zum damals üblichen Doc-Morris-Bonus von 50 Prozent der Zuzahlung (aber mind. 2,50 Euro) noch einen Extrabonus von 0,5 Prozent des Warenwerts erhalten. Nach der Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, dass das deutsche Verbot von Boni auf rezeptpflichtige Arzneimittel auch für den Versand aus dem Ausland gilt, hatte das Landgericht Düsseldorf der Wettbewerbszentrale recht gegeben. Doch die Parkinson Vereinigung zog in die nächste Instanz, und das Oberlandesgericht Düsseldorf entschied, die Frage nach der Rechtmäßigkeit dieser Regelung dem Europäischen Gerichtshof vorzulegen. Neben den Verfahrensbeteiligten, der EU-Kommission und Deutschland haben auch einige andere Länder Stellungnahmen zum DocMorris-Rx-Boni-Fall vor dem Europäischen Gerichtshof abgegeben, da Auswirkungen auf die nationalen Preisbindungsvorschriften bei Arzneimitteln möglich sind. |

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